Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Archive for November 2010

Das Wikileaks-Prinzip: Chaos oder erste Schritte in die liquide Finanzdemokratie?

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Wikileaks-Gründer Julian Assange hat angekündigt, als nächstes ein Paket von Dateien aus einer Großbank zu veröffentlichen, berichtet Handelsblatt Finance. Dabei gehe es um Zehntausende interner Dokumente der Finanzinstitution. Er verspricht Einblick in die heikelsten Geheimnisse des Geldinstitus.

Die Offenlegung des Materials eröffne „wahre und repräsentative Einsichten, wie sich Banken auf der Managementebene verhalten“, sagte Assange weiter. Die Folge dürften „vermutlich Untersuchungen und Reformen sein“. Mehr dazu gibt es via Handelsblatt. Dass soziale Netzwerke jegliche „Firewall“-Funktionen aushebeln, dazu mehr im Forbes-Blog.

Klar ist, die Banken sind das nächste Ziel von Wikileaks, wie sich etwa hier auf CIO.de nachlesen lässt. Wer dieses Weblog regelmäßig liest, der wird darüber wenig überrascht sein. Ich berichte regelmäßig über neue Trends von unten, die das Machtgefüge in der Finanzwirtschaft neu justieren können.

Dazu gehören natürlich auch Aktionen an der geschmacklichen Grenzlinie, die die Menschen tendenziell eher polarisieren, so neben Wikileaks auch bei Stopbanque der Fall, eine Aktion, die am 07.12. über die Bühne gehen soll. Seitdem der umstrittene Fußballspieler Eric Cantona sich dort prominent platziert hat, und dazu aufruft, Geld an diesem Stichtag bei der Bank abzuheben, um Veränderungen im Finanzsystem zu erzwingen, sind die Meinungen darüber noch unterschiedlicher. Räumt das Konto leer, titelte etwa die TAZ gestern.   

Bleiben wir deshalb zunächst jenseits des medialen Hypes um Wikileaks etwas bodenständiger. Die Schlichtungsverhandlungen bei Stuttgart21 sind  – trotz Zusatztitel „Plus“ – mehr oder minder erfolglos zu Ende gegangen. Ist die Luft jetzt raus? fragt die Volkszeitung BILD, während etwa die Stuttgarter Nachrichten noch einmal nüchtern die neun Verhandlungstage bilanzieren. Irgendwie werden die Prüfer am Ende das umstrittene Projekt wohl irgendwie mit Haken und Ösen durch den Hauptbahnhof durchwinken.

Nein, das finde ich übrigens nicht, dass die Luft aus dem Reifen komplett raus ist, denn es war ein wichtiger Meilenstein, wie künftig gerade Großprojekte nicht gegen sondern mit den Bürgern gemeinsam weiter entwickelt werden können. Und hier gibt es trotz des Scheiterns eine gute Nachricht zu vermelden.    

Denn das von Schlichter Heiner Geisler geleitete Verfahren setzt eine Art von Blaupause, wie die politische Willensbildung künftig transparenter (mit dem Wort besser warte ich lieber noch) funktionieren könnte, die ich bereits in meinem Beitrag wie man Bürger an Großprojekten beteiligen kann, in ersten Ansätzen skizziert habe. 

Nicht alles wird sich quasi über Nacht ändern, es wird aber auch nicht zum blinden Chaos durch die Basisdemokratie kommen. Stuttgart21 zeigt die Richtung auf, wie es künftig funktionieren wird, Der von oben herunter Ansatz wird durch von unten herauf gesteuerte „Checks and Balances“ ergänzt. Das ist machbar.

Das Netz, von einigen allzu euphorischen Zeitgeistern kurzfristig überhöht, von anderen wiederum in seiner langfristigen Bedeutung unterschätzt, ist somit kein Nebenschauplatz, sondern das virtuelle Amphitheater für diese Aufführungen. Das Internet sei ein Experiment ohne Alternative, sagt Netzwerkforscher Peter Kruse, und zwar in einem Interview in der Tageszeitung Welt. Die wichtigste Botschaft als Auszug:

WELT ONLINE: Re-politisiert das Internet die Welt oder sind viele der Proteste nicht doch eher Happenings?

Kruse: Das Interesse an öffentlichen Belangen ist in der Vergangenheit rückläufig gewesen. Gegenwärtig erleben hier wir eine Trendwende. Die Menschen hatten lange den Eindruck, dass in der Politik Dinge passieren, auf die sie keinen Einfluss mehr haben. Menschen suchen nach mehr Unmittelbarkeit von Wirkung als Wahlperioden ermöglichen. Gegenwärtig erleben wir, dass sich das Interesse besonders im Regionalen und Lokalen neu entfacht. Verwaltungen tun gut daran, sich im Sinne von E-Demokratie zu öffnen. Die Bürger wollen und werden sich mehr einmischen – mit oder gegen den Willen der Institutionen.

WELT ONLINE: Wird die politische Agenda also künftig vom Internet gesetzt?

Kruse: Agenda-Setting war bislang in erster Linie Aufgabe der Massenmedien und des qualitativen Journalismus. Nun scheint sich das tatsächlich zunehmend in die Netze zu verlagern. Dafür ist besonders die explodierende Menge der sich beteiligenden Menschen und die Geschwindigkeit der Bildung von Schwerpunktsetzungen über Resonanzeffekte verantwortlich.

Quelle: welt.de

Dass das Internet als „soziale Waffe“ eine zentrale Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft spielt, ist kaum zu übersehen. Allenfalls Menschen, die sowieso immer an allem mäkeln, nehmen das nicht wahr. Auch in Intellektuellen-Kreisen ist das Thema trotz komplizierter Formulierungen angekommen. Philosoph Peter Sloterdijk in einem Spiegel-Essay:

Die meisten heutigen Staaten spekulieren, durch keine Krise belehrt, auf die Passivität der Bürger. Westliche Regierungen wetten darauf, dass ihre Bürger weiter in die Unterhaltung ausweichen werden…

Auch ohne divinatorische Begabung kann man wissen: Dergleichen Spekulationen werden früher oder später zerplatzen, weil keine Regierung der Welt im Zeitalter der digitalen Zivilität vor der Empörung ihrer Bürger in Sicherheit ist. Hat der Zorn seine Arbeit erfolgreich getan, entstehen neue Architekturen der politischen Teilhabe. Die Postdemokratie, die vor der Tür steht, wird warten müssen.

Quelle: spiegel.de

Also: Die Postdemokratie wird warten müssen, dieser letzte Satz lässt natürlich wieder viele Spekulationen zu. Es ist unmöglich abzuschätzen, wie das Netz in zehn Jahren unser Leben verändert haben wird. Aber, dass es passiert, das ist jeden Tag zu bemerken. Wie sich dieser Trend auf die „digitale Finanzdemokratie“ auswirken könnte, das beleuchtet ein Beitrag auf Deutschlandradio Kultur:

Politikverdrossenheit war gestern. Das Netz hat neue und sehr einfache Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung geschaffen. Bricht ein Zeitalter der digitalen Basisdemokratie an? Und wie kann politische Teilhabe tatsächlich organisiert werden? Wir sprechen im Schwerpunktinterview mit dem Wissenschaftler Thomas Gebel.

Quelle: dradio.de

Unter diesem Link hier Pimp my democracy anzuhören.

Written by lochmaier

November 30, 2010 at 8:37 am

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The Future of Money: Social Bank Recoding – Provokatives Kunstvideo gegen saturierte Bankmanager

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Gestern habe ich in meinem Praxistex(s) einen Einblick in eine künftig stärker von dezentralen Mechanismen und Nutzerbedürfnissen gesteuerte Finanzwelt gegeben. Es ist, wenn die Leser so wollen, eine kleine Bedienungsanleitung für das Social Bank Coding. Das Werk besteht aus ziemlich vielen ineinander verwobenen Programmierzellen, an denen viele virtuelle Schreiber fortlaufend weiter tüfteln.

Nun kommt quasi der zweite Teil, das Social Bank Recoding. Den Begriff gibt es so noch nicht, aber hiermit ist er gerade als Inspirationsquelle neu erfunden. Früher waren IT-Giganten wie Microsoft  mit Millionen von Programmierzeilen in seinen Bürosoftware-Programmen das Maß aller Dinge? Gibt es ein neues Paradigma aus der objektorientierten Programmiersprache hinein in einen neue Verständniswelt, oder ist diese Parabel zu hoch gegriffen?

Versuchen wir zunächst einen größeren Rahmen um die Welt des finanziellen Crowdsourcings und Crowdfundings herum zu ziehen, um aufzuzeigen, dass es sich um kein Randphänomen handelt. 

Auf der Fachkonferenz Sibos in Amsterdam hielt Venessa Miemis vor einigen Wochen nämlich einen ziemlich spannenden Vortrag, was junge Menschen der Generation um die 30 Jahre von den Banken erwarten. Zumindest jener aufgeklärte Teil der Menschheit, der den Umgang mit dem Geld neu definieren möchte.

In einem Blogpost von ihr lässt sich das ganze Für und Wider über den geringen Veränderungswillen der Banken erspüren, sich künftig mit dem Kunden auf Augenhöhe zu treffen. Es geht hier übrigens nicht darum, ob ich persönlich mit allem übereinstimme, was the „Future of Money“ inhaltlich impliziert.

Mein Credo lautet ganz einfach so: Je mehr Menschen sich bewusst mit dem Geld ini seinen Grundfunktionen in Wirtschaft und Gesellschaft auseinandersetzen, desto besser. Die Wege zu einer „Finanzdemokratie 2.0“ mögen recht unterschiedlich sein, aber es kann ein gemeinsames, ein verbindendes Ziel geben, mit unterschiedlichen Ausprägungen in der Praxis.  

Genug der grauen Theorie. Lesenswert sind vor allem die unzähligen Leserkommentare unter dem ausführlichen Blogpost von VEnessa einschließlich den Videointerviews, indem sich das leicht akademisch angehauchte „Gen Y“ ansatzweise ziemlich konkret erspüren lässt. 

Das Echo in der Blogosphäre aber auch darüber hinaus fiel breit aus, es gab viele wohl meinende Ratschläge von Experten, die der jungen Generation immer wieder gerne den Weg in (ihre) Richtung weisen. Sicherlich wachsen die Bäume für junge Senkrechtstarter am Erfinderhimmel neuer Bankenmodelle a la Peer to Peer Banking nicht gleich in den Himmel.

Mein Kommentar dazu: Die breite Masse soll nicht autonom werden, sie soll weiter, und nicht nur von den Banken so bedient werden wie immer, nämlich mit gehaltloser Massenkonfektionsware, bei der nicht klar werden darf, dass sie eher den Banken und nicht dem Kunden nützt.

Nun aber kommt das große Aber: Bei allem Frust über die Banken sollten wir nicht vergessen, dass sich an den Rändern starke Gegenbewegungen und Alternativen ausbreiten. Diese werden zwar unsere Welt nicht über Nacht auf den Kopf stellen. Aber sie werden dazu führen, dass Banken allmählich einen Schritt auf den Kunden zu machen müssen. Aber der Druck von unten muss erst noch groß genug sein.

Dann aber gilt die Losung: Das „Finanzgen Y“ sucht sich trotz hohem Schmerzensgeld künftig einen Arbeitgeber, der das Web 2.0 nicht verbietet oder manipuliert.

Dies gilt zumindest für jene Finanzinstitute, die sich öffnen werden, um in zehn Jahren noch bei der jüngeren Generation zu punkten. Für den Rest empfehle ich, sich aufs Ruhepolster der eigenen Yachten zu legen, und das eigene Geld abseits der „sozialen“ Innovationsströme zu genießen.

Nein, was ich damit meine ist, dass nur jüngere Bankmanager von innen heraus neue kreative Ansätze bewirken werden, das wird einige Zeit dauern. Die Arrivierten spielen zweifellos weiterhin business as usual – und sie stärken damit das Potenzial von Massennischenmärkten. Jüngere Bankmanager werden trotz hohem Gehalt bald zu einem Unternehmen wechseln, welches das Web 2.0 nicht verbietet.

Es gibt auch ein ganz reales Kalkül dahinter: Denn die Margen im Private Banking schwinden trotzdem, auch jenseits von Bankenbashing. Und wer nicht nur von der Segelyacht aus nur ins Heckwasser blicken will, sondern künftig über die Frontscheibe nach vorne aufs offene Meer, der wäre gut beraten, die Kunden ernst zu nehmen, ein echtes Marktdifferenzierungspotenzial.

Clear up your mind – Und Social Media ist die zentrale Schaltstelle, um diesen Wandlungsprozess zu bewerkstelligen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Mittelfristig könnte daraus sogar eine neue und wache „sozial-kommunikative“ Bewegung erwachsen, die den eingeschlagenen Pfad der „Generationengerechtigkeit“ mehr als in Frage stellt. Sie wird neue Wege suchen und beschreiten, und das ist auch gut so.

Die Demonstrationen der Studierenden in London vor kurzem waren ein erstes wenngleich noch wenig konsistentes Indiz dafür. Man kann der „Generation 50-plus-Premium“ nur empfehlen, nicht nur an die Bankkunden im gleichen Alter zu denken. Aber wie heißt es so schön, erst wenn der Mensch mit dem Kopf gegen die eigene geistige Wand gelaufen ist, fängt er an zu lernen.

Ich werde noch deutlicher:  Die gut gebildete Generation der unter 35-Jährigen wird nicht umhin kommen, die Spielregeln der Platzhirsche – egal aus welcher Ecke – nicht nur in Frage zu stellen, sondern energisch neue Wege zu beschreiten, will sie die legitimen Interessen ihrer Generation gewahrt wissen. Denn die gut ausgebildeten Akademiker sind bereits heute in vielen Ländern die Verlierer der Finanzkrise, durch Entzug von Bildungschancen, den „teuren“ sozialen Aufstieg, und den Wegfall von beruflichen Karrierechancen.

Junge Griechen, Portugiesen, Ungarn, Iren, Briten oder Amerikaner, sie bezahlen heute schon die Zeche der Finanzkrise. Warum sollten Spielregeln für ewig gelten, die Jahrhunderte alt sind? Das Internet ist ein gewaltiges Werkzeug, das Wirtschaft und Gesellschaft neu prägen kann. 

So könnte man sagen: Go Venessa go – don’t let you get down on your knees – es werden noch viel mehr Protagonisten auf den Plan treten, die als kreativer Unruheherd den arrivierten, aber inspirationslos eingeschlafenen Branchenspielern ordentlich einheizen. 

(Un- oder irgendwie auch doch gewollten) Rückenwind gibt es ja immerhin von Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann: „Wir (Banken) können in einer parallelen Welt nicht existieren“. No more comments anymore. Es geht hier nicht um globales Bankenbashing, sondern dass Banken ihr Risikomanagement solide beherrschen müssen, um sich in der Mitte der Gesellschaft verortet zu wissen.

Ein aktuelles Update und Interview zur Entstehung und Zielrichtung des Kunstvideos „the fture of money“ gibt es via Dossierjournal.com.  Und hier noch ein paar weitere gesammelte Videoeindrücke über die interaktive Gedankenwelt der New Yorkerin Venessa Miemis: 

Und via Twitter kann man sich hier in den kleinen, pardon doch nicht ganz so kleinen Kommunikationsstrom von Venessa einklinken:

http://twitter.com/venessamiemis

Written by lochmaier

November 29, 2010 at 7:53 am

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Praxistex(s)t zum Social Bank Coding: Wie Crowdfunding die Finanzwelt revolutioniert

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Sie finden, die obige Headline „wie Crowdfunding die Finanzwelt revolutioniert“ ist zu hoch gegriffen? Kein Problem, dann erkläre ich Ihnen an einem kleinen Beispiel, dass eine schleichende (R)Evolution in der Finanzwelt keine bloße Phantasie darstellt.

Die „Peanuts-Ökonomie“ scheint trotz leichtem Sex Appeal von Big Brother weiterhin zu prosperieren, siehe etwa die Crowdfunding-Plattform www.startnext.de  Und genau hier in Berlin traf ich vor kurzem Paul Davis, einen aufstrebenden jungen Modedesigner aus Kanada, der sich in der „Nicht-nur-arm-sondern-auch-sexy-Metropole“ nieder gelassen hat.  

Mehr über Paul finden Sie auf seiner Webseite www.pauldavis.de  Sie kennen Paul (noch) nicht, das macht nichts? Ich habe ihn bereits kennen und schätzen gelernt. Es geht auf diesem Blog auch nicht um Klamottenwerbung für seine Ideen, die sich vielleicht nicht jeder leisten kann und will, sondern um ein noch viel gewichtigeres Thema. 

Denn der junge Modedesigner hat sich in Berlin angesiedelt und als „Stylist“ unter anderem das Szenario eines spannenden Videos „Steuer gegen Armut“ ausgestattet. Darum geht es um die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer, mit den beiden deutschen Schauspielern Jan Josef Liefers und Heike Makatsch.

Die deutsche Präsenz www.steuerngegenarmut.de ist Teil der Robin Hood Tax Campaign. Mehr dazu etwa hier: 

http://bewegung.taz.de/aktionen/steuergegenarmut/blogeintrag/makatsch-und-liefers-werben-im-filmspot-fuer-kampagne

[Anmerkung: Leider ist der Content von UMG derzeit via Youtube nicht verfügbar]. Mehr dazu auch hier via Social Banking 2.0 in einem Beitrag vom Februar Kampagnen: Finanztransaktionssteuer und Spekulationsblase 2.0  

Es geht hier übrigens jetzt nicht unbedingt darum, darüber zu streiten, ob die Transaktionssteuer uns substanziell weiter nach vorne bringen würde. Kommen wir lieber gleich zum neuralgischen Punkt: Was folgt aus der Tatsache, dass sich nach vermeintlicher Bewältigung der Finanzkrise strukturell in der Bankenlandschaft gerade mit Blick aufs gegenüber dem Investmentbanking viel kleinere Hamsterrad „Private Banking“ so wenig geändert und auf den Kunden zubewegt hat? 

Ganz einfach: Die „Generation Y“ oder zumindest der kreative Teil darunter setzt längst auf „Crowdsourcing“ und „Crowdfunding“, weil sie den etablierten Institutionen misstraut, weil sie von den etablierten Spielern nichts mehr zu erwarten hat, und weil sie neue Wege beschreiten will und muss, ihre geschäftlichen Verbindungen über andere Wege aufzubauen, und zwar simplerweise mit Hilfe des Internets.

Das geschieht neben dem Knüpfen eigener weit verzweigter sozialer und beruflicher Netzwerke auch mit Hilfe von Crowdfunding. Peer to Peer Lending ist ein weit reichendes Zukunftsmodell mit vielen Facetten. Hier beispielsweise bittet Paul Davis um Unterstützung für sein neues Projekt, sprich, er möchte seine neue Modekollektion finanzieren:

Mehr Infos, wie solche Kampagnen gestrickt sind, auch auf der Webpage rockethub. Ich wage nun die Prognose: Wir sehen trotz Startschwierigkeiten keine vernachlässigenswerte „Peanuts-Ökonomie 2.0“ heraufziehen, sondern erste Vorboten eines grundlegenden Paradigmenwandels.

Der Treiber: Sind die etablierten Institutionen und die Entscheidungsträger in einer Altersklasse ab ca. 50 Jahren weiterhin in ihren selbst-referenziellen Wolkenkratzern gefangen, und sind sie nicht mehr in der Lage, die Kreativität von Gesellschaft und Wirtschaft zu fördern, dann werden die Jüngeren, die nach oben streben, andere Wege beschreiten, ja sogar erzwingen.

Das muss freilich keine schlechte Nachricht sein. Die Bäume wachsen sicherlich nicht in den Himmel, vor allem, weil ja etablierte Hierarchien in Frage gestellt sind, die freiwillig kaum Macht abgeben werden, im Sinne einer Art von „Finanzdemokratie 2.0“. Sie werden an ihren Stühlen kleben bleiben wollen, um die Welt aus dem Heckwasser ihrer Segelyachten betrachten zu können. 

Wie geht es weiter mit Crowdfunding und Crowdsourcing? Es gibt einerseits eine überzogenen Erwartungshaltung, andererseits wird der Trend unterschätzt. Die diffuse Gemengelage kann hier in meinem kürzlich veröffentlichten Eintrag  nachgelesen werden: Crowdfunding: Wie erfolgreich agiert die kleinteilige Spendencommunity?

Fazit: Der Gang in eine (hoffentlich) von der kollektiven Vernunft und Kreativität gesteuerte Finanzökonomie 2.0 ist kein Spaziergang. Ich werde noch deutlicher: Wer etwa wie der am Bodensee angesiedelte „Mikrospender“ http://twitter.com/mikrospender versucht, den Sparkassen oder anderen Banken konkrete Vorschläge zu unterbreiten, wie sie doch mit Hilfe von integrierten Softwarelösungen zum Crowdfunding neue Projekte vor Ort oder auch global unterstützen könnten, der beißt letztlich auf Granit.

Wer also mit Hilfe von Crowdfunding versucht eine produktive und kreative Zerstörung von bestehenden aber vielleicht ziemlich ineffizienten Verteilungssysteme einzuleiten versucht, z.B. indem er wie der Mikrospender „ein Subsystem im Zentralrechner seiner Bank“ einrichten möchte, der wird sicherlich nicht gerade mit offenen Armen empfangen werden.

Sicherlich wird man nicht rausgeschmissen aus der Schalterhalle einer Sparkasse. Aber es herrscht Funkstille. Die Einbahnstraßenkommunikation soll ja weiter funktionieren. Denn es profitiert nur einer vom Machtgefälle zwischen Kunde und Bank. Dreimal dürfen Sie raten?

Das wird trotzdem nicht mehr allzu lange Zeit so funktionieren, dank des Internets, trotz aller Unkenrufe und Kritteleien eine bahn brechende Innovation so wichtig wie die Autoindustrie oder die Luft- und Raumfahrt, bricht mit dem alt bekannten Regelwerk auf fundamentale Art und Weise.

Quelle: http://minidonations.org/ 

Wie denn das? Ganz einfach, jede Bank erhält ein eingebettetes „Social Coding“. Schauen Sie sich doch mal Banksimple an, wo Webbetreiber und Entwickler über frei verfügbaren Quellcode künftig „die Bank“ in ihre jeweiligen Applikationen einbetten können.  Mehr über banksimple auf dem deutschen IT-Nachrichtendienst golem.de.

Kleiner Einschub: Ich bin mir durchaus bewusst, dass sich nicht alle Ideen gleich über Nacht realisieren lassen. Die ewig Gestigen rufen jetzt, geht nicht, Compliance, Datenschutz, Auflagen usw. Die Palette der Ausreden, keinen Schritt auf den Kunden zuzugehen, ist groß.

Sicherlich, auch so manche Überhitzung bei den neuen Himmelsstürmern in der Netzökonomie 2.0 kühlt sich wieder ab, aber die Richtung stimmt. Längst berichten aber auch etablierte Newsticker wie bankinnovation.net darüber, wie sich Innovation von Top-down künftig Richtung „bottom-up“ verschieben wird.  

Dies geschieht nicht über Nacht, aber in einem schleichenden Prozess, bis es keiner mehr merkt, und sich alle daran gewöhnt haben, dass der Kunde mit am Regiepult sitzt. Der spinnt doch? Okay, hier also ein Auszug aus bankinnovation.net:   

What this means is that not only will BankSimple offer an API, which allows other developers to build applications on top of whatever web service BankSimple offers, but BankSimple is actually allowing everyone and anyone to build the tool that can be used to build the applications.

… BankSimple understands that it will only be as good – and as successful – as the people who use it. What better way to insure that the bank is used to maximum benefit than to effectively allow consumers to build its IT infrastructure?

Das Social Bank(ing) Coding ist also die Zukunft!

Ausblick: In einem aktuellen Fachaufsatz in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift „die bank“ – leider noch nicht online verfügbar – beschreibe ich die Herausforderung der Bankenlandschaft, die sich dem neuen Social Media (Banking Code) Universum freilich erst noch öffnen müssen. Einige Auszüge exklusiv für die Leser von Social Banking 2.0:

Dies zieht den Auftrag nach sich, neben einer technischen und einer organisatorischen Ebene eine weitere „soziale“, bzw. präziser ausgedrückt eine „kommunikative“ Umgebung (Social Layer) zu etablieren, die sich durch die gesamte Internetumgebung der Bank hindurch zieht. Dieser Social Layer bindet die am Expertenstatus der Bank orientierten Informationskanäle mit ein, um dadurch „user generated content“ durch individuelle Bewertungen, Empfehlungen und weitere rückkoppelbare Elemente in die neu gestaltete Implementierung zu integrieren.

Quelle: Lothar Lochmaier/ www.die-bank.de

Any questions left? Gibts noch Fragen? Dann mal los mit dem Social Bank Coding. Und wer sich nun ganz am Ende noch über die Tücken, Fallstricke aber auch Tricks und Kniffe des bankenbezogenen Crowdfundings informieren möchte, der wird ebenfalls in der aktuellen Ausgabe von „die bank“ fündig. Denn dort skizzieren die beiden Autoren Chris Chard und Ken Knoll wie die künftige von einigem Blendwerk befreite und entrümpelte Fassade im Retail Banking aussieht. 

Elegant umschiffen die beiden Autoren dabei die überall postierten Fettnäpfchen in der Branche und skizzieren die Kernbotschaft wie folgt:

Die begrenzte Zahl an Anwendungen von Crowdsourcing im Finanzsektor deutet bereits an, dass ein Großteil der Banken noch Vorbehalte hat, während einige wenige in Vorreiterrollen erfolgreich Crowdsourcing implementiert haben. Bei der Entwicklung von Finanzprodukten scheint für viele Banken der unternehmensexternen Perspektive nur wenig Bedeutung zuzukommen. Somit bleibt aber möglicherweise ein hohes Kundenbindungspotenzial ungenutzt.

Quelle: Chris Card/Ken Knoll/www.die-bank.de

Okay, es gibt also noch vieles zu tun. Aber jüngere Menschen wie der Modedesigner Paul Davis, sie werden mit ihrem inhärenten „Kreativkapital“ dem sozialen Wandel nicht nur passiv zusehen. Die Protagonisten werden ganz im Gegenteil mit ihren Ideen jenseits von überkommenen Doktrinen wie dem reinrassigen Kapitalismus oder Sozialismus unsere Finanzwelt evolutionär und friedlich auf den Kopf stellen. Und das ist doch nun wirklich keine schlechte Nachricht für die ganze Gesellschaft und Wirtschaft, oder?

Morgen folgt ein weiterer Beitrag zu den atmosphärischen Veränderungen in der Bankenlandschaft, aus Sicht der künftigen gut ausgebildeten aber aus gut nachvollziehbaren Gründen nicht mehr „biegsam-flexiblen  Entscheidergeneration 2.0“:       

The Future of Money: Provokatives Kunstvideo gegen saturierte Bankmanager. Kurzum: Das neue Kreativkapital wird es nicht bei geschmackvollen oder provokanten, aber letztlich einflusslosen Kunstvideos bewenden lassen, sondern direkt in das übergreifende Räderwerk in der Finanzindustrie eingreifen.

Written by lochmaier

November 28, 2010 at 10:05 am

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Gastbeitrag: Quo Vadis, Social Banking? am 24.11.2010

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Vorspann: Der Blick vom Podium zur Bühne ist oftmals viel spannender als da oben zu sitzen, und auf die Zuhörerschaft herunter zu blicken. Das haben wir drei, die nun folgenden Gastautoren auf diesem Weblog, und ich uns heute gesagt. Statt dass ich zuerst selbst über die vorgestrige Veranstaltung in Frankfurt berichte, überlasse ich dies ganz im Stile der kleinen dezentralen Kollaborationseinheiten anderen viel besser postierten Zaungästen.

Es droht mir also der völlige Kontrollverlust, welch eine Freude. Gäste haben mein Weblog übernommen, und toben sich dort kreativ aus. Nein, ganz so schlimm ist es nicht, ich halte noch die Fäden der letzten Qualitätskontrolle in den Händen. Und da sollte man erwähnen, dass die nun folgenden jungen Autoren doch schon einiges Spezialwissen auf dem Gebiet des „Crowdsourcings“ gesammelt haben. Also, Bühne frei für die Gastredner:  

Von Chris Chard und Ken Knoll* 

Auf der von ergo Kommunikation, EVERS & JUNG und YouGovPsychonomics veranstalteten Konferenz Quo Vadis Social Banking? diskutierten im Rahmen einer Podiumsdiskussion Vertreter unterschiedlicher Geschäftsmodelle im Bereich des Social Banking sowie Experten über aktuelle Fragen des Social Bankings. Im Einzelnen referierten Vorstände von Fidor, Smava, Triodos und der GLS Bank, sowie Lothar Lochmaier, Journalist und Blogger, und Katharina Beck vom Social Banking Institute.

Einleitend präsentierte YouGovPsychonomics eine aktuelle Studie zum Thema Social Banking, die ein eher pessimistisches Bild der aktuellen Marktentwicklung zeichnet. So äußerten die befragten Bankkunden zwar einerseits den Wunsch nach sozial verantwortlichem Umgang mit ihren Einlagen und einer damit verbundenen hohen Transparenz, andererseits habe die Renditeforderung nach wie vor das größere Gewicht.

In dieser Kategorie schnitten Kunden der Sparkassen als die Gruppe mit den höchsten Anforderungen an ihr Kreditinstitut ab. Insgesamt seien Bankkunden jedoch aktuell mit ihren Banken in punkto sozialer Verantwortung größtenteils unzufrieden; eine Spitzenposition nehme hierbei noch die Sparda Bank ein, wohingegen die Sparkassen den hohen Anforderungen ihrer Kunden nicht gerecht werde.

Eine Alternative zu bisherigen Großbanken, die sich durch Peer-to-Peer-Lending ergibt, werde jedoch durch die befragten Bankkunden äußerst zögerlich angenommen. So herrsche eine große Unsicherheit sowohl bei der Aufnahme bei Krediten als auch bei der Vergabe derselben, diese Anlageform würde die Hälfte der Befragten sogar auf keinen Fall bei P2P-Plattformen durchführen.

In der Diskussion stand zunächst der Begriff des „Social Banking“, der von den Teilnehmern der Podiumsdiskussion im Wesentlichen kaum geteilt wurde. Im Raum stand zunächst die versuchte Unterteilung des Begriffes in „Social Banking 1.0“, das sich auf das Investieren in „moralisch gute“ Anlageformen beziehe und „Social Banking 2.0“, das den partizipativen, und damit „sozialen“ Charakter des Web 2.0 hervorhebt.

Managerriege: Window dressing oder neues unternehmerisches Leitbild?  www.verantwortlich-handeln.com  (?) 

Während jedoch die Vertreter von GLS und Triodos vor allem den Begriff des „Nachhaltigkeits“-Bankings in den Vordergrund rückten, versuchte sich Fidor mit dem Begriff des „Community-Bankings“ abzugrenzen. Smava hingegen spricht zwar von sozialer Rendite, die sich einerseits durch eine real erzielbare Rendite durch die Vergabe von Krediten, andererseits durch den sozialen Nutzen, der beim Empfänger des Kredits gestiftet werde, ergebe.

Dennoch sieht sich smava als Marktplatz, auf dem Kreditnehmer und -geber zueinander fänden, und damit eben nicht als Bank – wodurch der Begriff des Social Bankings ebenfalls das Geschäftsmodell nicht treffend beschreibe. Eine Klärung des Begriffes schaffte schließlich Katharina Beck, die die Hilfsfunktion des Geldes zur Verbesserung der sozialen und ökologischen Gesamtsituation der Gesellschaft im Sinne der Triple Bottom Line hervorhob.

So beantworte „Social Banking 1.0“ die Fragen was finanziert wird (von Biobauernhöfen bis hin zu Windkraftanlagen), warum etwas finanziert wird (Nachhaltigkeitsaspekte) und weniger wie etwas finanziert wird. „Social Banking 2.0“ ist ihrer Einschätzung nach vor allem eine Beantwortung der letzten Frage und stellt nicht notwendigerweise die Frage nach anderen sozialen Aspekten des Geldverleihs. Vielmehr entscheiden die Teilnehmer des P2P-Lending über Nachhaltigkeit und Moral der Finanzierung.

Lothar Lochmaier betonte in seinem Beitrag den übergeordneten Paradigmenwechsel: Die wachsenden sozialen, ökologischen und partizipativen Interessen der Gesellschaft stellen, so Lochmaier, nachhaltige Veränderungen dar und müssen durch Geschäftsmodelle, welcher Art auch immer diese sein mögen, berücksichtigt werden.

So sei der scheinbare Konflikt zwischen Social Banking 1.0 und 2.0, der im wesentlichen auf der Unterscheidung der Modelle anhand ihrer verwendeten Medien, genauer, des Webs, basiert, eigentlich ganz einfach zu lösen: Langfristig werden alle Aspekte, d.h. soziale, ökologische und partizipative, gemeinsam bearbeitet werden müssen.

Dabei sei zu beachten, dass die Paradigmenwechsel nicht lediglich einen Nischenmarkt beschrieben: Im Gegenteil seien die Trends derart massiv, dass sie von den Großbanken keineswegs ignoriert werden könnten. Denkbar sei, dass andernfalls große Player auf dem IT-Markt wie Google oder Facebook, die ebenfalls mit reichlich Kapital ausgestattet seien, ihre eigenen Ansätze in den Markt drückten und damit massiv Einfluss auf den Bankenmarkt nähmen.

Im Wesentlichen einig zeigten sich die Teilnehmer im Bezug auf eine abschließende Prognose zur Entwicklung von Social Banking. Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Partizipation werden, so der Tenor, weiterhin in ihrer Bedeutung wachsen und damit eine entsprechende Reaktion seitens der Geschäftsmodelle notwendig machen.

Die angesprochenen Veränderungen haben in Verbindung mit der aktuellen Umweltsituation, Klimaveränderung, demographischen Entwicklung und wachsenden Generationen von „Digital Natives“ das Potential, sich zum Massenmarkt zu entwickeln und dadurch bisherige Großbanken zum Anpassen ihrer bisherigen Geschäftsmodelle zu zwingen.­­­­

Danach befragt, was in einer Zukunftsbetrachtung der Worst-Case für die Podiumsteilnehmer sei, bestand zum Ende der Veranstaltung ebenfalls weitestgehend Konsens. Angesichts der aktuellen Entwicklung, dass rund 90 % der Finanztransaktionen nichts mit der Realwirtschaft zu tun haben, wäre es am Schlimmsten, wenn alles so bleibt, wie es derzeit ist.

* Über die Autoren: Chris Chard und Ken Knoll von der TU Darmstadt beschäftigen sich im Rahmen ihrer Forschung mit Crowdsourcing in der Finanzindustrie. In ihrem Artikel „Kundenbindung durch Innovationen“ in der Fachzeitschrift „die bank“ (Ausgabe 12/2010) analysieren sie bisherige Crowdsourcing-Bemühungen von Banken im Retail-Banking. Derzeit entwickeln sie eine auf den aktuellen Erkenntnissen beruhende Innovationskampagne für eine große deutsche Bank.

Kontakt: info@univatoren.de 

Written by lochmaier

November 26, 2010 at 7:31 am

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Commerzbank: Macht die Finanzflüsterer-Plattform geld(un?)verständlich?

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Der Werbeslogan lautet: „Mehr Geld – gezielt entscheiden. Geldverständlich unterstützt sie bei Ihren Entscheidungen.“ Dieser von der Commerzbank mit der neuen Finanzflüsterer-Plattform www.geldverstaendlich.de lancierte „Beratungsansatz“ erinnert uns doch irgendwie…. ja genau, an die Ing-Diba.

Denn Deutschlands erfolgreichste Direktbank mit immerhin mehr als sechs Millionen – im Vergleich zu obiger Bank vermutlich etwas zufriedeneren Kundenklientel – debutierte erst kürzlich mit ihrer Plattform www.finanzversteher.de – Da fügt es sich gut ins Bild, dass das Verbraucherportal Biallo.de die beiden Ansätze bereits verglichen hat.

Das spart mir eine Menge Arbeit. Trotzdem komme ich natürlich um das Denken bzw. ein eigenes Fazit nicht ganz herum. Greifen wir die Botschaften mal im virtuellen Finanzflüsterer-Spagat auf. Ein kleiner Auszug aus Biallo.de, die Autoren des Beitrags konstatieren doch ein ziemlich starkes Gefälle zwischen dem deutlich kreativeren Ansatz der Ing-Diba, als jenem mit „Vertriebspropaganda“ reichlich gespickten der Commerzbank:

Die Commerzbank dagegen übt sich nicht in solcher Zurückhaltung. Da nimmt es auch nicht Wunder, dass Experten der Bank auf der Seite zu Wort kommen, wenn etwa der Chefvolkswirt des Instituts zur Inflation befragt wird. Das Portal der Commerzbank informiert derzeit über Geldpolitik insbesondere aus volkswirtschaftlicher Perspektive, Vorsorgefragen und Immobilienerwerb. Geldanlage per se wird nicht beleuchtet. Das soll aber 2011 folgen. Auch die Commerzbank möchte „Verbrauchern mehr Kompetenz in Geld- und Finanzfragen vermitteln“, so Privatkundenvorstand Detlev Dietz. 

Quelle: biallo.de

Das Fazit im virtuellen Vergleich der beiden Plattformen fällt dementsprechend für die Comerzbank ziemlich vernichtend aus:

Über die eigene Rolle dagegen – immerhin wurde die Commerzbank im Herbst 2008 teilverstaatlicht und mit seiner satten Finanzspritze des deutschen Steuerzahlers gesponsert –, findet man an dieser Stelle nichts. „Die Hintergründe der Finanzkrise sind oberflächlich und falsch dargestellt“, urteilt daher Verbraucherschützer Nauhauser.

Fazit: Zwar verhilft finanzversteher.de der ING-Diba durchaus zu einem Imagegewinn und dient zumindest indirekt der Kundengewinnung – doch bei den Informationen werden in übersichtlicher Form Vor- wie Nachteile von Anlageformen dargestellt. Bei geldverstaendlich.de der Commerzbank dagegen hat man den Eindruck, dass die Darstellung nicht überall neutral genug erfolgt. Und die Gedächtnislücke bezogen auf die eigene Rolle in der Finanzkrise ist wenig vertrauenserweckend.

Quelle: biallo.de

Allzu vieles möchte ich diesen Zeilen nicht mehr hinzufügen. Oder doch: Ich habe in früheren Beiträgen sowohl die Defizite der Commerzbank auf diesem Weblog Social Banking 2.0 sehr ausführlich gewürdigt, als auch die konstruktiven Ansätze der Ing-Diba mit ihrem Portal finanzversteher.de heraus gestrichen.

Es gibt aber auch noch eine goldene Brücke in der Mitte zwischen beiden Ufern, also zwischen Bank und Kunde, über die im Moment keiner von beiden Spielern so recht bereit ist drüber zu schreiten. Denn aus meiner Sicht greift auch noch der Ansatz der Ing-Diba zu kurz, er ist (noch) zu sehr von der Einbahnstraßenkommunikation der Markenbildung im Web 1.0-Zeitalter geprägt.

Graphik: Commerzbank

Die Finanzflüsterer: Kann sich der Kunde auf dem Berater-Lehnstuhl wirklich sorglos anlehnen? 

Was ich damit konkret meine: Es fehlt auch bei der Ing-Diba (noch) die konkrete und an sich doch so charmante Kommunikations- und Interaktionsebene. Kurzum, auch eine von den Zahlen her gut aufgelegte „Direktbank 2.0“ sollte sich intensiv mit dem Kunden auf Augenhöhe unterhalten, will sie nicht an den Rändern der Kundenzufriedenheit leicht ausfransen.

Gerade ein Teil der modernen Kundenklientel erwartet künftig mehr Einbindung. Geschieht dies nicht, dann besteht das Risiko, dass auch eine Direktbank die nützliche Welt von Social Media und dem Web 2.0 nicht ernst nimmt, so wie vor gut zehn Jahren die etablierte Bankenwirtschaft kaum Notiz von den Direktbanken nahm. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Die Wertschöpfung im Retail Banking verlagert sich ins Netz. 

Doch Licht am Ende des Einbahnstraßentunnels naht: Wie man aus dem Innenleben der Ing-Diba vernehmen kann, ist eine Einbindung von gewissen Rückkoppelungsmechanismen z.B. durch Blogfunktionalitäten auf der Plattform www.finanzversteher.de  bereits angedacht. Wir sind gespannt, wie uns künftig die Branche der „virtuellen Finanzflüsterer“ die komplizierte Welt des Geldes, mit oder ohne werbliche Zwischentöne erklären.   

Also: Schauen Sie doch mal ganz unten auf der Seite der Commerzbank nach. Denn dort steht mit Verweis auf die Kontaktmöglichkeiten via Twitter, Facebook und Co. geschrieben: „Wissen teilen – Gemeinsam mehr erreichen“. Diesen Werbeslogan der Commerzbank sollten wir ausnahmsweise mal sehr ernst nehmen.

Denn im kleinen Detail steckt bekanntlich der Teufel – und da verrät auch die Commerzbank sich selbst. Denn wer unten auf den Twitter-Button drückt, bei geöffnetem eigenem Account, bei dem wird gleich – wie praktisch eine vordefinierte Kurzbot(t)schaft generiert. Die lautet noch dazu: „Finanzkrise verstehen“ – Wir haben sie verstanden, zumindest die Leser von Social Banking 2.0.

Man braucht die Botschaft mit vordefiniertem Kurzlink http://t.co/9JYnMp8 nur noch versenden, und schon erfahren alle Nachfolger von dem Angebot eines Dialogs „auf Augenhöhe mit dem Kunde. Ich hatte diese Praxis des zwar rechtlich sicherlich zulässigen aber trotzdem nicht kundenfreundlichen Twitter-Versendens bereits am Beispiel von meiner Roten Bank skizziert.

Auch hier ist das Ende bekannt, wer den Eintrag nochmal mit den Kommentaren gelesen hat. Die „rote Bank“ nahm am Ende das Verschicken der automatischen Twitter-Massenpost auf Anregung von Social Banking 2.0 und einigen Lesern wieder aus dem Netz. Nun lautet die Preisfrage zum Umgang mit dem virtuellen Kundengeld: Hat auch die Commerzbank diese Botschaft verstanden? Wir sind gespannt …

Written by lochmaier

November 25, 2010 at 10:38 am

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Gastbeitrag: Warum Banken aus der Krise nichts gelernt haben

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Von Michael Moser *

Zur Zeit gilt: Die Finanzkrise ist offiziell beendet. Die Konjunktur in Deutschland ist wieder angelaufen, es gibt mehr Jobs als vor der Krise und die Konsumnachfrage steigt. Alle sind wieder glücklich. Auch die Kunden von Banken. – Halt! Stimmt das wirklich?

Nein, denn alle Umfragen bei Bankkunden zeichnen das gleiche Bild: nach wie vor Verunsicherung und Enttäuschung. Lehmann und Co. sind nicht vergessen. Und die eigenen Verluste im Depot schon gar nicht. Dafür stimmen aber die Gehälter der Bankmanager wieder. Und statt Zertifikaten gibt es jetzt andere undurchsichtige Angebote, die auch anders heißen.

Dabei hatten doch die Banken unisono nach der Krise so reumütig eine neue Kundenorientierung ausgerufen. Doch Kundenorientierung entsteht nicht durch das Aussprechen von Kundenorientierung, frei nach dem Motto: das Bekenntnis alleine zählt! Und: Kundenorientierung entsteht auch nicht durch Alibi-Kundenbeiräte und neue Logos.

Eigentlich wäre es ganz einfach. Denn Kunden wünschen sich eine gute Beratung, die ehrlich ist und die jeder Nicht-Banker versteht. Einfache Produkte und eine transparente Abrechnung wären Angebote, die gerne angenommen werden würden. Eine langfristig angelegte, jährlich revolvierende, Finanzplanung würde so die Altersvorsorge vieler Kunden auf die Sprünge helfen. Eine Trennung zwischen Planung und Einkauf so wie es Nischenanbieter bereits offerieren, wäre eine daraus notwendige Konsequenz um Transparenz auch wirklich zu leben.

Leider haben Banken all dies gar nicht mehr nötig. Denn die Geschäfte laufen wieder gut. Sehr gut sogar. Die Profite steigen aufs alte Niveau. Und die Werbung kaschiert weiterhin und strahlt – kosmetisch bereinigt – Kundenorientierung aus. Unterschiede zwischen den Banken gibt es auch nicht sehr viele. Business as usual. Bis zur nächsten Krise. Denn nach der Krise ist vor der Krise.

Innovationspyramide: Facebook, Google, ebay, Apple, Amazon und Co. …

Verdrängen kreative IT-Dienstleister die Banken von der Spitze?Vollbild anzeigen 

Doch was wäre, wenn sich eines Tages das Blatt wenden sollte? Wenn jemand wie Google in das Bankgeschäft einsteigen und eine ganze Branche auf den Kopf stellen würde. Zum Beispiel: Durch ein neu entwickeltes Peer-to-Peer-System könnten Anbieter und Nachfrager ohne Intermediär agieren und klassische Banken könnten überflüssig werden.

Eine späte Einsicht könnte den Paradigmenwechsel nicht mehr aufhalten. Erinnern Sie sich noch an die Entwicklung in der Mobilfunk-Branche? – Noch vor fünf Jahren hat Nokia über Apples geplanten Einstieg in das Smartphone-Geschäft gelacht.

Wer hat den Mut gemeinsam „Mauern einzureissen“? http://unifying.shanghai-dgm.com

Anmerkung: Auf dem Weblog Unifying erschien von Lothar Lochmaier ebenfalls ein Gastbeitrag, der die Analogie zwischen Bankensystem und dem Berliner Mauerfall zieht: Was ich am 09.11.1989 gemacht habe. Link:

http://unifying.shanghai-dgm.com/?p=1090

* Zum Autor: Michael Moser ist als Managing Partner der SHANGHAI DGM Werbeagentur für die Beratung verantwortlich. Die Agentur engagiert sich für neue Marken-Kommunikation und bietet Werbung an, die nicht werblich, sondern authentisch und nachhaltig wirkt. Herr Moser hat Betriebswirtschaftlehre studiert und dann mehr als 15 Jahre in weltweiten Top-Ten-Werbeagenturen gearbeitet und u. a. große Banken beraten. 2007 ist er als Partner bei SHANGHAI DGM eingestiegen.

Written by lochmaier

November 24, 2010 at 8:11 am

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Vote4U: Hier bewerten Kunden ihre Versicherungsvertreter

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Versicherer, Internetspezialisten und Verbraucherschützer warnen vor Versicherungsvergleichen im Netz, berichtet das Handelsblatt in seiner heutigen Ausgabe. Die Ergebnisse seien oft unvollständig oder von reinen Umsatzinteressen getrieben. Besonders der Marktführer www.check24.de steht in der Kritik.

Doch es gibt auch eine virale Gegenbewegung: www.vote4u.de ist nach eigenen Angaben das bislang „erste, einzige und unabhängige Bewertungsportal für den Versicherungsaußendienst“. Hier bewerten Verbraucher ihren Versicherungsvermittler auf Grund eigener Erfahrungen, so die Eigenauskunft auf der Homepage.

Nach dem etwas stärker auf die Finanzberater fokussierten Internet-Portal  whofinance.de gibt es also eine weitere Variante. Schauen wir mal genauer nach, was dahinter steckt. Die Idee klingt schon mal gut:

Wir wollen damit auch dazu beitragen mehr Transparenz in den Vermittlermarkt zu bringen, denn was nutzt das beste Versicherungsprodukt, wenn der Vermittler Ihnen die falsche Lösung für Ihren Bedarf verkauft, oder der hochqualifizierte Vermittler nicht den passenden Kunden mit entsprechendem Bedarf findet.  

Lässt sich dies so einfach realisieren? Wenn ich bei whofinance rein schaue, bin ich mir nie ganz sicher, ob ich wirklich ein realistisches Bild bekomme, um einem Finanzberater wirklich in die Karten zu blicken. Das liegt nicht nur daran, dass das Modell ja darauf basiert, dass jeder aus der Zunft vor der Registrierung eine gewisse Gebühr einzahlt.

Es liegt auch daran, dass die Kundenbewertungen selten ein wirklich fundiertes Gesamtbild zur inhaltlichen Performance abgeben. Weiche Kriterien wie Freundlichkeit und Zeit etc. sind zwar wichtig, aber nicht das alles entscheidende. Provokant ausgedrückt wäre mir ein Berater lieber, der unfreundlich ist, aber mir reinen Wein einschenkt, über seine Provisionen und die Risiken und Chancen, die in dem liegen, was er mir gerade präsentiert.

Ein Beispiel: Krankenversicherungen. Spiegel online berichtete über Beitragserhöhungen:

Am schlechtesten dran sind die Kunden der DKV. Der Branchenzweite gehört mit der einverleibten Victoria-Krankenversicherung zum Ergo-Konzern. Dieser überzieht das Land derzeit mit einer Wir-sind-ganz-anders-Werbung („Ich will versichert werden und nicht verunsichert“). Allerdings dürften die mehr als 900.000 DKV-Kunden bald den Unterschied zwischen Marketing-Anspruch und Versicherungswirklichkeit spüren: Die Prämien steigen im Schnitt um sechs bis sieben Prozent. Bereits im vergangenen Jahr lag das Plus bei acht Prozent.

Quelle: spiegel.de

Das Problem der Versicherungsbranche ist ein gravierend strukturelles. Die Branche ist und wird bei vielen aus der Mode kommen. Obwohl in den offiziellen Verlautbarungen via Wirtschaftspresse natürlich immer noch die alten Erfolgsstories gefeiert werden.

Bei solchen Nachrichten wird somit fast jedes Vergleichsportal zum Feigenblatt. Auch bei unzähligen anderen Versicherungsprodukten bedarf es eines großen Wandels in der Branche. Denn die Black Box Insurance ist groß. Ich will den Ansatz von vote4u keinesfalls komplett zerreden, er weist prinzipiell in die richtige Ecke.

Aber mal im Klartext: Nur wer in der Produktphilosophie den Kunden ernst nimmt, sollte sich überhaupt auf einem Vergleichsportal (für Berater und keine Abverkäufer welcher Produkte auch immer) listen lassen.

Alles andere wäre letztlich bezahlte oder unbezahlte Eigenwerbung und eine abgemilderte Form von window dressing. Gut, so funktioniert bislang unsere ganze Wirtschaft, aber vielleicht nicht mehr in der Zukunft.

Aber  bis wir in dieser Branche wirklich durchblicken – ähnlich wie beim Hotelzimmer am Urlaubsort, wirklich tief hineinblicken, ob sich hinter dem einen Schnappschuss nicht doch eine dann vor Ort lärmende Baustelle verbirgt – vergeht noch ein Weilchen. Letztlich machen solche Portale nur dann Sinn, wenn sich auch die Produktphilosophie der Branche dahinter ändert. 

Denn: Gute Bewertungen sind nur soviel wert, wie die Produkte dahinter. Wenn bei dem Kunden bei einer Versicherung am Ende doch bei Regen die Schutzschirme wieder eingesammelt werden, oder ein Garantieprodukt a la longue eine deutlich negative Rendite aufweist, dann hätte ich mein Geld besser gleich unters Kopfkissen gelegt  -oder es zumindest auf dem Tagesgeld- oder Festgeldkonto in den eigenen Händen gehalten.

vote4u - Versicherungsvertreter suchen, finden und bewerten

vote4u: Verändern neutrale Bewertungsportale die Kundenbeziehung in der Finanzdienstleistung?

Die Dienste von http://www.vote4u.de sind laut Portalbetreiber für Suchende, Anfragesteller und Bewerter übrigens kostenlos. Das ist schon mal ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz, denn eine allgegenwärtige Verquickung des Geschäftsmodells von Seiten des Portalbetreibers mit jenen der Finanzberater schafft nur eine neue Intransparenz – oder?

Soll sich das Geschäftsmodell per nicht ganz billiger VIP-Card refinanzieren? Der Betreiber stellt dies auf der Homepage so dar: Die eigens für das Portal entwickelte „ViP-Card“ diene als Ausweis für gute und erfolgreiche Beratungstätigkeit. Durch Vorlage der Card beim Kundengespräch bringe der Vermittler das Verbraucherportal bei seinen Kunden ins Gespräch. O-Ton: „Verbraucher erkennen in ihm den kompetenten Berater.“

Ob das mit dieser Beratercard so funktioniert, lassen wir erstmal dahingestellt. Der Betreiber selbst möchte auf Anfrage von Social Banking 2.0 keine weiteren Auskünfte direkt zum Geschäftsmodell erteilen. Das ist nachvollziehbar, nicht jeder lässt sich gerne allzu tief in die Karten blicken.

Einerseits ist dies also verständlich, auf der anderen Seite bleibt so die Chance ungenutzt, Märkte zu Gesprächen zu machen, sprich über ein Geschäftsmodell zu diskutieren, das vom Grundansatz her ja in die richtige Richtung zu weisen scheint.

Der Betreiber webcon-development.com verweist im Übrigen auf die spezifischen technischen Stärken seines Portals, das im Gegensatz zu whofinance völlig ohne manuelle Prüfung der Bewertungen auskomme. Dabei sei auch technisch ausgeschlossen, dass es zu Gefälligkeitsbewertungen oder unberechtigten negativen Bewertungen in nennenswertem Umfang käme.

Aber auch der Initiator Thomas Berndhäusel sieht noch eine längere Wegstrecke in der Versicherungswirtschaft vor sich, bis der Druck durch mündige Verbraucher groß genug sei, einen Umdenkprozess einzuleiten, um der Meinung des Kunden „ein offenes Ohr zu gönnen“.

„Die Entscheidungsträger der Unternehmen befürchten durch Bewertungsportale, besonders durch die mit Freitexteingaben, die es bei uns bewusst nicht gibt, Imageverluste durch negative Bewertungen. Sie haben noch keine Lösungsansätze um diesem Imageverlust zu begegnen“ gibt Thomas Berndhäusel zu bedenken. „Deshalb werden solche Portale bis dato offensichtlich nicht als unterstützender Partner seitens der Unternehmen und deren Vermittler wahrgenommen“.

Hier noch die bislang offiziell verfügbaren Angaben. Fakt ist, über 10.000 Versicherungsvertreter haben sich auf vote4u schon registriert. Ein erster Anfang: Schaun’wir mal, was aus dem Ansatz wird, den wir keineswegs herum krittelnd zerreden möchten. 

Einen durchaus wohl wollenden Kommentar zu vote4u gibt es übrigens auch aus der Branche selbst, nachzulesen auf dem Blog von Asstel. Dem dortigen Fazit von Carlo Bewersdorf kann man nur zustimmen: Das Web 2.0 biete jedem die Chance, mit seinen Kunden ins Gespräch zu kommen: „Es geht dabei um den Dialog und Austausch, von dem beide Seiten profitieren, nicht nur ums Verkaufen!“

Written by lochmaier

November 23, 2010 at 7:46 am

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Social Banking 1.0 meets 2.0: Kreative Diskussion rund um zwei expansive Planeten

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Social Banking ist „in“. Institute, die soziale, ökologische oder ethische Ziele verfolgen oder stark auf das Web 2.0 setzen, erfreuen sich eines großen Zulaufs. Hier firmieren zwei unterschiedliche Geschäftsmodelle unter einem gemeinsamen Namen.

Und: Beide Modelle profitieren gegenwärtig auch von der Wertediskussion nach der Finanzkrise. Mit diesen Worten kündigt sich eine Diskussionsveranstaltung an … Wie aber geht es weiter mit der Branche, die jüngst den Zusammenbruch eines Social Banking-Instituts zu verkraften hatte?

Oder anders gefragt: Welche Chancen und Risiken sind mit diesen Geschäftsmodellen verbunden? Was können konventionelle Banken von Nischenplayern lernen? Und gibt es überhaupt ein gemeinsames Verständnis über den Begriff Social Banking?

Weitere Fragen: Was erwarten die Menschen von der Branche, die bislang eher in der Nische zu Hause war? Ist die breite Masse überhaupt bereit, zugunsten des Sozialen auf Rendite zu verzichten?

Diese und noch viel mehr Fragen können Interessierte gemeinsam mit folgenden Vertretern auf dem Podium in Frankfurt am 24.11. diskutieren. Mit von der Partie sind:

  • Matthias Kröner (Vorstand FIDOR Bank AG)
  • Alexander Artopé (Geschäftsführer smava GmbH)
  • Thomas Jorberg (Vorstandssprecher GLS Gemeinschaftsbank eG)
  • Georg Schürmann (Geschäftsleiter Triodos Bank N. V. Deutschland)
  • Lothar Lochmaier (Social Banking-Experte)
  • Katharina Beck (Managing Director Institute for Social Banking e.V.)

Mehr Infos hier beim Veranstalter, bzw. auf der Webseite von Ergo Kommunikation

Und hier kommt mein kleiner Beitrag zur Diskussion, damit sie nicht zu harmonisch verläuft, sondern eine produktive Reibung unter den Beteiligten und darüber hinaus entsteht – denn nur so entsteht Fortschritt:

Die provokante These:

Öko- und Genossenschaftsbanken, aber auch die Sparkassen, sie schreiben den finanziellen sozialen Netzwerken wie Smava oder Fidor keine große Glaubwürdigkeit zu. Weil sie denken, dass dort nur Schuldner oder fehl geleitete Internetapostel vertreten sind. Die betriebwirtschaftliche Rechnung solcher vermeintlich „basisdemokratischer Finanzmodelle“ kann also ohne ideelle Werte und einen klar definierten Verwendungszweck der Mittel gar nicht aufgehen.

Die Gegenthese:

Die neuen vom Nutzer innerhalb finanzieller Gemeinschaften mitgestalteten Banken im Netz wiederum halten die Ökobanken für zu eingeschränkt im Blickwinkel: Weil sie nur den puren sozial-ökologischen Verwendungszweck im Auge haben, also letztlich zu moralisch agieren.

Sie sagen: Das ist ein hoher Anspruch, der sich in der realen Welt  kaum einlösen lässt. Geld und Moral, das passt so gut wie nie zusammen. Aber wenn man gemeinsam im Netz stärker ist als der von oben verordnete Anlegerschutz, dann besitzt dies auch einen großen „nachhaltigen“ Eigenwert, so das Credo der Social Banks 2.0.

> Sie sehen, es gibt viele Blickwinkel aufs Social Banking – deshalb hier ein kreativer Vorschlag zur Synthese der über ihre jeweiligen Heimatplaneten gleichermaßen expansiven Planetarier:

Social Banker 1.0 und 2.0 sitzen doch irgendwie (nicht immer, aber immer öfter) im gemeinsamen Boot. Denn beide Basisvarianten arbeiten daran, ein Bankmodell am Puls der Zeit und den Bedürfnissen der Gesellschaft auf die Beine zu stellen, das sozialen, ökologischen und partizipativen Interessen gleichermaßen Rechnung trägt.

Und klar ist auch, die unterschiedlichen Marktsegmente werden weiter wachsen, jedoch zunächst auf langsamen und niedrigem Niveau. Eben wie eine Schildkröte, würden jetzt manche Spötter über die „Peanuts-Ökonomie“ der Außenhorchposten in unserer kleinen Galaxie beim Social Banking 1.0 und 2.0 sagen.

So ähnlich wie es dieser Werbespot der Finanzagentur mit den vor jeder Staatsverschuldung doch so geschützten Bundesschatzbriefen und so beschreibt: 

Gesellschaftliche Umbrüche und wirtschaftlich/politische Verwerfungen werden den Wandel aber deutlich dynamisieren. Das war jetzt (m)ein fast wie vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochenes salomonisches Fazit.

Es gibt natürlich unzählige Facetten dazwischen – was bedeutet, die Diskussion um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Social Banking 1.0 versus 2.0 ist hiermit eröffnet. Kommentare und Fragen zum Einstreuen in die Runde sind ausdrücklich erwünscht.

Denn auch in der realen Welt gibt es viele Häuser mit unzähligen bunten Farben, die unterschiedliche Architekten bauen können, ohne dabei zu hoffen, das Haus des anderen möge rasch einstürzen. Die Farben des Geldes im neu entstandenen Kosmos von Social Banking, so sehe ich sie durch meine real-virtuelle Fotolinse:

Social Banking 1.0 trifft 2.0: Je mehr Farben im Mehrgenerationenhaus existieren, desto besser.

Nun zur Prognose:

Es gibt wie immer bei den orakelhaften Trendforschern mit viel Hokus Pokus drum herum zwei extreme Szenarien – und ein quasi mittleres Szenario für unsere Bürgergesellschaft. Das eine Extrem wäre das, dass Social Banking ein kleiner Nischenmarkt bleibt, der letztlich in der Finanzindustrie ohne wirkliche Bedeutung bleibt.

Die mittlere Variante wäre die, dass sich Social Banking als gleichgewichtiger Gegenpol zur konventionellen Bankenlandschaft und Finanzindustrie etabliert. Parallel dazu hält der Vertrauensverlust etablierter Institutionen (Banken, Kirche, Politik, Energiewirtschaft, Pharmaindustrie) an.

Und das letzte Szenario würde beinhalten, dass Social Banking sich im Jahre 2020 als eine neue Form des nachhaltigen und partizipativen Wirtschaftens von der Massennische in den Massenmarkt hinein transferiert. Eine erste Keimzelle der Finanzdemokratie wäre dann in Sichtweite. Dazu müssten aber unsere primär auf Konsum (und Schulden) basierenden modernen Gesellschaften den Wandel mitgehen. 

Sprich, die Gesellschaft setzt andere Wertmaßstäbe als die bislang rein auf Konsum basierenden, und die neuen Banken (Öko- und Genossenschaftsbanken, sowie Web 2.0 basierte Spieler) bilden den sozialen und wirtschaftlichen Wandel mit solide funktionierenden Geschäftsmodellen ab.

Aber auch die Mainstream-Banken bewegen sich. Das Internet bildet dabei die kreative Schnittstelle, um dem Paradigmenwandel Rechnung zu tragen.

Es gäbe natürlich noch ein weiteres Szenario, die „Chaos-Option“, in dem soziale Gegensätze zunehmen, und die Gesellschaft ziemlich aus dem Ruder läuft und sich in polarisierende Lager aufspaltet. Ihnen gefällt keine der vorgeschlagenen Varianten?   

Unrealistisches Zeug, finden Sie? Dann stimmen Sie doch jetzt ab, und drücken Sie, wie bei der Castingshow im Reality TV, nun die Nummer 1, 2, 3 (oder 4)! Oder erfinden Sie einfach selbst eine fünfte Variante …

Written by lochmaier

November 22, 2010 at 7:58 am

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Paypal, Fidor, Smava, Triodos Bank setzen auf Social Marketing – Wieviel ist ein [kritischer] Facebook-Fan wert?

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Man könnte den Beitrag genauso gut so überschreiben: Solides Handwerk und schauspielerische Kreativität sind beim Dauersuchlauf im „virtuellen Gemeindezentrum“ gefragt.

Zunächst die breaking news. Der Internet-Bezahldienst Paypal setzt beim Social Marketing im viralen Netz ganz aufs „Fanning“. Da stellt sich die Frage: Wieviel ist ein einzelner „Fan“ wert?Denn der Internet-Bezahldienst hat mit Hilfe einer Kampgane binnen einer guten Woche immerhin mehr als 120.000 Mitglieder auf seiner Facebook-„Fan“-Community versammelt. Wer war denn der bisherige jetzt so gehörnte Spitzenreiter in Facebook?

Schwer zu sagen, aber so wie es ausschaut, war es dieses Unternehmen hier: Dem Versandhändler Otto gelang es, so berichtet facebookbiz, mit Hilfe eines Modelcontests, binnen der ersten vier Wochen rund 80.000 Interessenten auf seine Internetseite beim sozialen Netzwerk Facebook zu locken.

Schließlich konnte man sich nicht nur als gut aussehendes Fotomotiv bewerben. Auch ein Fotoshooting gab es zu gewinnen. Tja, dass das Motto „sex sells“ sich beliebig in der Beliebtheitsskala nach oben schrauben lässt, scheint auch nicht mehr zuzutreffen.  Wer kennt schon die kleine Welt der Internetbezahldienste, die hinter den Kulissen wirken. Deshalb die Frage an Sie:

PayPal DeutschlandDou youu like it really?

Die zweite allerdings viel kleinere „breaking news“ dazu lautet: Die auf den Designprinzipien des Web 2.0 basierende Fidor Bank gibt die Anbindung von Sofortüberweisung.de bekannt – gleichbedeutend mit dem Einstieg in den Retail-Payment-Markt.  
 

Das liest sich konkret in einer Presseinfo von Fidor via Xing so: „Fidor Bank Kunden shoppen und bezahlen ab sofort bei mehreren tausend eCommerce-Unternehmen FidorPay bekommt nicht nur einen neuen Namen, sondern eine wesentliche Erweiterung. Durch die Anbindung von sofortüberweisung.de der PaymentNetwork AG haben Kunden der Fidor Bank ab sofort die Möglichkeit, Produkte und Dienstleistungen von mehreren tausend eCommerce-Unternehmen mit einfachem Mausklick in Echtzeit zu bezahlen.

Sofortüberweisung.de sei, so Fidor weiter, laut der Studie „eCommerce 2010“ das aktuell in Deutschland meistgenutzte e-Payment System. Für die Fidor Bank sei dies ein wesentlicher Meilenstein“, so CEO Kröner. Man offeriere neben einer breiten Palette an Private-Banking-Möglichkeiten nun auch die Anbindung an Retail-Partner. 
 

Zurück zum Fallbeispiel Paypal. Derartige News, wie diejenige der Fidor Bank,  die indirekt in den Internet-Bezahldienstmarkt via sofortüberweisung.de einsteigt, und natürlich auch via Crowdfunding-Plattform  www.startnext.de – sie wird den Marktführer Paypal wohl kaum innerlich erzittern lassen.

Aber man sollte die neuen Spieler in der interaktiven Finanzwirtschaft der Marke 2.0 schon mal etwas genauer im hinteren Augenwinkel behalten. Ohne jetzt gleich das eigene felsenfeste Monopol in Frage gestellt zu wissen. Say never never.  

Denn die Märkte für Bezahldienste und technische Verfahren im Netz sind schließlich volatil und hoch sensibel. Wer weiß schon, wo der Kunde in ein paar Jahren hin rennt – womöglich zu kleinteiligen Crowdsourcing-Plattformen mit sozialem Peanuts-Zusatzcharme, bei denen man dann auch gleich noch mit der virtuellen Geldbörse bezahlen kann? 

Nun aber Vorsicht, liebe Social Media Evangelisten, bevor Ihr jetzt vollends aus dem Häuschen geratet. 120.000 Fans bei Paypal in ein paar Tagen – das hört sich nach viel an, gemessen an der Größe von Paypal relativiert sich die Zahl ein bisschen: 230 Millionen Bezahlkunden weltweit, 15 Millionen in Deutschland, 12 Kunden pro Minute kommen hierzulande dazu.

Sicherlich soll der Markenwert von Paypal ein bisschen höherwertiger poliert werden, das Top-100 im Social Media Ranking bei Facebook ist da quasi schon ein Muss. Aber dazu braucht es eigentlich gar kein Social Media, und auch keine „Fans, um als Quasi-Monopolist erfolgreich zu sein, könnte man ketzerisch formulieren.  Oder doch? Deshalb halten wir uns lieber an den Fakten fest.

Zum Hintergrund des Marktes für Internet-Bezahldienste kann ich zunächst jedem meinen ausführlichen Fachartikel Paypal spürt Gegenwind empfehlen, den ich im März in der Fachzeitschrift „die bank“ veröffentlicht habe. Die wichtigsten Botschaften in Auszügen:

Das über die Plattform generierte Handelsvolumen gibt das Unternehmen in 2009 mit etwas mehr als 1 Mrd € an. Der deutschstämmige Gründer des Online-Zahlungssystems PayPal Peter Thiel zählt heute zu den 400 reichsten Geschäftsmännern in den USA. Er besitzt 7 % der Anteile an dem weltweit führenden sozialen Netzwerk Facebook.

Die Nutzerzahlen beim Bezahldienst PayPal selbst wachsen seit Jahren zweistellig, was vor allem auf das Mutterhaus eBay zurückzuführen ist. Weltweit wurden bei dem Betreiber, der bereits rund 200 Mio Kundenkonten zählt und Nutzern in 190 Märkten weltweit zur Verfügung steht, im vergangenen Jahr Waren im Gesamtwert von 60 Mrd US-$ mit Hilfe von PayPal bezahlt.

Bis 2011 will das PayPal-Management vor dem Hintergrund eines deutlich wachsenden Warengeschäfts das anteilige Umsatzvolumen des Bezahldienstes auf 4 Mrd bis 5 Mrd US-$ steigern. Jedoch macht dem Marktführer zu schaffen, dass jenseits der Handelsgeschäfte mit eBay der Umsatz eher stagniert. Die Konkurrenten holen in vielen Ländern auf.

Quelle: Lothar Lochmaier/die bank

Auf Augenhöhe: Paradigmenwechsel in der hierarchischen Kundenbeziehung?

Es war also vor dem Hintergrund dieses Artikel durchaus spannend, was Social Marketing Officer Alexander Langen im kleinen Kreis von Social Media Experten auf dem Social Web Breakfast in Berlin als Zwischenergebnis dieser Kampagne präsentieren konnte. Immerhin hatte ich in den vergangenen Jahren immer wieder recht kritisch über den Global Player berichtet. Zum Beipsiel hier: Paypal: Sicherer Bezahldienst oder dubiose Datenkrake?

Auch über das Quasi-Mutterhaus eBay ließ sich aus meiner kritischen Warte nicht nur Gutes sagen, zum Beispiel hier: Ebay-Manipulation: Wie Betrüger auf Schnäppchenjagd gehen. Sie finden, ich argumentiere zu deutsch, an allem herum krittelnd.

Vor allem: Wie wird sich die Welt des bislang hierarchisch gesteuerten Kundendialogs schleichend ändern? Denn es gibt auf der Facebook-Seite auch jede Menge kritischer Beiträge. Paypal hat ein latentes Image als „Datenkrake“ ebenso wie Google wegzustecken. Vor allem aber sind es die hohen Gebühren, die wachsenden Frust verursachen ( 35 Cent für den Empfänger je Transaktion plus 1,9 Prozent). 

Zwei Monopolisten wie ebay und Paypal können sich manches leisten. Es gibt genug Melkkühe da draußen im Netz, wie Zynga mit Farmville, das dem Internet-Bezahldienst viel Geld in die Kassen spült. Wo also liegt der doch gar nicht so notwendige Paypal-Ansatz zum „Facebook-Fanning begründet, wohin geht die Zielrichtung?

Also gehen wir mal langsam in media res. Natürlich geht es zunächst um Gewinnspiele, die mit Hilfe eines Newsletters auf breiter Front in die Kundencommunity lanciert wurden, mit denen man die Leute lockt, iPads und so weiter: Werde Fan auf Facebook.  

Paypal entschied sich für eine unter eigener Regie gemanagte Kampagne. Statt Facebook Ads, die immerhin 34.000 Euro am Tag kosten. Facebook selbst garantiert in diesem Fall 8.000 Fans, bei einer fünfmaligen Ansicht pro Tag. Ich hoffe, diese Kalkulation ist so richtig wiedergegeben.

Pro Fan also 15 Euro zu bezahlen, das überstieg die interne Erwartungshaltung nach einem vernünftigen „Social Marketing ROI“. Dadurch, dass Paypal das Gewinnspiel über den eigenen Newsletter und zusätzliche Email-Hinweise in die eigene Hand nahm, kamen deutlich mehr Fans pro Tag herein, am ersten Tag waren es gleich 15.000.

Auch was ein Fan konkret „wert“ ist, oder was das konkret heißt, lässt sich anhand von Paypals Kalkulationen und der Conversion Rate in etwa abschätzen. Es scheint sich gelohnt zu haben, auf Facebook Ads zu verzichten. In den USA hat die ähnlich gelagerte Kampagne bislang etwa 200.000 Fans gebracht. Kurzum: Statt pro Fan 15 Euro zu bezahlen war zu viel, jetzts gehts deutlich billiger, quasi zum halben Tarif.

Da es weltweit im „Internetbezahldienst-Konzern“ Paypal übrigens um den Globus verteilt sonst keine virtuellen Vorreiter im Fanning gibt, könne Deutschland gegenüber dem Mutterland mehr als mithalten, skizziert Alexander Lengen im Gespräch mit Social Banking 2.o. Kleiner Insidertipp: Man kann dem Macher mit seiner Kampagne auch auf seiner eigenen Homepage http://lengendigital.de/verfolgen. 

Noch ein bisschen Hintergrundmaterial dazu, was Fans auf Facebook suchen und erwarten. Hier orientiert sich Paypal an einer Liste mit dem Gesetz der abnehmenden Wichtigkeit. Was lockt die Nutzer: Rabatte (40%), Support, Freeby, Updates, Sonderverkäufe, Empfehlungen etc. gehören dazu. Ach ja – Inhalte zu Firmenthemen stehen ganz hinten, ebenso wie offenbar die Dialogfunktion mit den Kunden.

Mythen um das magische CRM-Dreieck? Mit Social Media Kosten senken und neue Umsatzpotenziale erschließen? Klappt das wirklich – hier meine textlastige Graphik dazu:

Customer Relationship Management (top down):

Command-and-Control

Compliance

Customer Loyalty Management (top down und bottom up)

Letzteres kann man natürlich in Zweifel ziehen, denn wenn es keine gelungenen Beispiele für eine neue Qualität im Kundendialog gibt, dann sagen viele Menschen lieber, sie möchten mit dem Unternehmen, das sie bedient, gar nicht näher „befreundet“ sein. Aus der Distanz heraus betrachtet lebt es sich also besser, könnte bislang das Motto vieler Klienten gelautet haben.

Um die Kundenbeziehung auf eine höherwertigere Grundlage zu stellen, hat Paypal dennoch investiert. Geld verdienen sei nicht das Ziel der Kampagne, skizziert Alexander Lengen, eine neue Kommunikationsbasis zu schaffen sehr wohl. Die User würden auch nicht weiter vermarktet, ein „like“ sei nicht erforderlich zum Mitmachen an dem Gewinnspiel.

Und: Über einen externen Dienstleister hat sich Paypal ein „Community Management System“ eingekauft, es dient zur Reputationspflege ebenso wie es bestimmte Forencluster der Top-100 Schlüsselspieler rund um die Uhr im Auge behalten soll.

Und natürlich sollen die Themen und Ergebnisse der Community aus Beschwerden, Fragen, Einwänden usw. auch den anderen Nutzern zur Verfügung stehen. Das wäre vielleicht die wichtigste Aufgabe derartiger „Fanning“-Facebook Präsenzen, die sich irgendwo im Niemandsland zwischen Social Media und Social Marketing Philosophie bewegen. 

„Fans, die man kaufen will, sind Söldner, die illoyal sind“, sagt Alexander Lengen. Er setzt statt rein quantitativer Metriken lieber auf qualitative Wertmaßstäbe der manchmal kritischen Fan-Community. Will heißen: Feedback-level, Intensität, Tonalität.

Letzteres sei gar nicht so unwichtig, denn es gehe darum, auch über negative Kommentare konkrete Probleme via Facebook zu lösen. Kurzum, Beschwerdemanagement und Support sollen neben dem Gutscheinvertrieb auch vom neuen Kundendienst bei Marc Zuckerberg zuhause und doch fremdelnd profitieren. Jetzt will zumindest das „gesichtslose und amorphe Unternehmen Paypal“ mehr Flagge ziegen, und mehr Farbe in den Kundendialog herein bringen.              

Wir sind gespannt, was aus dem „Fanning“ wird. Also stellen wir mit den Worten von Alexander Lengen folgende These auf: Marken sind heute Meinungen. Oder wie andere es sagen würden: Märkte sind Gespräche. Und damit wechseln wir die Szene: Neuerdings funktioniert die Social Lending-Plattform Smava auch auf der Basis von zwei Kreditnehmern. Lässt sich aber der „Fanning“-Ansatz auch auf andere, viel kleinere Spieler in der Finanzdienstleistungswirtschaft übertragen?

Immerhin ist auch der Gewinner des smava-Wettbewerbs „Dein ausgefallenster Wunsch“ eine interessante Geschichte. Ziel war es, die ausgefallenste Idee im Umgang mit exakt 2.500 Euro heraus zu finden. Auf dem Smava-Blog konnte man das Ergebnis bereits Ende Oktober nachlesen.

Die clevere Marketingidee: Jeder Vorschlag musste sich gegen eine harte Konkurrenz von über 400 anderen Ideen durchsetzen. Die erste Hürde dabei war es, die Jury zu überzeugen. Lediglich 25 von über 400 Vorschlägen schafften dies – und kamen in die Endausscheidung. Später dazu gleich mehr.

Die unangenehme Seite solcher Wettbewerbe mit hoher natürlicher Sozialauslese ist die: Es bleiben eine Reihe anderer guter Vorschläge ohne sichtbare geistige „Kapitalrendite“ unbeachtet liegen. Deshalb benötigt es ein Künstlerherz, um sich auf diesen Pfad der ungeplanten und unübersichtlichen Kreativitätszone ohne bürgerliche Absicherungsmechanismen oder konkrete Erwartungshaltungen hinein zu begeben. Also überhaupt an derartigen Preisverleihungsritualen teilzunehmen, wo die Chancen auf den kleinen Lottogewinn eher marginal sind.    

Wie sieht es sonst noch mit Smava aus? Nun kommt mein Kritikpunkt, pardon neudeutsch Optimierungsvorschlag. Denn ich finde, Smava könnte abseits von Preisen und Wettbewerben aktiver mit dem Kunden über Social Media kommunizieren. Warum? Weil es sich für den Social Lender lohnen würde.

Und zwar deshalb: Schaut man sich weltweit derzeit führenden Pendants Lending Club in den USA und Zopa in Großbritannien an, so fällt auf, dass sie einen sehr aktiven Dialog mit ihren Kunden führen. Nicht nur per Telefon-Hotline, oder per mail. Sondern direkt via Twitter, Facebook, diversen Blogs und Co. Im Gegensatz dazu postet Smava etwa via Twitter nur den Status Quo der Kreditgesuche.

Die Chefs bei Lending Club und Zopa mischen sich demgegenüber auch mit subjektiven Kommentaren – es darf ruhig mal etwas menscheln – aktiv ins bunte Geschehen auf den diversen Social Media Frequenzen ein. Sie kommentieren Trends auf den Finanzmärkten, sie geben nützliche Links, erstellen Querverweise – und verdrahten so ihre Social Lender Community mit nützlichem Mehrwert.

Smava und Triodos: Ungenutzte Potenziale beim virtuellen Schaulaufen

Das entfaltet auch seinen gewissen Charme nach außen. Ob sich bei Smava noch jemand findet, der sich dieses Thema abseits des regulären Bloggeschehens (ca. 2 x die Woche) mit Leidenschaft auf die Fahnen schreibt. Das ist sicherlich einerseits bodenständig-solide, quasi ein Muss – es mutet aber auch etwas konventionell und farblos an.

Okay, bevor man mich jetzt gleich mal wieder nicht ganz gerechtfertigt als Nestbeschmutzer steinigt, ich weiß, Smava hat mehr als 4.000 Verfolger auf Facebook. Aber – auf  Twitter waren es vorgestern nur 478. Dabei ist die Welt der 140 Zeichen doch auch ziemlich spannend, oder? Somit liegt also so manches Optimierungspotenzial noch im Verborgenen.

Hinzu kommt: Die üblichen Weboptimierungstechniken wie SEO und Co., aber auch die klassischen Werbekampagnen dürften nicht ganz ausreichen, um auf Dauer die Wachstumsraten aus Sicht von Smava so fort zu schreiben, wie sie notwendig sind, um einen erweiterten Kreis von Interessenten ans „Unternehmen“ zu binden. Oder täuschen wir uns alle in dieser Hinsicht, und wäre dieser Schritt reine Zeit- und Geldverschwendung?

Konstruktiv-kritisches Feed back ist also wie immer erwünscht. Die Crux mit den Social Media Kanälen gilt übrigens auch noch für andere Spieler aus der neuen Finanzwirtschaft, zum Beispiel für die im November 2009 gegründete erste deutsche Niederlassung der niederländischen Ökobank Triodos. In den ersten Monaten agierte der neue Spieler mit seiner Kampagne 95 Fragen sehr eifrig im Social Media Universum.

Dann erlahmte der Schwung plötzlich. Die Blogeinträge präsentieren heute eine eher konventionell nach innen gerichtete Nabelschau, der eine größere positive Sogwirkung nach außen fehlt. Die Postings erscheinen zudem sehr unregelmäßig (z.B. kreative Pause vom 13.10. bis zum 12.11.). Wie gesagt, es geht hier nicht um fundamentale Kritik, weder an Smava noch an Triodos.

Neuer Geist in der Kundenkollaboration gefragt

Aber: Lassen sich so neue Kunden mit einer fundierten Kommunikationsstrategie jenseits von reinem Vertriebskanaldenken gewinnen und binden? Und das wäre dringend notwendig. Denn wie will sich ein Ökoinstitut wie Triodos von den beiden hierzulande führenden Häusern GLS Bank bzw. Umweltbank an der konzeptionellen Flanke denn sonst abheben?

Nochmals im Klartext: Es geht hier nicht drum, an Smava oder Triodos herum zu kritteln, sondern ungenutzte Potenziale aufzuzeigen. Von meinem bescheidenen virtuellen Horchposten aus betrachtet heraus kann dies nur dadurch geschehen, die Kernbotschaften etwa von Triodos stärker in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, ohne das Wesen einer Ökobank gleichermaßen zu verleugnen.

Smava wird schon wissen, wo es ansetzen muss. Dies würde im Umkehrschluss aber bedeuten, Social Media hier als zentralen Transmissionsriemen zur Positionierung der eigenen Marke fortlaufend kreativ einzusetzen. Auf Facebook zumindest klappt dieser Ansatz bei Triodos ja schon recht gut. Aber es fehlt die Anziehungskraft, auch mit Themen jenseits der Kernthemen kreativ umzugehen.

Das wäre also sowohl für Smava als auch bei Triodos sicherlich noch ausbaufähig. Denn ein international so leistungsfähig aufgestellter Player wie die Triodos Bank sollte sich darüber hinaus als ökologisch geprägte Bankmarke in der alltäglichen Kommunikation und Kollaboration auszeichnen – nicht nur mit den Bestandskunden.

Aber dazu bedarf es einer internationalen Kommunikationsstrategie für Social Media, on top – und bottom up. Der Graswurzel-Bewegung fehlt die innere Spannung, um stärker nach außen durchzudringen.

Weder die Konditionen noch die Projekte werden ansonsten a la longue ein klares Alleinstellungsmerkmal gegenüber den starken Wettbewerbern, pardon Mitbewerbern, abgeben, mit denen signifikante Marktanteile innerhalb einer gewissen Roadmap erschlossen werden können. Soweit zu Triodos.

Aber neue Wege entstehen bekanntlich nur beim Gehen. Und damit sind wir jenseits von Sonntagsreden wieder beim eingangs vorgestellten Wettbewerb. Nun folgt die Auflösung, des Rätsels Lösung. Das letzte Wort hatten dann die Leser des Smava-Blogs selbst.

Und die hatten sich am Ende für das Video eines jungen Schauspielstudenten aus Österreich entschieden, der gezeigt hat, was er mit den 2.500 Euro, pardon, 2498,50 plus 1,50 Euro machen würde. Und der Gewinner will ja mit dem Geld gar keine Konsumartikel anhäufen, sondern seinen ersten Job damit finanzieren.

Das klingt vernünftig. Also: Kreative Schauspielkunst (auch via Social Media) auf solidem handwerklichen Fundament scheint in der Tat beim richtigen Umgang mit Geld gefragt – und genau deshalb soll dieses kreative Gewinnervideo von Smava auch hier präsentiert werden: 

Übrigens: Smava sucht via Facebook eine(n) Online-Manager(in), falls sich jemand diese Art von handwerklich solider schauspielerischer Begabung im Social Media Revier zutraut. Auch Stellenanzeigen wandern in die Netzwerke. Ja, die Völkerwanderung in soziale Netzwerke hält an. Oder wie es aus dem Publikum der letzten Retail Banking Conference in Frankfurt „sachkundig“ heraus schallte: Könnten wir das Web 2.0 nicht einfach verbieten? 

Written by lochmaier

November 19, 2010 at 8:09 am

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Trendforschung: Was Social Banker und Investment Punks verbindet

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Dumm gelaufen. Bin ich nie. Denn manche der besten Dinge im Leben sind, wie die einfache Natur nämlich vollkommen gratis – und besser als jeder Wellness-Urlaub. Zum Beispiel unternahm ich neulich auf einer kleinen Insel nahe von Venedig einen längeren Herbstspaziergang und dachte nach, unter anderem auch über das Buch Investmentpunk von Gerald Hörhan – Warum Ihr schuftet und wir reich werden.

Ich wollte den Autor dazu interviewen und überlegte mir einige Fragen. Zum Beispiel, was einen Social Banker der zweiten Generation und einen Investment Punk verbinden könnte – oder sogar trennt. Starten wir diese Diskussion mit einer eher banalen Pressenotiz: Das Vertrauen der Deutschen in die soziale Marktwirtschaft ist nach einem Bericht der „Berliner Zeitung“ auf ein Rekordtief gefallen, rezitiert die FTD

Die Unzufriedenheit mit der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zeige sich danach auch am weitverbreiteten Gefühl, vom wachsenden Wohlstand ausgeschlossen zu sein, orakelt das Medium am geühlten Puls des Geldvolkes. Aha, das ist jetzt überraschend – was folgt aus solchen Meldungen?

Klar, eingeklemmt in der (un)bequemen Mittelschicht – wird man entweder zum „Investment Punk“ oder mutiert zum „Social Banker“. Oder beides. Oder man macht einfach weiter wie bisher, und schaut weg, und versucht, sein kleines Glück zu idealisieren oder festzuhalten, oder man hofft sogar immer noch darauf, es weiter ausbauen zu können.

Die Welt ist weder weiß noch schwarz, man benötigt allerdings eine hohe innere Unabhängigkeit, Selbstvertrauen, Selbstdisziplin, eine klare Strategie für die eine oder andere Variante. Und damit sind wir bei Gerald Hörhan. Er ist Investmentbanker und Investmentpunk, beide Achsen seiner Persönlichkeit lebt er voll aus.

Was unterscheidet etwa einen Francois Jozic von einem Gerald Hörhan? Diese Frage habe ich mir dabei gestellt. Beide sind etwa gleich alt. Der eine wie der andere stellt das große Spiel und das Establishment in Frage. Klingt plakativ, doch wie viel Substanz steckt bei den Mitdreißigern dahinter?

Geht der Schuss bei einem von beiden geschäftlich nach hinten los, und klappt es nicht mit der einen oder anderen Variante, dann entpuppen sich sowohl Social Banker und Investmentpunk als ein negatives Zerrbild, das die Hände aufhält, damit andere sie mit ihrem Geld befüllen.

Social Punking als negatives Klischee

Nehmen wir für dieses negative Abziehbild mal den von mir ausgewählten Hilfsbegriff „Social Punking“. Der eine – Francois Jozic – gründete im November 2009 mutig die Noa Bank, scheiterte aber trotz 300 Millionen Euro an Kundeneinlagen, die er binnen sechs Monaten generiert hatte, und zwar vor allem an sich selbst.

Ein konsistent durchdachter Plan für die Geschäftsentwicklung fehlte ihm. Sicherlich, das kann passieren, dann muss man aber rechtzeitig die Reißleine ziehen. In diesem Weblog habe ich das Scheitern der Noa Bank ausführlich und wiederholt thematisiert, ebenso wie den fulminanten Aufstieg.

Oder wie Jozic es am 18. August d.J. ausdrückte, als er sich vom Finanzsystem als Josef K. gebrandmarkt sah, und wie er sich selbst auf dem Weblog der Noa Bank nach der Insolvenz im August in Anlehnung an Franz Kafka definierte. Ein klarer Nachweis, dass der Newcomer das Opfer eines unbeweglichen Finanzsystems geworden war, steht bis heute allerdings aus.  

Ich hatte mich zuvor mehrere Male mit dem Stürmer am neuen Bankenhimmel Francois Jozic getroffen. Wir tauschten uns intensiv über sein anvisiertes Geschäftsmodell aus. Mein Feed-back war offen, konstruktiv, aber auch recht kritisch. Mir fiel einerseits zwar das enorme Potenzial und die frische Energie auf. Aber Jozic war (zu) sehr von seiner eigenen Idee überzeugt, und nahm die Umwelt drum herum nur sehr wenig wahr.

Das passiert häufig, wenn man zu selbst verliebt in die eigenen Ideen ist. Gute Ideen sind nur dann gut, wenn sie konsequent und langfristig umgesetzt werden. Gerade wer die Regeln bricht, muss die Slalomstangen genau kennen, die er zu umschiffen gedenkt, um ans andere Ufer zu gelangen. Man muss ganz akribisch arbeiten, wenn man etwas Neues schaffen will.

Diese mühselige Glücksformel gilt für Social Banker ebenso wie für Investmentpunks. Im Januar dieses Jahres sagte ich Francois Jozic, er agiere flüchtig und oberflächlich, und laufe dadurch in Gefahr, den an sich guten Social Banking-Ansatz wieder leichtfertig zu verspielen.

Den Rest erledigten wenige Monate später die Medien, die bei ihrer Berichterstattung zur Noa Bank plötzlich wie von Geisterhand gesteuert von medialen „longs“  auf die Put-Funktion und damit die Verliereroption umstöpselten. Aber handwerkliche Fehler und ein nicht konsistent aufgestelltes Managementteam verzeiht einem gerade bei einer mit ethischem Anspruch angetretenen Neugründung niemand.

Und genau deshalb halten sich konventionelle Banker gerne aus jeder moralischen Diskussion heraus. Denn das Geld hat seine eigene Sprache, und die lügt nicht. Es schlägt alles und spricht immer für denjenigen, der am längeren Hebel sitzt.

Sicherlich, ein selbst ernannter „Investment Punk“ kommt ohne die große Moraldebatte aus – und hat es insofern deutlich leichter. Aber nur, sofern er sich geschickt hinter den Kulissen hält, und von dort aus elegant seine Bahnen in der Finanzwelt dreht. Der Rest ist Privatleben. 

Und was passiert in der Mitte unserer Gesellschaft? Während Großbanken wie die Hypo Real Estate (HRE) die Euros im Milliardenrhythmus nur so durch den Schornstein jagen, und wir uns längst daran gewöhnt haben, wird der erste Fehler bei einer Social Bank auch zum Grabstein. Wehe dem Social Banker, der übersehen hat, dass irgendein Zulieferer mal irgendwann einem Atomenergielieferanten ein Stück Verpackungsplastik geliefert hat.

Nicht wenige von uns gefallen sich in einer bequemen „Scheinmoral“. Zurück bleibt ein mit vielen Hoffnungen angetretener Gründer der Noa Bank, der in den Ruch des dunklen Geschäftsgebarens geriet, auch weil er nicht disziplinziert und konsequent genug den eigenen Weg vorstrukturiert hat.

Der geistig-emotionale Mix aus einem kreativ-konstruktiven Investment Punk und einem Social Banker der zweiten Generation wäre idealtypisch betrachtet zweifellos eine wünschenswerte Option. Man benötigt  einerseits den Willen gewisse Gesetze und Regeln zu brechen, die sich gerade innerhalb der unbeweglichen Mittelschicht nur selten verorten lassen.

Aber man braucht auch das bodenständige Talent, mit ganz langweiligen Primärtugenden wie Fleiß, Disziplin und taktischem Geschick über eine längere Wegstrecke zu gehen, statt den kurzfristigen Erfolg zu suchen.  Oder wie es Investment Punk Gerald Hörhan noch deutlicher ausdrückt:

Erstens: Geld lässt sich nur durch Beharrlichkeit verdienen, fast nie über Nacht, auch wenn es manchmal so aussieht. Vermögen entstehen immer als Folge eines Prozesses, bei dem jemand, der etwas gut kann, das immer wieder tut, ausbaut, verbessert und wiederholt.

 Zweitens: Wer Geld verdienen will, muss bereit sein, gegen den Strom zu schwimmen, kreativ zu sein und sich gegen alle ökonomischen Konventionen der Mittelschicht zu stellen. Wer reich werden will, muss bereit sein, ein Investment-Punk zu sein.

Solange ihr das nicht hören wollt, wird es wenige geben, die viel haben, und viele, die nichts haben. Solange schuftet ihr, und wir werden immer reicher.

Hier geht es zum ausführlichen Interview einschließlich der Buchvorstellung, die ich auf Heise.de veröffentlicht habe. Thema: Investmentpunks suchen nach Alternativen aus dem Hamsterrad. Auch kritische Fragen, wieweit der Punk-Anstrich nur ein modisches Accessoire darstellt, sind natürlich angezeigt. Denn natürlich polarisiert der „Investment Punk“, aber man sollte das Buch gelesen haben, um sich ein fundiertes Urteil und nicht Vorurteil zu bilden.

Denn Hörhan, Jozic und andere Mittdreißiger gehören zu jener neuen Managergeneration, die ich in meinem Weblog unter folgendem Titel beschrieben habe: Money School: Wie Kinder ihren Eltern den richtigen Umgang mit Geld beibringen. 

Der Grat zwischen kometenhaftem Aufstieg zwischen Social Banker, Investment Punk und „Social Punking“ ist schmal. Dennoch rückt eine Generation mit neuer Investmentphilosophie nach. Der Österreicher Hörhan gibt sein Wissen etwa auch an der Universität an die junge Generation 2.0 weiter.

Und hier man kann sich einen persönlichen Eindruck von Gerhard Hörhan per Videointerview verschaffen (er wird übrigens gerne unterschätzt, weil er etwas nachlässig in seiner Körperhaltung daher kommt):  

Fazit: Es geht hier übrigens nicht darum, einen neuen Stern am vermeintlich alternativen Bankenhimmel das Wort zu reden. Mit dieser elitären Rolle wäre jeder einzelne Mensch überfordert. Aber der Trend ist doch interessant. In einer Fernseh-Talkrunde kann man zum Abschluß nachverfolgen, wie die mediale Speerspitze des bieder-braven Bildungsbürgertalks,  Giovanni di Lorenzo, versucht, den Investmentpunk aufs Glatteis zu locken.

Gerade die Siegertypen unter den bürgerlich Arrivierten haben übrigens nicht das geringste Interesse daran, dass die breite Masse sich ein eigenes autonomes Bewusstsein aneignet. Eine der Schlussfolgerungen könnte schließlich sein, derartigen Business-Gedöns-Runden in den ersten Reihen die Nahrungsgrundlage zu entziehen.

Ob man den Thesen von Gerhard Hörhan insgesamt folgen mag, ist neben der sozialen Stellung, die jeder selbst anhand seiner Wegweiser interpretieren sollte, auch eine persönliche Geschmacksfrage. Den Reichen ist all dies Gerede mit der Mittelschicht schon wieder „egal“. Sie ziehen ihre Konzepte ohnehin durch. Aber schauen Sie doch selbst, wie ein Investment Punk sich im Medien-Mainstream behauptet:

Written by lochmaier

November 18, 2010 at 8:04 am

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