Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Archive for August 2013

Open Innovation hält Einzug in die Energiewirtschaft

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David fordert Goliath heraus. Wollen die etablierten Stromkonzerne auch in Zukunft noch ein entscheidendes Wort bei der Stromversorgung mit reden, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich nach außen zu öffnen.

Zunehmend dezentrale und deregulierte Märkte fordern ihren Tribut. In Deutschland kommt der von der Bundesregierung im März 2011 beschlossene Atomausstieg noch erschwerend hinzu. Die vier großen Energieversorger EnBW, Vattenfall, E.ON und RWE sehen sich bereits mit schrumpfenden Unternehmensgewinnen konfrontiert.

Die Stromriesen haben keine Wahl: Es müssen neue Ideen her, um den Margenschwund zu kompensieren. So hat E.ON bereits reagiert. Mit dem Ziel, ihre eigene Leistungsfähigkeit zu verbessern, haben die Düsseldorfer erst kürzlich einen eigenen Venture Capital Fund aufgelegt, der vornehmlich in junge Unternehmen investiert, die dezentrale und smarte Energielösungen entwickeln und anbieten.

Auch beim Konkurrenten RWE tut sich etwas. Deren Kompetenzzentrum RWE Innogy hat es sich zum Ziel gesetzt, nicht nur die gängigen erneuerbaren Energien wie Wind, Wasser und Biomasse zu unterstützen, sondern komplett neue Möglichkeiten der Energiegewinnung auszuloten. Um diesem Ziel näher zu kommen, präsentiert sich auch RWE betont offen. Die Essener fungieren als Kapitalgeber für Unternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase und hoffen von deren Ideen zu profitieren.

Der Geist der offenen Kooperation hält auch Einzug bei dem französischen Monopolisten Electricité de France (EDF). Die zentrale Botschaft: EDF stehe mit mehreren hundert Start ups in Kontakt und lote damit neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit aus.

Durch die neue Offenheit erhofft man sich bei EDF, wichtige Geschäftsfelder in der Greentech-Branche zu erschließen, aber auch interne Veränderungen in der hierarchisch geprägten Unternehmenskultur anzustoßen und zu beschleunigen. Ein bei dem französischen Versorger in Frankreich, den USA und China angesiedeltes Kompetenzteam soll den Wandel durch grenzüberschreitende Kooperationen vorantreiben. Zudem soll sich eine vom Stromriesen gemeinsam mit weiteren Partnern neu gegründete Investmentgesellschaft um die Finanzierung viel versprechender Projekte kümmern.

Fazit: Die großen Energieversorger sehen sich nicht nur hierzulande angesichts veränderter gesellschaftlicher Rahmen- und Marktbedingungen mit Herausforderungen konfrontiert, die neue Wege erfordern. Der Anfang scheint gemacht. Die Energiekonzerne öffnen sich nach außen, eruieren Möglichkeiten der Zusammenarbeit, sie investieren in grüne Start ups und versuchen, externe Innovationspotentiale zu wecken und strategisch zu nutzen.

Die großen Spieler aus der Energiewirtschaft folgen damit dem von Henry Chesbrough entwickelten Konzept der „Offenen Innovation“, das auf einem einfachen Leitgedanken fußt: Letztlich profitiere ein Unternehmen durch die Öffnung nach außen stärker, als wenn es an der intellektuellen Abschottung festhalte. Den Stromriesen und grünen Start ups mag es zum Vorteil gereichen.

Written by lochmaier

August 25, 2013 at 8:06 am

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Neuer Markt und die Bunti-Klicki Welt von Banken

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Banken langen bei den Dispozinsen weiter zu. Commerzbank-Chef Martin Blessing findet das chic, um die Kunden vor drohender Überschuldung zu bewahren. Oder wie es ARD-Tagesthemen Moderator Thomas Roth gestern abend so ausdrückte: „Man gewinnt bei den Banken den Eindruck, sie würden sich den ganzen Tag nur um das Wohl der Kunden kümmern.“ Aktuelle Gedanken zur „Bunti-Klicki-Welt“ von Banken, Crowdfunding und anderen Alternativen.

Dass Crowdfunding mittlerweile den Mainstream zu erobern beginnt, sieht man an den zahllosen neuen Büchern zu diesem Thema. Und natürlich auch an den Medienberichten, wie gestern abend beispielsweise zur Gründungsfinanzierung direkt aus dem ARD-Hauptstadtstudio. Zum Video: Wenn viele eine tolle Idee finanzieren. 

Das Fazit der Reportage zur Gründungsfinanzierung fiel allerdings vergleichsweise ernüchternd aus: Denn letztlich setze das Crowdfunding gerade in der äußerst riskanten Gründungsphase vor allem auf den Aspekt der „Emotionalisierung“. Mit anderen Worten: Den privaten Investoren wird unterstelllt, sie würden wenig nachdenken, auf welches Abenteuer sie sich da selbst mit kleinen Beträgen einlassen.

Es ist ein schwieriges Terrain mit geteilten Meinungen, über das ich mit allen Risiken, Chancen und Nebenwirkungen hier immer wieder berichtet habe. Offenbar hätte das auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler genauer lesen sollen, bevor er mit der waghalsigen Idee, den „Neuen Markt“ auf dem Börsenparkett wiederzubeleben, das Licht der Öffentlichkeit sucht.

Einerseits brauchen wir zwar ein deutlich aufgeschlosseneres Klima für mehr Gründungsfinanzierung in Deutschland. Bloß wie sieht der Königsweg dahin aus?  Vor allem sollten wir deutlich zwischen Spendenkultur und Wagniskapitalfinanzierung entscheiden. Und auch hier muss dann zwischen früherer, mittlerer und später Phase unterschieden werden, je nachdem, welche Ziele und „Exit-Strategien sich dahinter versammeln.

Aus Sicht des Privatinvestors sei festgestellt: Man muss sich schon die Mühe machen, vor allem, wenn es sich nicht ums reine Spenden handelt, auch jeden noch so kleinen Betrag wie eine professionelle Investition zu prüfen, um nicht nach- oder gar fahrlässig zu handeln.

Machen wir es mal am Beispiel von Urbanara konkret, einer 2010 gegründeten Online-Marke für hochwertige Wohntextilien. Urbanara wird bereits von professionellen Investoren finanziert, verfügt nach eigenen Angaben über 25.000 Kunden und erwartet 5 Mio. Euro Umsatz in diesem Jahr. In wenigen Wochen möchte die Plattform über die Crowdinvesting-Plattform Bergfürst 3 bis 3,75 Mio. Euro privates Kapital aufnehmen.

Es ist ein spannendes Experiment, in dem sich zeigen wird, ob derartige Strategien transparent und glaubwürdig sind, so dass nicht nur die Betreiber, sondern auch die anderen Beteiligten vom Crowdinvesting-Ansatz profitieren.  Denn die Frage, welcher Wein in neue Schläuche mit welcher Temperatur gefüllt werden soll, beschäftigt alle Protagonisten auf diesem sensiblen Terrain.

In einem offenen Brief an Philipp Rösler kritisiert der Gründer von Urbanara, Ben Esser, die Diskussion um den „Neuen Markt“. Junge Unternehmen bräuchten keine „Börse light“, es mangele vor allem an der Partizipation und neuen Finanzierungsoptioen, also nicht unbedingt nur am reinen Geld, was die Gründerfinanzierung angehe.

Denn im Rückblick habe der Neue Markt der Deutschen Börse bewiesen: Hohe Erwartungen von Anlegern und niedrige Transparenzstandards verführten zu Missbrauch, so Esser weiter.  Seine Argumentation: Schwache Corporate Governance-Regelungen führten seinerzeit dazu, dass Bilanzen verfälscht, Adhoc-Pflichten missachtet und Risiken verschwiegen worden seien.

Und: Bis heute wirke der Vertrauensverlust des Neuen Marktes nach und mache einen sauberen Neustart unmöglich. Der geregelte Markt dagegen definiere seit Jahrzehnten überzeugend eine Börsenreife, nicht zuletzt über den Entry Standard, der aktuell 189 Werte umfasse, gibt der Mitgründer von Urbanara zu bedenken.

Allerdings muss sich auch der gerade neu formierende Markt ums professionelle Crowdinvesting unter Beweis stellen. Eine gewisse Offenheit, aber auch konstruktive Kritik und Skepsis sind durchaus gefragte Eigenschaften, statt nur blind dem Emotionalisierungsfaktor und dem Hype zu folgen. Wir werden sehen, ob das Crowdinvesting die avisierte Lücke zwischen Risikokapital und Börse wird schließen können.

Dazu ist vor allen Dingen erforderlich, dass die Betreiber sich ihrer Verantwortung, hier für klare Spielregeln zu sorgen, vollumfänglich stellen. Denn eine neue Spekulationsblase wie weiland vor zehn bis fünfzehn Jahren beim „Neuen Markt“ an der Börse ist das Letzte, was zu den gelernten Lektionen nach der Finanzkrise gehört.

Written by lochmaier

August 21, 2013 at 10:25 am

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Green Crowdfunding prägt neue Geschäftsmodelle

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Crowdfunding-Modelle erobern im Bereich der erneuerbaren Energien neues Terrain. Innovative Startup-Unternehmer fungieren bei der Finanzierung der Bürgerenergiewende als Treiber der Entwicklung.

Im Internet verabreden sich Menschen, um gemeinsam Projekte zu fördern oder Geldgeschäfte zu tätigen. Und mit „Green Energy Marketplace (GEMP)“ (http://www.fairpower.ch/) ist auch schon die erste kommerzielle Auktionsplattform für erneuerbare Energien entstanden. Dass es sich dabei um ein Projekt mit großem Potential handelt, zeigen allein schon die namhaften Kunden, die das Schweizerische Startup bereits gewinnen konnte – die Gesundheitsorganisation SWICA gehört genauso dazu, wie etwa Renault Suisse oder die Schweizerische Post.

Dabei funktioniert der Marktplatz für den grünen Stromhandel ähnlich wie die Auktionsplattform eBay. Der Betreiber bringt Angebot und Nachfrage auf einem elektronischen Marktplatz zusammen. Die Verkäufer von Energie starten eine Auktion, auf die Käufer Gebote platzieren.

Das Internet bewirkt auch eine Renaissance des Genossenschaftsmodells. Nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker. Der Trend beschränkt sich aber nicht allein darauf, ökologisch erzeugten Strom über das Internet zu handeln. Die Anleger finanzieren zum Beispiel über das Netz auch den gemeinsam via Sonnenenergie erzeugten Strom. Ein kleiner Gründerboom hat eingesetzt. Spezialisierte Internetplattformen wie Greenvesting, leihdeinerumweltgeld, crowdener.gy und bettervest bringen Käufer und Verkäufer zusammen. Die Refinanzierung erfolgt durch eine Vermittlungsprovision.

Dem Trend des grünen Crowdfundings spielt zurzeit auch die Stimmung an den Finanzmärkten in die Hände. Denn angesichts von niedrigen Guthabenzinsen für Tages- und Festgelder hält so mancher Anleger nach neuen Investitionsgelegenheiten Ausschau.

Warum also nicht über eine Crowdfunding-Plattform etwas Kapital investieren, um sich einen Festzins von fünf und mehr Prozent über ein paar Jahre zu sichern? Für so manchen Anleger ist ein derartiges Investment aber nicht nur wegen der Rendite interessant, sondern insbesondere auch deshalb, weil es die Möglichkeit bietet, an einem modernen und zukunftsweisenden Projekt mitwirken zu können.

Aber: Wie bei allen Investments sollte der potentielle Anleger die Projekte natürlich sorgfältig prüfen und sich letztlich nur an solchen beteiligen, die er versteht und von deren Qualität er auch überzeugt ist. Vollständige Transparenz ist hier vor allem von Seiten der Betreiber gefragt.

Bei der Auswahl ist sicherlich eine Checkliste hilfreich. Ein gutes Zeichen ist es auch, wenn eine lokale Energiegenossenschaft mit im Boot sitzt. Ohnehin sollte man sich vor allzu hochgesteckten Renditeerwartungen hüten. Zudem sollte der Betreiber der Netzplattform nur im Falle einer erfolgreichen Projektfinanzierung überhaupt eine Erfolgsbeteiligung sprich Vermittlungsprovision einfordern.

Fazit: Für alle seriösen Betreiber gilt die Maßgabe, neben der eigenen Professionalisierung intensiv an einem sorgfältig austarierten Risikomanagement zu arbeiten. Dieses sollte neben den Chancen auch die Risiken realistisch einschätzen und exakt benennen können. Denn es wäre schade, wenn „Green Crowdfunding“ nach einem Hype schnell wieder von der Bildfläche verschwindet.

Written by lochmaier

August 19, 2013 at 9:03 am

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Bankeninnovation (4): Ade, du schnöde Bankfiliale

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Was ist Bankeninnovation? Kriterien und Best Practices beleuchte ich im letzten Teil dieses Vierteilers. Etwas mehr als die bereits rund 20.000 Bankfilialen, die laut Format.at in Europa in den letzten Jahren geschlossen worden sind, darf es schon sein. Deshalb ziehe ich einen größeren Kontext um das Thema.

Banken in der Finanzkrise: Schon mehr als 20.000 Filialen geschlossen

Quelle: Reuters

Die Geldvermehrung jenseits der Mühlen der täglichen Arbeitswelt anzugehen, dieser Trend bewirkt bei der digitalen Gründergeneration, die jetzt in die gesellschaftliche Verantwortungsübernahme hineinwächst, dass sie kaum mehr dazu bereit ist, leichtfertig das Finanzmanagement der älteren Generation zu überlassen.

Denn man kann sich nicht mehr auf vermeintlich „sichere“ Geldanlageformen verlassen, die sich nicht selten als leere Glücksversprechen erwiesen haben. Gut ausgebildete Altersgruppen zwischen 30 und 45 Jahren bilden dabei bereits eine signifikante Nutzergruppe, etwa bei sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter.

Man kann es provokant auch so ausdrücken: Der Gang in die nächste Bankfiliale lohnt sich nur, wenn dort ein Geldautomat steht. Welche Rolle spielt nun eine „demokratisierte Investmentkultur“, in der Insiderwissen für größere Kreise transparent wird? Das Stichwort vom „nachhaltigen Shareholder Value“ macht die Runde. Die modernen Gesellschaften befinden sich am Scheideweg. Ob und in welcher Form eine Zukunftsvision aus der nachhaltigen und in Eigenregie verantwortlich geführten Geld- und Kreditanlage erwachsen kann, hängt von unterschiedlichen Entwicklungen ab.

Eine der spannenden Fragen liegt darin, ob es sozialen Geld- und Kreditgemeinschaften übers Internet gelingt, die hohen Ansprüche der Kunden nach einer seriösen Alternative zum herkömmlichen Bankenwesen einzulösen. Parallel dazu werden konventionelle Institute allein schon aus Imagegründen einige nachhaltige oder zumindest interaktive Elemente in ihr Geschäftskonzept integrieren. Auch dies wäre eine begrüßenswerte Entwicklung.

Die Bankfiliale wird zwar nicht komplett verschwinden. Jedoch wird die Entwicklung in Richtung neuer Bezahl- und Geldtransfersysteme neben der Mittelschicht auch von den „Banklosen“ vorwärts getrieben, jenen Menschen also ohne eine reguläre Kontoverbindung bei einem klassischen Kreditinstitut. Denn in Entwicklungs- und Schwellenländern existiert kaum ein ausgeprägtes Filialnetz, weshalb das Mobiltelefon umso mehr als Miniaturbank die Oberhand genießt. Jüngere Nutzer quer durch alle Bildungsschichten sind die Protagonisten dieser Entwicklung, nicht allein aus technischen Motiven heraus.

Jenseits der Transaktion dreht sich alles um die alte wie neue Währungseinheit Vertrauen, unabhängig vom globalen Standort. Die schlechte Nachricht: Bleibt mehr demokratische Mitbestimmung über die hierarchisch strukturierte Welt der Finanzprodukte und Wertschöpfungsmechanismen an Kapital- und Kreditmärkten nur ein bloßes Lippenbekenntnis, dann verkehrt sich die gute Absicht, das Internet als Instrument zur Demokratisierung von Geldströmen einzusetzen, in ihr Gegenteil. Dies lässt sich daran erkennen, dass nicht wenige Banken nach der Finanzkrise ihr Geschäftsmodell nur vordergründig „resozialisiert“ haben, es dominiert weitgehend das Prinzip „business as usual“.

Die gute Nachricht lautet: Spätestens seit der Enttarnung von zahlreichen Steueroasen und Schattenbanken, scheint auch diese nur oberflächlich adaptive Strategie in Frage gestellt. Begünstigt wird der Trend in Richtung selbst bestimmte Anlegernetzwerke zweifellos durch die weiterhin zahlreich vorhandenen Anlageprodukte mit undurchschaubaren und versteckten Bankgebühren. Die gut Ausgebildeten können und wollen sich den Luxus nicht mehr leisten, ihr erarbeitetes Vermögen in riskanten oder undurchsichtigen Produkten zu verbrennen.

Da im selbstbezogenen Wertesystem von Banken kaum Spielraum für Innovationen verbleibt, können Neugründungen sich in der Nische entfalten, ähnlich wie sich die ersten Direktbanken in den Neunzigerjahren erfolgreich etablieren konnten. Denn vor fünfzehn Jahren nahm kaum ein führender Manager in der Finanzindustrie Notiz von der still und heimlich wachsenden Konkurrenz. Unbemerkt von der politischen Oberfläche dreht sich das gesellschaftliche Rad der Entwicklung aber längst weiter. Der Paradigmenwandel in Richtung Nachhaltigkeit befördert den Wandel, gemeinsam mit der Lust, etwas Neues im Netz auszuprobieren, wenngleich die Ziele der Protagonisten zwischen Rendite und Gemeinwohlorientierung nicht immer deckungsgleich sind.

Am Ende dieser vierteiligen Serie einige Schlaglichter zur heterogenen Entwicklung der Bankenlandschaft:

Lokal versus Global: Entweder die Bank beherrscht das Prinzip der Lokalisierung perfekt, um am Markt mit einem regional verankerten Filialprinzip zu überleben, sich aber parallel dazu weiter zu redifferenzieren. Oder aber das Finanzinstitut hält sich an den Schauplätzen der wirtschaftlichen Globalisierung auf, um dort profitabel zu agieren, wo sich neue Chancen im internationalen Wettbewerb eröffnen.

Open Innovation: Die gesetzten Marktreviere reichen als margenträchtige Melkkuh nicht mehr aus. Neue Kooperationen und flexible Netzwerke sind deshalb gefragt. Die Bank muss sich nach außen wie nach innen für den Dialog und Partnerschaften öffnen, um wandlungsfähig zu sein.

Tradition versus Moderne: Was Jahrhunderte lang galt, das gilt nun nicht mehr (siehe den ersten Teil zum Niedergang der ältesten Bank Europas). Oder um es sinngemäß mit dem Dichter Goethe zu sagen: Was Ihr ererbt von Euren Vätern, erwerbt es, um es wieder zu besitzen.

Technik versus Mensch: In neuen Technologien liegt nicht das Heil für die Zukunft der Banken. Mobile und Online-Banking sind (bereits fast) so selbstverständlich wie der Strom aus der Steckdose. Auch eine App ersetzt kein sinnvolles Nutzerkonzept. Der Wettbewerb entscheidet sich am menschlichen Faktor, an der systematischen Emotionalisierung und Rationalisierung des Kundenkontakts in der vernetzten Finanzwelt, wohl gemerkt, ohne dabei neue Täuschungsmanöver (Potemkin’sche Dörfer und Trojanische Pferde) zu etablieren.

Vision versus Handwerk: Schuster bleib bei Deinen Leisten, möchte man am Ende ausrufen. Zum einen damit die Bankenbranche sich wieder an den wirtschaftlichen Grundfunktionen als Dienstleister der Gesellschaft orientiert. Aber auch die zeitgemäße „Bank 2.0“ kann nicht mehr sein als ein effizienter Serviceoperator für die Realwirtschaft. Schließlich ist der Mensch der letzte systemische Rettungsfallschirm im globalen Finanzsystem. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass das sensible und fragile Beziehungsgeflecht zwischen Mensch, Technik, Wirtschaft und Umwelt auch in den Mittelpunkt jeder zukunftsweisenden Bankstrategie gehört.

Written by lochmaier

August 12, 2013 at 1:01 pm

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Bankeninnovation (3): Götterdämmerung durch BRIC-Staaten

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Indien, China, Brasilien und andere Schwellenländer sind wirtschaftlich im Vormarsch und beeinflussen auch die Bankenbranche massiv.

Je mehr Banker über Innovation reden, desto weniger passiert meist. Umso mehr gehen neue Entwicklungen in der Finanzbranche nicht immer vom Herzen der großen Investmentmetropolen in London oder New York aus. Denn in der vernetzten Wirtschaft gewinnen BRIC-Länder wie Indien, Brasilien, China und andere, auch kleinere aufstrebende Nationen, an Gewicht. Sie beeinflussen die Innovationsagenda der etablierten Finanzmetropolen von der vermeintlichen Peripherie aus.

Ein Beispiel ist der chinesische IT-Konzern Alibaba, ein Mix aus eBay, Amazon und Paypal. Das Besondere an ihm sind diverse Dienste, die die Richtung in der internetbasierten Bezahlwelt aufzeigen. Dazu gehört neben diversen Portalen und Vertriebskanälen für Geschäftskunden und Produkte auch Alipay, ein Bezahlsystem, das vordergründig betrachtet dem amerikanischen Vorbild PayPal etwas ähnelt. Immerhin: Experten schätzen, dass bereits jede zweite Online-Transaktion im Reich der Mitte über die Plattform erfolgt, ein immenser Wachstumsmarkt, dem sich irgendwann auch die westliche Welt nicht wird verschließen können.

Und mit Ali Finance ist der IT-Konzern Alibaba bereits in weitere klassische Bankdienstleistungen eingestiegen, zum Beispiel via Mikrokredite an kleine Händler und Konsumenten. Die Wachstumskurve verläuft auch hier steil. Spannend ist zu beobachten, inwiefern das Modell einen durch Staatskonzerne und –banken monopolisierten Sektor in China umzugestalten vermag. Noch sind diese Konfliktherde nicht gelöst. Möglicherweise bildet sich hier eine Art informeller Zweitmarkt für Kredite heraus, der die Gesellschaft stärker beeinflussen wird, als dies manchem chinesischen Politiker lieb sein kann. Wohl gemerkt: Hier geht es nicht unbedingt um mehr Demokratie, sondern um neue geschäftliche Opportunitäten und Gewinnchancen.

Im Zuge dieser Entwicklung dürften gängige weltanschauliche Muster wie jene Grenzziehung zwischen Kapitalismus und Sozialismus endgültig ins Wanken geraten. Zu erkennen ist dies etwa an der jüngst verkündeten engen Kooperation, die Alibaba Group mit Kreditkartenanbieter MasterCard eingegangen ist. Der Weg von China bis zur Wallstreet scheint mit Blick auf neue Kooperationsformen zwischen ehemals „verfeindeten Lagern“ kürzer als gedacht.

Aber auch die Entwicklung in Brasilien ist mehr als interessant. Denn das südamerikanische Land verzeichnet nicht nur anhaltend hohe Wachstumsraten, trotz gewisser sozialer Probleme und neuer Herausforderungen. Die größte lateinamerikanische Nation ist auch in der Banken-IT einer der führenden Spieler. Neue Softwarelösungen für Finanzdienstleister sind weltweit gefragt. Diverse Unternehmen arbeiten an Plattformen, Werkzeugen und Services, in und jenseits der Computerwolke (Software as a Service). Auch in Sachen mobile Bankkonzepte und Lösungen sind brasilianische Spezialisten an vorderster Front zu finden.

Und auch in Indien, einem Land mit rasantem Bevölkerungswachstum und einer aufstrebenden Mittelschicht, gibt es neue Konzepte, etwa um die bislang vom Geld- und Finanztransfer ausgeschlossenen Nutzergruppen an die allgemeine Entwicklung heranzuführen. Neben Mikrokrediten sind hier weitere Banken an der Innovationsspitze zu finden, so etwa die YES Bank oder die ICICI Bank. Letztere ist gerade im Begriff, das afrikanische Erfolgsmodell M-Pesa aus Kenia gemeinsam mit dem Partner Vodafone auf den indischen Markt zu übertragen. Ob das klappt, ist noch offen. Der Trend unterstreicht aber, dass nicht jede wegweisende App oder mobile Banklösung aus einem westlichen Finanzinstitut stammen muss. Als treibende soziale Kraft für den gesellschaftlichen in Indien erweisen sich hierbei mittel- bis langfristig gerade für weibliche Kunden maß geschneiderte Finanzkonzepte.

Was hat Europa dieser Dynamik entgegenzusetzen? Etwas blass und in die Jahre gekommen, was die sozial-technologische Agenda angeht, schreitet der alte Kontinent voran. Aber auch hier treibt die jüngere Generation den Bruch mit der Tradition voran. Und so könnte es am Ende zu einem Bündnis der jungen Innovatoren weltweit kommen, bei dem die regionale Zugehörigkeit durch den Geist einer grenzüberschreitenden Kooperation abgelöst wird. Natürlich wird der globale Wettbewerb die führende Konstante bleiben. Aber die BRIC-Staaten und andere aufstrebende Nationen werden von der „grünen Wiese“ aus das Bankgeschäft in der westlichen Industriewelt künftig deutlich stärker beeinflussen.

Written by lochmaier

August 6, 2013 at 12:22 pm

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