Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Archive for November 2012

Commerzbank lehnt Interview ab – Offener Brief an Lena Kuske

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Der nun folgende Beitrag wurde inspiriert durch den vorigen Blogeintrag  Banken-Fersehwerbung: Spot an, Licht aus. Darin habe ich die Commerzbank um ein Interview mit einer Protagonistin des neuen Fernsehspots „Der erste Schritt“ gebeten. Leider ohne Erfolg. Aber lesen Sie selbst.  

Offener Brief an Frau Lena Kuske, Filialleiterin der Commerzbank in Hamburg.

Sehr geehrte Frau Kuske, liebe Lena,

ich weiß nicht, auf welchem Weg ich Sie direkt erreichen kann. Deshalb nehme ich über dieses Weblog zu Ihnen Kontakt auf. Denn die Presseabteilung der Commerzbank hat  – obwohl ich ganz offiziell als Wirtschaftsjournalist um ein Interview angefragt  habe –  es mir nicht erlaubt, mit Ihnen persönlich über die gelernten Lektionen aus der Finanzkrise und über die Zukunft des Bankwesens zu sprechen.

Glücklicherweise gibt es das Internet, wo man sich direkt vernetzen kann.

Zwei der Printmotive.

Denn mir hat der neue Werbespot der Commerzbank „Erster Schritt“ ganz gut gefallen, sofern er ernst gemeint war. Darin sind Sie in schnellem Schritttempo als nachdenkliche Langstreckenläuferin durch Hamburg (oder waren es doch die Silhouetten von Frankfurt-Mainhatten) zu sehen …

Gerne hätte ich nun mit Ihnen über die gelernten Lektionen der Commerzbank aus der Finanzkrise gesprochen. Und wie diese umgesetzt werden. Denn Sie stellen in dem Werbespot ja als real existierendes Sprachrohr der Commerbank die richtigen Fragen:

Woran liegt es, dass man den Banken nicht mehr vertraut? Wir haben etwas getan, was für uns vielleicht nicht typisch war. Wir haben die Gründe bei uns gesucht und uns gefragt: Braucht Deutschland eine Bank, die einfach so weiter macht?

Nein, solche Banken, die einfach so weiter machen, brauchen wir in der Tat nicht mehr: Eine Bank, die ihre Berater nicht belohnt, wenn sie möglichst viele Verträge verkaufen, sondern ernst dann, wenn ihre Kunden zufrieden sind.

Ich frage mich: Was will die Commerzbank anders machen? Schließlich ist die Honorarberatung allein kein Lösungsweg? Schließlich werden am Ende weiterhin die Verkaufszahlen der „Berater“ sprich „Produktverkäufer“ zählen – und nicht weiche Faktoren der Kundenzufriedenheit, die aus der Bilanz herausfallen?

Der "erste Schritt" für die Commerzbank: Filial-Direktorin und Läuferin Lena Kuske.

Über die Wege zu einem, nennen wir es mal vorsichtig „fairen“ Bankwesen, hätte ich gerne persönlich mit Ihnen gesprochen, jenseits von Schwarz-Weiß-Malerei.

Denn jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt, den ich leider nicht tun kann.

Vor uns liegt ein langer Weg, bis zur Bank an unserer Seite. Bis dahin muss ich  eben beim Jogging mit der Parkbank Vorlieb nehmen.  

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Ihr Doktor Spar, alias Social Banking 2.0, der Kunde übernimmt die Regie

Kontakt: info(at)wellenenergie.de

P.S. Falls Sie sich doch nicht bei mir melden dürfen, weil Sie die Chefetage der Commzerbank nicht mit mir reden lässt, dann trainiere ich eben weiter hart. Wir sehen uns also auf einem der nächsten City-Marathon’s in Berlin, Frankfurt, Hamburg oder New York. Dann laufen wir gemeinsam die Strecke von 42 Kilometer und – reden mindestens bis zu Kilometer 25 über die kommende Generation unseres Bankensystems.

Written by lochmaier

November 25, 2012 at 9:30 am

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Banken-Fernsehwerbung: Spot an, Licht aus

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Banken und Versicherungen entdecken die bis dato rätselhafte Gruppe der „Selbstentscheider“ als relevante Zielgruppe für ihre Werbe- und Markentstrategie. Man bedient sich vier Jahre nach der Finanzkrise eines hippen und scheinbar gleichzeitig nachdenklichen Zeitgeistes. Doch ändert sich wirklich was? Vieles duftet nach altem Wein in neuen Schläuchen, so etwa bei der Commerzbank oder der Ergo Versicherung.

Wer einmal sehen will, wie die Commerzbank den Zeitsprung zurück in die alte, vermeintlich „nachhaltige“ Finanzwelt der achtziger Jahre geschafft hat, der sollte sich in voller Länge einmal diesen neuen Fernsehspot ansehen:

Den Hintergrund der Kampagne, für die in den kommenden Jahren ein dreistelliger Millionenbetrag eingeplant ist, erläutert ein Beitrag auf horizont.net.  Die dort präsentierte Lena Kuske und symbolträchtige Langstreckenläuferin, das passt gut zur Restrukturierung der Commerzbank, ist übrigens sogar „echt“. Sie arbeitet in Hamburg und leitet dort eine Filiale der Commerzbank.

Das „Live-Testimonial von Lena Kuske hat mich zu der verwegenen Idee gebracht, wenn die Commerzbank die Lektionen der Finanzkrise verstanden hat, dann müsste es doch auch möglich sein, die neue Sympathieträgerin für ein regionales, nachhaltiges und kundenfreundliches Banking zu interviewen.

Daraus wird aber nichts, die Presseabteilung der Commerzbank hat abgewunken. Frau Kuske steht für ein Interview nicht zur Verfügung, jedenfalls nicht zu dem Themenkreis „lessons learnt“ aus der Finanzkrise und neue Zukunftsperspektiven von Bankdienstleistungen.

Begründet wurde mir diese Absage von der Pressestelle der Commerzbank in Frankfurt im Telefonat mit dem Umstand, Frau Kuske sei zwar in einer Ausschreibung für die Kampagne „Erster Schritt“ ausgewählt worden. Sie spiele in dem Werbespot aber trotzdem „nur eine Rolle“ und könne somit nicht in strategischer Hinsicht für die gesamte Commerzbank sprechen. Darüber hinaus sei nicht geplant, Frau Kuske als Person oder Sprecherin in irgendeiner Form „zu vermarkten“.

Im Klartext: Denkbar wäre allenfalls eine Story gewesen, die die Vorzüge der neuen Bankenwerbung am Beispiel von Lena Kuske illustriert. Daran habe ich natürlich kein großes Interesse. Viel spannender wäre es, meine schon einmal vor zwei Jahren hier aufgeworfene Frage zu diskutieren: Commerzbank – Wieviel ist die Kundencharta wert? 

Mich interessieren echte Geschichten mit real existierenden Personen, und keine Werbespots, die mit der rauen Wirklichkeit nicht in Verbindung zu bringen sind. Und zwar einerseits durchaus jenseits von plumpem Bankenbashing, aber auch einem nur formal beim eigenen Image in der Öffentlichkeit vollzogenen Wandlungsprozess, der den „Selbstentscheider“ erneut aufs Glatteis führt, in dem Fall mit raffinierten visuellen Methoden, die eine neue Nachdenklichkeit suggerieren, aber in praktischer Hinsicht keine Konsequenzen nach sich ziehen. 

Lange Rede, kurzer Sinn: Glücklicherweise gibt es das Internet, wo man sich heute direkt mit den Menschen vernetzen kann. Da bin ich mal ganz frech und schreibe hier in einem Folgeeintrag:

Commerzbank lehnt Interview ab – Offener Brief an Lena Kuske

Keine Verbindung unter dieser Nummer? Die Stimmung bei den Aktionären der Commzerbank ist übrigens nicht ganz so gut, wie es der neue Werbespot suggerieren mag. Ein Beispiel sieht man hier:

Und wer jetzt wirklich begeistert ist, wie die Banken jetzt alle plötzlich den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Bestrebungen rücken, dem empfehle ich noch dieses Video der Ergo Versicherung hier, nach dem Motto „Versichern heißt Verstehen“:

Zur Markenstrategie der Ergo Versicherungen und ihrer Tochterunternehmen siehe auch meine früheren Beiträge:

Ergo Direkt Versicherungen 2.0: Radikalkur mit jugendlich-lässigem Imagewechsel?

Schlüpfrige Imagekampagne: Internetgemeinde firmiert Ergo in Orgo um

Fazit: Die schöne neue Markenwelt von Banken und Versicherungen atmet vordergründig den Geist der neuen Kundenbezogenheit. Die Welt dahinter sieht allerdings immer noch etwas anders aus, oder?

So wie eben der Wetterbericht der Ergo Versicherungen, der immer so kurz vor der ARD-Tagesschau um die beste Sendezeit in die deutschen Wohnzimmer flimmert. Da sträuben sich wirklich die Nackenhaare, oder stehen wir am Beginn eines neuen Bankenzeitalters, bei dem die Werbung die neue mediale Speerspitze darstellt?

Was halten die Leser denn von den neuen Markenkampagnen der Banken, sich fortan im neuen Zeitgeist als nachhaltig und kundenorientiert zu präsentieren, wieder mal eine neue Scheinwelt?

Hier geht es zum offenen Brief an die Commerzbank-Filialleiterin Lena Kuske.

Written by lochmaier

November 25, 2012 at 9:24 am

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USA im Öl- und Gasrausch: Mit Fracking zurück in die Energie-Steinzeit – Folgt Deutschland dem Trend?

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USA kann dank shale gas auf die große Ökorevolution verzichten

Die wichtigste Nachricht lautet deshalb: Das Zeitalter der Ausbeutung globaler Schiefergasvorkommen hat begonnen. Dabei handelt es sich Erdgas und Öl, die in tieferen Gesteinsschichten in der Erde gespeichert sind. Bislang war es technisch schwierig und teuer, diesen unterirdischen Speicher anzuzapfen. Das hat sich mit dem Fracking geändert. Mehr dazu in einer kleinen Übersicht via Wikipedia, einschließlich der Risiken und Nebenwirkungen dieser keineswegs ungefährlichen Gewinnungsmethode.

Der technische Fortschritt macht die erneuerbaren Energien aber gerade im Land der unbegrenzten Möglichkeiten neben neu aufgespürten Öllagerplätzen im großen Maßstab schlicht überflüssig.

Die bis dato geltenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen für die bislang tragenden Säulen in der US-Energiewende scheinen damit Makulatur. Warum sollte man Kostenfortschritte und Effizienzgewinne abwarten, wenn Öl und Gas um ein Vielfaches rentabler sind.

Worum geht es konkret? Das Land verfügt über gigantische Vorkommen. Einige sagen,  immerhin doppelt so viel wie die Gasproduktion in Russland seit 1990. Der Traum von der energieautarken Supermacht hat sich dadurch neu belebt.

Mitt Romney hat übrigens dazu schon vor der verlorenen US-Wahl gesagt, die Europäer könnten sich ja ihre Umweltbedenken zum Fracking leisten, wenn sie stattdessen dann die Energie von Amerika aus „einkaufen“. Aber es gibt auch Bestrebungen von Konzernen, das Verfahren im großen Stile in Europa anzuwenden.

Deutlich abzulesen in den USA ist der Trend an den fallenden Gas- und Strompreisen, die in den letzten Jahren um drei Viertel gesunken sind. Die Industrienation atmet auf. Nach Jahren der Depression gibt es nun einen Silberstreif am Horizont. Wen scheren da Bedenkenträger bei Umweltfragen noch, die gerade beim „Fracking“ durchaus ihrer Berechtigung haben.

Angesichts dieser Entwicklung hätte es fast keinen Unterschied gemacht, wer die politische Führung nach der US-Wahl übernommen hätte, ob Barack Obama oder Mitt Romney. Allenfalls in Nuancen scheint deren Programm zu variieren. Während Obama die Förderung der erneuerbaren Energien nicht so drastisch auf den Prüfstand stellen mag wie sein Widersacher, so votierte Romney bereits vor der Wahl vehement für fossile Energien. Die erneuerbaren sind eben doch was für ökologische Kleingartenzüchter.

Die Republikaner sind über gesetzliche Regelungen dazu bereit, die Förderung neuer Öl- und Gasvorkommen auf jegliche Art und Weise zu erleichtern. Auch wenn dafür Umweltinteressen gegenüber der Industrie zurückstehen.

Andererseits lässt sich dem entgegen halten, dass es sich bei Schiefergas um eine deutlich umweltfreundlichere Alternative als den CO2-Hauptverursacher Kohle handelt. Für deutsche Ohren klingt diese Beweisführung fast schon „pervers“.

Fracking: Deutschland als „Umweltwächter“?

Denn hierzulande haben viele Gemeinden und Kommunen sich bereits vehement gegen das Fracking ausgesprochen, siehe das aktuelle Beispiel Bodnegg in Süddeutschland. Auch ein Teil der Industrie zögert, vorsichtig formuliert.  Der vorläufige Fehlschlag mit ambitionierten Förder- und Lagermethoden wie den unterirdischen CO2-Speichern (Carbon-Capture-Storage) sitzt vielen noch im Nacken.

Deshalb wird in Europa die öffentliche Debatte um das Fracking, so lautet im Fachjargon das gängige Verfahren der Schiefergas-Förderung, deutlich intensiver und kontrovers geführt. Immer wieder machen Bilder von Wasserhähnen die Runde, die plötzlich Feuer fangen, sobald das Wasser heraus strömt.

In einer offiziellen Pressemitteilung sah sich gestern sogar der Verband kommunaler Unternehmen e.V. zu einer klaren Stellungnahme genötigt: Die Erschließung unkonventioneller Gasvorkommen dürfe auf keinen Fall zu einem Risiko für die öffentliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung führen.  

Da brodelt es in den eigenen Reihen. Mit der flächendeckenden Erschließung von Schiefergas könnte eine neue Dimension von Risiken entstehen, so der VKU weiter. Eine potenzielle Gefährdung für Grund- und Trinkwasservorkommen sei nicht auszuschließen. 

Neben den natürlichen Bohrrisiken müssten deshalb insbesondere der Einsatz und Verbleib von Chemikalien und die umweltgerechte Entsorgung des stark belasteten Flowback (Lagerstättenwasser) genauestens geklärt werden. Hier sei jetzt beim Fracking in Deutschland die Politik gefordert.

Fazit: Wieder einmal sind die Unterschiede zwischen den USA und Deutschland in, sagen wir einer zentralen „fortschrittsphilosophischen“ Frage gravierend, bedingt auch durch die jeweiligen geographischen Rahmenbedingungen.

Aber auch in den USA tobt eine Art medialer Schlacht, inklusive der Speerspitzen von Super-Hollywood-Promis, zur Frage, welchen Umweltpreis der Fortschritt via Fracking-Gasgewinnung haben darf, nachzulesen etwa im Schweizer Tagesanzeiger: Matt Damon versetzt US-Gaslobby in Alarmstimmung.

Kurzum, man kann das Thema Fracking und den zweiten Goldrausch mit Blick auf die „Energiewende“ in den USA so pointieren, wie es meine aktuelle Kolumne auf dem Wallstreetjournal andeutet:

WSJ: Obamas Energiewende – Fracking rauf, Erneuerbare Energien runter 

Noch ein kritisches Video dazu: Fracking Hell – The untold Story

Abschließend noch ein kleines „Propaganda-Video“ der Öl- und Gasindustrie, die zeigt, wie harmlos und umweltverträglich die Methode des Frackings ist:

Written by lochmaier

November 22, 2012 at 4:48 pm

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FTD vor dem Aus: Wo liegt die Zukunft des Wirtschaftsjournalismus?

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Auch in der Blogosphäre wird das mutmaßliche Aus der Financial Times Deutschland zum Anlass genommen, intensiv über die Zukunft des Wirtschaftsjournalismus zu debattieren. Hier nun meine Sichtweise, was ich unter einem innovativen Geschäftsmodell verstehe. Eines ist klar: Die neue Geldkuh bei digitalen Formaten steht nicht auf der grünen Wiese herum. Trotzdem sehe ich viele Chancen, freilich erst nach einer (selbst)-kritischen Bestandsaufnahme der existenten Defizite.    

Wer nun anhand einer offensichtlichen Sinnkrise eilfertig das Ende des Wirtschafts- und Finanzjournalismus in der bisherigen Funktionsweise proklamiert, übersieht eines: Nämlich, dass erprobte Alternativen kaum auf der Hand liegen. Denn die Existenzkrise relativiert sich dadurch, wenn man Leitmedien nicht in erster Linie als „höhere moralische Bildungsanstalt“ begreift, sondern in erster Linie als einen Wirtschaftsbetrieb ansieht, der den jeweils herrschenden Spielregeln verpflichtet ist. Dies bedeutet ein Stärken-Schwächen-Profil, das folgende Aspekte umfasst:

  • Die Wirtschaftsberichterstattung lebt vom Massengeschmack, nicht von den Randmeinungen
  • Es dominiert der Fokus auf die Global Player in der Wirtschaft
  • Das Gros der Finanzmeiden huldigt dem Herdentrieb an der Börse
  • Home Stories sind glatt und langweilig
  • Eine differenzierte Sicht auf die Wirtschaft interessiert nur wenige Leser
  • Eine „Sowohl-als-auch“-Tendenz in der Berichterstattung erscheint langweilig
  • Der zweite Blick hinter die Nachricht findet kaum statt
  • Schwindet der Einfluss klassischer Wirtschaftsjournalisten auf die Unternehmen und umgekehrt?

Wo aber liegt die Zukunft? Das Handelsblatt richtet sich stärker in Richtung Boulevardplatz aus, mit durchwachsenem Erfolg, denn valide Zahlen zum Erfolg sind schwer zu bekommen. Fest steht: Mit technischen Lösungen allein im Zuge einer Modernisierung der redaktionellen Prozesse und Abläufe lässt sich kaum ein neues tragfähiges Geschäftsmodell generieren.

Manche sehen mobile Endgeräte wie das iPad, mit deren Hilfe die Leser bequem und zeitnah Informationen abrufen können, als neue Heilsbringer an. Jedoch entbindet dies die Verantwortlichen nicht von der brennenden Frage, mit überzeugenden Inhalten beim Leser zu punkten, gerade wenn es um neue Bezahlmodelle im Netz geht.

Eine Blaupause für ein funktional logisches Geschäftsmodell scheint hier bislang nirgendwo erkennbar. Somit bleibt es fraglich, für welche Qualität der Kunde bereit ist zu zahlen, wenn andernorts – etwa in der Blogosphäre oder auf weiteren einschlägigen Seiten – sich die Inhalte genauso gut aufspüren und nachvollziehen lassen.

Aber auch das von Medienmachern gelegentlich ins Spiel gebrachte Credo, alternativ mit kostenlosen Inhalten plus flankierender Werbung zu punkten, erweist sich kaum als ziel führende betriebswirtschaftliche Lösungsformel.

Fest steht vielmehr, dass sich die Grenzen zwischen Innen- und Außenwahrnehmung beim kollaborativen Journalismus weiter auflösen werden. Der inhaltliche Megatrend zur Differenzierung am Markt besteht darin, neue Wege im konstruktiven Kapitalismus aufzuzeigen. Lesercommunities und eine dadurch erhöhte Dialogbereitschaft gehören nicht nur zur schicken Fassade, wenn Macher und Rezipienten sich auf Augenhöhe begegnen.

Eine deutlich bürgernahere und weniger hierarchisch gruppierte Wirtschafts- und Finanzberichterstattung dürfte die Folge sein, bei der sich Fach- und Gastbeiträge um aktive Feed back-Elemente über unterschiedliche Frequenzen und Kanäle ergänzen. Wohl gemerkt, es geht hier nicht darum, den „Bürgerjournalismus“ als neue seligmachende Alternative zu glorifizieren.

Social Media: Versierte Blogformate hauchen frisches Leben ein

Unzählige Blogs und Beiträge in sozialen Netzwerken zeigen das große Spektrum an Ideen und Meinungen auf, anhand derer sich die Leser neben den Massenmedien, die das große Bild weiterhin prägen, ein intensives Bild über die aktuellen Geschehnisse und deren Hintergründe machen können.

Natürlich führt die steigende Zahl von Blogformaten auch dazu, dass die Ware Information zum rasch veröffentlichten und oftmals wenig aussagekräftigen Allgemeingut wird – und indirekt den medialen Überfluss sogar weiter befördert. Jedoch geht es in diesem Szenario nicht darum, klassische Medien durch individuelle Blogs gänzlich zu ersetzen, sondern diese hinter dem „Eisernen Vorhang“ hervorzuholen und durch vielseitige Blickwinkel von gewissen Erstarrungsritualen und Schablonen zu befreien.

Zweifellos spielen profilierte Wirtschafts- und Finanzblogs künftig zumindest in der qualitativ hochwertigen Nische eine prägende Rolle, dessen Charme sich auch der mediale Durchschnitt nicht entziehen wird. Eine visionäre Entwicklung in Richtung „Wirtschafts- und Finanzjournalismus 2.0“ scheint greifbar, die ihren Markt von den medialen Rändern her ausweitet. Einige Online-Portale mit Blogcharakter kombinieren bereits heute auf geschickte Art und Weise die Welt der Nachrichten mit hintergründiger Berichterstattung. Sie gehören auch zu den von gängigen Leitmedien immer öfters zitierten Quellen, wenn es sich um exklusive Geschichten oder persönlich eingefärbte Hintergrundberichte handelt.

Fazit: Einbahnstraßenkanäle und selektives Nachrichtenmanagement mit vermeintlich exklusiven Geschichten verlieren angesichts einer neuen Medienvielfalt an Gewicht. Zweifellos verstärkt sich dadurch der Trend zum personalisierten Wirtschafts- und Finanzmedium im Netz, mit einer weiteren Vertiefung in Richtung Themen- und Spartenkanäle, die der geneigte Leser in einer Art Baukastenprinzip individuell konfigurieren kann.

Dies führt dazu, dass gerade die Leitmedien nicht umhin kommen, neue Spieler wie Blogs, soziale Medienkanäle oder andere vermeintlich rudimentäre Nachrichtenseiten ernst zu nehmen und sukzessive kreative Spielelemente in ihr eigenes Geschäftsmodell einfließen zu lassen.

Dadurch wächst die Nische für „echte“ Geschichten, mit unterschiedlichen Akteuren und Unternehmern zum Anfassen. Die Berichterstattung bewegt sich damit partiell, verstärkt durch den sozio-ökonomischen Paradigmenwandel in der Finanzwelt, weg von Stereotypen und Hochglanzbildern, zumindest wenn diese einer genaueren Überprüfung durch die Gesellschaft nicht mehr stand halten.

Dieser Trend birgt für die künftige Generation von Wirtschafts- und Finanzjournalisten eine große Chance in sich, indem sie neuen Charakter einer ungleich stärker vernetzten Ökonomie 2.0 in seiner ganzen medialen Vielfalt wider spiegelt und aktiv begleitet. Eine Studie von Deutsche Bank Research zum Umbruch im Verlagswesen[1] bündelt diese Einschätzung in der Überzeugung, dass sich die Trennlinie zwischen Medienkonsument und Medienmacher über dezentral gruppierte Kommunikationskanäle, die sich mit Begrifflichkeiten wie Social Media und anderen dezentralen Medienformaten verbinden, weiter auflösen wird. Für so manchen war dies bisher ein Satz aus der grauen Forschungstheorie, ohne Relevanz für die tägliche Arbeit. Mit dem Aus der FTD, das vielschichtige Ursachen hat, erhält diese These neue Nahrung.

Nicht nur eröffnet dieser Umstand seitens der Wirtschafts- und Finanzmedien die Chance, jenseits von modischen Accessoires eine bi-direktionale Beteiligungswelle mit effizientem Zuschnitt einzuleiten. Das neue Rollenspiel bietet darüber hinaus die Option, die eigene Wertschöpfungskette gründlich an die neuen Erfordernisse anzupassen sowie belebende Konzepte daraus zu entwickeln.

Daraus könnten schließlich neue Formate und Opportunitäten erwachsen, um das eigene Profil, die Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Verweildauer zu schärfen oder gar zu erhöhen. Eine deutlich größere Medienvielfalt von unten bietet somit gerade für Fachverlage, aber auch für versierte und offene Wirtschafts- und Finanzjournalisten die Chance, sich über Mehrwertdienste am Markt zu (re)differenzieren.


[1] Siehe dazu DB Research: Verlage im Umbruch – Digitalisierung mischt Karten neu v. 30.10.2010. 

Written by lochmaier

November 21, 2012 at 3:02 pm

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Hello CFO World: Der bloggende Finanzchef via Social TV

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Heute starte ich eine neue Kolumne auf den Online-Seiten von CFO World. Darin bündele ich relevante Themen an der Schnittstelle zwischen Informationstechnologie, Energie, Banken und Finanzen, also meinen „Leib-und-Magen-Arbeitsgebieten“. Im ersten Beitrag zeige ich die Chancen auf, die der bloggende Finanzchef einnimmt, neudeutsch Chief Financial Officer (CFO). Bevor ich ganz unten auf den Link zu dem Beitrag verweise, für die Leser von Social Banking 2.0 noch eine kleine Einführung, worum es bei dem Begriff „Social TV“ geht, ein Mix zwischen Social Media und (interaktivem) TV.

Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) dürften in Deutschland im Jahr 2012 rund 19 Millionen mobile Endgeräte (Smartphones) verkauft worden sein. Diese verfügen in der Regel über einen Zugang zum Internet. Dies zeigt, dass in der digitalen Welt Produkte mit integrierter Netzanbindung längst den Ton angeben.

Denn der private Verbraucher möchte zu jeder Zeit und von fast jedem Standort aus lesen und kommunizieren. Im Zuge dieser Entwicklung ändert sich auch das Konsumverhalten, denn Bewegtbilder spielen in diesem Zusammenhang eine immer größere Rolle. Die Videoplattform Youtube ist dabei nur eine unter zahlreichen Plattformen, um von unterwegs kleine Bild- und Tonbotschaften zu konsumieren.

Ebenso dynamisch wie bei den kleinen Alleskönnern wie Smartphones und Mini-Notebooks wachsen die Umsatzzahlen bei Fernsehgeräten. Im vergangenen Jahr dürften laut GfK rund 10 Millionen Stück verkauft worden sein, immerhin doppelt so viele als im Jahr 2006. Der künftige Trend geht hier laut den Marktforschern analog zum Auto eindeutig in Richtung Zweit- und Drittgerät pro Haushalt.

Seit der Markteinführung im Jahre 2009 ist die Zahl der internetfähigen Fernsehgeräte auf rund 10 Millionen angewachsen. Marktforscher rechnen damit, dass bereits in vier Jahren zwei von drei Fernsehgeräten direkt mit dem Internet vernetzt sein werden. Auch gewisse Kinderkrankheiten in der technischen Benutzerfreundlichkeit dürften bis dahin beseitigt worden sein.

Gekennzeichnet ist der Trend in Richtung Social TV durch eine stärkere Individualisierung des Kommunikationsverhaltens, wodurch der Nutzer sich aktiv in ein gerade laufendes Programm einbringt. Von manchen kritischen Beobachtern immer noch als kurzlebige Modeerscheinung abgetan, hat sich mittlerweile das Kommentieren von populären Fernsehsendungen sowohl bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als auch den Privatmedien etabliert.

Erstaunlicherweise erfasst der Trend, das laufende Fernsehprogramm parallel zu kommentieren, nicht nur bei Casting-Shows oder großen Sportveranstaltungen, zum Beispiel bei einem Fußballspiel, sondern tangiert auch Bildungsprogramme. Technisch gesehen gibt es hier jedenfalls keine Barriere mehr. Der Nutzer installiert dazu meist ein kleines maßgeschneidertes Zusatzprogramm (App) auf dem Zweitgerät, also seinem Smartphone, mit dessen Hilfe er dann chatten, kommentieren und sich direkt mit anderen Kommentatoren des Geschehens vernetzen kann.

Bemerkenswert ist dabei in diesem Zusammenhang, dass bislang passive Fernsehkonsumenten auch aktuelle Nachrichten aufgreifen, oder aber die Nutzer diskutieren in Kurzform kontroverse Themen von allgemeinem Interesse. Dabei unterscheiden die Medienforscher von Goldmedia zwei unterschiedliche Nutzertypologien.

Erstens, der „Infotyp“, der Informationen aktiv und kontinuierlich über seine sozialen Medienkanäle beziehungsweise individuellen Netzwerke weiter verbreitet. Zweitens, der „Entertainment-Typ“, der konkrete Veranstaltungen und Ereignisse kommentiert und meist plakativ und in subjektiver Art und Weise bewertet.

Nun aber zum eigentlichen Thema, was der Trend „Social TV“ für die Finanzchefs von Unternehmen bringen kann. Dabei geht es natürlich nicht um eine modische Anpassung oder gar Anbiederung an die schicke interaktive Medienwelt, sondern um das Ausloten von fachlich-kommunikativen Potenzialen zu den unterschiedlichen „stakeholdern“. Aber lesen Sie doch selbst meine erste Kolumne auf CFO World:

Social TV: Wenn der CFO doch über Geld redet 

Written by lochmaier

November 20, 2012 at 8:22 am

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SPD-Kanzlerkandidat (a.De): Wie Banken-Bashing Peer Steinbrück ins Abseits stellt

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Was hat der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mit Christian Wulff, zu Guttenberg und Norbert Röttgen gemeinsam? Er ist ein Kandidat der Vergangenheit. Wer wie die SPD bei der kommenden Bundestagswahl zentral auf das Banken-Thema setzt, sollte den richtigen Kandidaten an Bord haben. Meine These: Es ist wahrscheinlich, dass Steinbrück noch vor dem 9. Dezember den Rückzug antritt.

Am 28. Oktober 2010 schrieb ich nach einem Vortrag von Peer Steinbrück, dem ich als Medienvertreter auf dem Deutschen Logistikkongress in Berlin beiwohnte, folgende Passage in diesem Weblog Social Banking 2.0 – darin ging es um die Einordnung der Proteste bei Stuttgart21, die damals in vollem Gange waren:

Es liegt zweifellos etwas Neues in der Luft. Das merkt man daran, wie vehement und konträr diskutiert wird. Und die Finanzkrise war der letzte unter einigen anderen Auslöser, auch wenn einige das noch nicht wahr haben wollen. Auch Peer Steinbrück nicht, denn auch er präsentierte auf derselben Veranstaltung, zu der sich das who’s who der Logistikbranche versammelt hatte, nur sattsam bekanntes.

So verteidigte Steinbrück die Politikerkaste mit dem scheinbar so eingängigen Argument, wer soll denn sonst die Demokratie “managen”, die Gerontokratie, also die unberechenbare und chaotische Herrschaft der alten Bürger, die den Jungen immer mehr (Lasten) aufbrummen? Oder ein paar von der direkten Demokratie fehl geleitete Gruppen? Da war es wieder, das kleine Gespenst  von zu viel Freiheit und Autonomie des Einzelnen oder kleiner Gruppen. 

Was Peer Steinbrück sagte, war, im historischen Rückspiegel betrachtet, umso merkwürdiger, als dieser ja zu den Architekten der marktliberalen Finanzmarktarithmetik zu rechnen ist, vor über zehn Jahren – immerhin eine der nicht unwichtigen strukturellen Treiber für die Exzesse auf dem internationalen Finanzparkett.

Mal ganz abgesehen, dass die Rendite für den mündigen Bürger bei jenen Produkten, die die letzten Regierungen der Finanzindustrie so maßvoll zur Oberregie überlassen hat, oftmals kaum stimmig ist.

Wohl gemerkt, so manches was Ex-Finanzminister Peer Steinbrück jetzt in die Runde wirft, ist durchaus nachdenkenswert. Aber man hat bei einem gewissen Teil der ”Eliten”, sorry für diese Pauschalierung, den Eindruck, dass sie die Welt nur noch im Heckwasser ihrer Sommeryachten betrachten. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.   

Quelle: Social Banking 2.0 v. 28.10.2010; Stuttgart21: Wie man Bürger an Großprojekten beteiligen kann …

Nun geht es hier nicht um Stuttgart21, sondern um Peer Steinbrück. Er hat viele Vorträge gehalten, vor allem für Banken, so viele, dass man sich fragt, wie er sein Bundestagsmandat noch halbwegs ordentlich ausfüllen konnte. Hätte er eine Beratungsfirma gehabt und sein Mandat ruhen lassen, wäre dies noch irgendwie okay.

So aber wird die ganze „Scheinheiligkeit“ der SPD-Kampagne gegen die Banken, die auf mehr staatliche Kontrolle und Regulierung setzt, richtig offensichtlich. Und Steinbrück benötigt, um nicht schon vor dem 9. Dezember über den „Markt“ zu stürzen, viel Rückendeckung.

Reflexartig eilen ihm nun die SPD-Granden Franz Müntefering und Gerhard Schröder zu Hilfe, was zeigt, auch hier naht bei einem Alphamännchen die Götterdämmerung, noch bevor er gegen Angela Merkel überhaupt ins Rennen ziehen kann.

Siehe dazu auch mein Artikel vom Februar dieses Jahres:

Wahlk(r)ampf 2.0: SPD läuft mit Bankengespenst ins Leere 

Die Stadtwerke Bochum dienen nun als Symbol, um zu zeigen, hier schöpfen Eliten aus dem Vollen. Wer arbeitet, ist doch dumm! Jeder hat einen „Markt“, fragt sich bloß zu welchem Preis. 

Links blinken, rechts überholen, so das Motto Peer Steinbrücks. Vom Saulus zum Paulus ist heute kein Problem mehr, innere Haltungen lassen sich flexibel verschieben, je nach Bedarf und Zeitgeist. Wer zahlt dafür schon seinen „Preis“?

Für Normalverdiener ist man so nicht wählbar. Steinbrück ist auch einer der Architekten der sogenannten liberalen neuen Finanzordnung, die mitverantwortlich für die spätere Finanzkrise war. Angesprochen darauf,  reagiert er einsilbig. Jeder macht mal Fehler, oder so…

Genau, nur werden manche nicht mehr bestraft dafür, sondern sogar noch belohnt. Außer vielleicht in diesem Fall von der Geschichte. Denn Steinbrück könnte sich mitten in die geschassten CDU-Granden einfügen, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben.

Nur fehlt es der SPD an einer wirklichen Alternative, denn der gemütliche Sigmar Gabriel oder die blasse Andrea Nahles verkörpern kaum eine neue Zeitrechnung. Das aber wird den Fall von Peer Steinbrück ins Abseits nicht aufhalten.

Versuchen wir es abschließend mit einer Prise Humor aus der geschlossenen Anstalt. Kabarettist Erwin Pelzig erklärt uns hier die große Krakenwelt von Goldman Sachs:

Written by lochmaier

November 14, 2012 at 8:19 am

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Energiewende: Neues vom Stromzähler auf Japanisch und Deutsch

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Beginnen wir mit einem Sprachkurs auf Japanisch, denn nicht nur das Handy versteht mittlerweile diese Sprache. Kurzum: Die Akzeptanz für Erneuerbare Energien wächst dort. Seit der Nuklearkatastrophe in Fukushima vor eineinhalb Jahren scheint der Ausstieg aus der Atomenergie ins Stocken zu geraten. Doch hinter den Kulissen gewinnen alternative Technologien an Bedeutung und verleihen der Energiewende an Durchschlagskraft.

Manche Experten sahen das Land schon auf den Pfad von Angela Merkel einschwenken. Denn Mitte September verabschiedete das japanische Kabinett eine Roadmap zur nationalen Energiewende und votierte damit für den verbindlichen Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2030. Kurze Zeit später ruderte die Regierung auf Druck der Atomindustrie allerdings wieder zurück und vertagte den endgültigen Ausstieg vorerst auf das Jahr 2040. Japans Weg ins umweltfreundliche Industriezeitalter scheint sich nun doch holpriger zu gestalten als ursprünglich angenommen.

Im Unterschied zu Deutschland, das bereits heute in der Lage ist, ein Viertel seines Strombedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken, fristen diese in Japan ein Schattendasein. Ihr Anteil an der Stromversorgung beträgt noch nicht einmal ein Prozent, rechnet man die ebenfalls umweltfreundliche Wasserkraft hinzu, sind es immerhin knapp zehn Prozent. Ein Großteil des japanischen Energiebedarfs wird also immer noch durch Atomstrom gedeckt.

Trotzdem die Zahlen nach wie vor eindeutig zugunsten der klassischen Energiequellen ausfallen, ist nicht zu übersehen, dass sich die Bemühungen, die energieeffizienten und erneuerbaren Technologien auszubauen, seit der Atomkatastrophe von Fukushima stark intensiviert haben. So entsteht in der südjapanischen Stadt Kagoshima gerade ein großer Solarpark. Auf den Inseln Gotō vor Nagasaki wird die dezentrale Stromversorgung auf Basis der Erneuerbaren getestet. Und selbst am Unglücksort, im Meer vor Fukushima, soll in den kommenden zehn Jahren ein größerer Offshore-Windpark entstehen, sofern sich die Machbarkeitsstudien als tragfähig erweisen.

Lesen Sie mehr, was sich hinter der japanischen Energiewende verbirgt, in der Stromzähler-Kolumne im Wallstreet Journal Deutschland:

WSJ: Energiewende auf Japanisch 

Wer es jetzt doch lieber auf Deutsch mag, auch für den hätte ich eine kleine Gesichte parat. Ich habe einmal die Kosten-Nutzen-Rechnung zur Energiewende, insbesondere zum Netzausbau , genauer unter die Lupe genommen. Denn der Bürger sitzt mit seiner „Stromdividende“ hier sowieso mit im Boot.  

Bekanntlich versteht der neue Macher der Energiewende, Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) sich Partei übergreifend exzellent mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Nun aber gibt es bei dem neuen Dreamteam ein kleines Problem: Die Energiewende kostet (zu) viel Geld, was beide Ressorts nicht sonderlich gerne mögen. Und genau deshalb ziehen der Philipp und der Peter plötzlich an einem Strang.

In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ließ Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) dieser Tage mit einem Geistesblitz aufhorchen. Denn das Schwergewicht bringt für die Finanzierung der Energiewende eine leichte Anleihe mit Bürgerdividende ins Spiel. Sie soll dazu beitragen, den milliardenschweren Netzausbau auf elegante Art und Weise vorzufinanzieren. Das Volumen dieser Bürgeranleihe wäre auf rund fünf Milliarden Euro angesetzt, rund 15 Prozent des für den Netzausbau benötigten Finanzvolumens.

In welcher Form das Zukunftsprojekt zur dezentral vom Bürger co-finanzierten Energiewende auf die Spur gebracht werden soll, blieb bei dieser Verlautbarung über das führende Wirtschaftsmedium FAZ wieder einmal im Unklaren. Wie hätten Sie es denn gern, ein Genussschein? Darlehen? Oder möchten Sie eine Schuldverschreibung? Mit den klein gedruckten Details in komplizierten Finanzfragen möchte uns das Bundesumweltministerium (BMU) nicht weiters belästigen. Der Bürger hat vom Geld doch sowieso keine Ahnung, es sei denn, es dreht sich um höhere Steuern.

Der Bürger wird zum Investor, so oder so …

Das Kalkül dahinter: Der vom BMU zum Investor geadelte Staatsbürger wäre ab 500 Euro bei der Energiewende als aktiver Gestalter eingekauft – und würde im Gegenzug – von wem auch immer – eine garantierte Rendite von fünf Prozent einstreichen. Das wäre immerhin deutlich mehr als jeder Guthabenzins bei einer Bank, mag da mancher Investitionswillige ungeprüft in den Chor einstimmen. Ob der durch steigende Strompreise genervte Verbraucher aber wirklich zugreift bei diesem verlockenden Angebot, das steht, wie so vieles andere bei der Energiewende, noch in den Sternen.

Lesen Sie mehr zur deutschsprachigen Energiewende in meinem folgenden Beitrag auf Heise Telepolis:

Heise TP:  Wie bezahlt der Bürger am Ende die Energiewende?  

Written by lochmaier

November 9, 2012 at 2:22 pm

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Bank 2.0: Neues aus der Bunti-Klicki-Welt

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Wie schnell oder langsam sich das Rad der neuen Bankengeneration dreht, das entscheidet nicht zuletzt der Verbraucher, sprich Nutzer. Derzeit scheint der große Hype abgeklungen und eine starke Wachstumsdynamik nicht in Sicht. Einige der Protagonisten wie Fidor Bank und Smava haben Rücksetzer zu verzeichnen. Und neue Himmelsstürmer wie die Crowdinvesting-Plattform „Bergfürst“ kämpfen mit rechtlichen Tücken und Fallstricken, neben dem grundsätzlichen Erklärungsbedarf um die neue Generation von Bankdienstleistungen.

Schaut man sich den deutschen Vorreiter für das Social Lending Smava an, so wird deutlich, das Social Banking der zweiten internetbasierten Generation ist im Mainstream angekommen. Deutliches Zeichen dafür ist, dass die Berliner Plattform jetzt für Autokredite und für Bankkredite von Drittanbietern wirbt. Der richtig große Wurf blieb bei Smava hingegen aus, die Wachstumsdynamik des ursprünglich anvisierten Geschäftsmodells war zu gering, im Fachjargon ausgedrückt, das Peer-to-Peer basierte Kreditmodell skalierte in den vergangenen vier Jahren nicht rasch genug, um so richtig profitabel zu sein.

Wie es dem neuen Shootingstar Bergfürst, einer ebenfalls in Berlin angesiedelten Crowdinvesting-Plattform gehen wird, steht noch in den Sternen. Im Frühjahr in eine Art Betaphase gestartet, hat vor allem die rechtliche Etablierung gedauert. Jetzt hat die Bafin ziemlich viele Daumenschrauben angelegt, denn nicht nur muss der Betreiber erheblich Eigenkapital fix vorhalten, sondern auch regelmäßig an die Behörde „reporten“. Mehr zu Chancen und Fallstricken beim Crowdinvesting vermittelt ein Artikel in der Frankfurter Rundschau.

Andere Betreiber wie United Equity warten nur darauf, bis sich hier eine Art Königsweg beim Crowdinvesting etabliert. Das jedoch dürfte weit langsamer der Fall sein, als es der allgemeine Hype ums Crowdfunding vermuten lässt. Denn es geht hier nicht ums Spenden, sondern um unternehmerische Investments, weshalb die privaten Geldgeber genau hinschauen, ob sie hier nur einem kleinen Wirbelwind aufsitzen, oder aber Geld in eine vielversprechende Geschäftsidee hinein stecken, deren Risiken überschaubar bleiben.  

Wie sieht es mit dem deutschen Flaggschiff der Fidor Bank aus? Kürzlich erst hat das Müncher Web-2.0-Institut für Neukunden das klassische Tagesgeld aus dem Programm genommen. Laut Geschäftsführer Matthias Kröner soll dies jedoch kein Rückzug sein, sondern eine strategische Neupositionierung rund um die bis Frühjahr 2013 erweiterten „eWallet“. Lesen Sie dazu auch den Kommentar von M. Kröner auf den Online-Seiten der Stiftung Warentest.

Fazit: Es gibt unzählige kleine Startups, mit zum Teil exzellenten Konzepten und Ideen, die als (Social) Bank 2.0 auf den Durchbruch hoffen, entweder in Eigenregie oder aber als Lösungspartner in einem größeren Ganzen. Der grundsätzliche Interessenkonflikt ist jedoch ebenso schwer aufzulösen, wie es emanzipierte Anleger braucht, die es gewohnt sind, mit dem Geld unternehmerisch zu agieren. Schaut man sich etwa die letzten Bilanzzahlen der Fidor Bank an, so wird deutlich, dass der Spagat zwischen Web 2.0 und dem Kerngeschäft extrem komplex ist (wohl gemerkt, ich sage nicht, das Glas ist halb leer…).  

Will heißen: Es wird noch einige Jahre dauern, bis wir eine wirklich erfolgreiche „web 2.0-basierte Crowdfunding-Bank“ im größeren Maßstab sehen werden. Das Gros der Banken hat derweil ganz andere Sorgen, man drückt auf die Kostenbremse. Es grassiert die Angst vor Stellenstreichungen. Es dominiert die Furcht vor unzähligen neuen gesetzlichen Regelungen, die Ressorucen binden und ebenso die Kosten nach oben treiben.

Anders ausgedrückt: Money kills Service Innovation

Wo bleibt da noch Spielraum für die Innovation jenseits von ein bisschen Social Media Präsenz im Kerngeschäft? Insofern haben es die neuen Himmelsstürmer schwer, sich auf kürzere Sicht als Alternative zum klassischen Bankwesen zu etablieren. Oder?

Written by lochmaier

November 2, 2012 at 3:35 pm

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