Banken-Fernsehwerbung: Spot an, Licht aus
Banken und Versicherungen entdecken die bis dato rätselhafte Gruppe der „Selbstentscheider“ als relevante Zielgruppe für ihre Werbe- und Markentstrategie. Man bedient sich vier Jahre nach der Finanzkrise eines hippen und scheinbar gleichzeitig nachdenklichen Zeitgeistes. Doch ändert sich wirklich was? Vieles duftet nach altem Wein in neuen Schläuchen, so etwa bei der Commerzbank oder der Ergo Versicherung.
Wer einmal sehen will, wie die Commerzbank den Zeitsprung zurück in die alte, vermeintlich „nachhaltige“ Finanzwelt der achtziger Jahre geschafft hat, der sollte sich in voller Länge einmal diesen neuen Fernsehspot ansehen:
Den Hintergrund der Kampagne, für die in den kommenden Jahren ein dreistelliger Millionenbetrag eingeplant ist, erläutert ein Beitrag auf horizont.net. Die dort präsentierte Lena Kuske und symbolträchtige Langstreckenläuferin, das passt gut zur Restrukturierung der Commerzbank, ist übrigens sogar „echt“. Sie arbeitet in Hamburg und leitet dort eine Filiale der Commerzbank.
Das „Live-Testimonial von Lena Kuske hat mich zu der verwegenen Idee gebracht, wenn die Commerzbank die Lektionen der Finanzkrise verstanden hat, dann müsste es doch auch möglich sein, die neue Sympathieträgerin für ein regionales, nachhaltiges und kundenfreundliches Banking zu interviewen.
Daraus wird aber nichts, die Presseabteilung der Commerzbank hat abgewunken. Frau Kuske steht für ein Interview nicht zur Verfügung, jedenfalls nicht zu dem Themenkreis „lessons learnt“ aus der Finanzkrise und neue Zukunftsperspektiven von Bankdienstleistungen.
Begründet wurde mir diese Absage von der Pressestelle der Commerzbank in Frankfurt im Telefonat mit dem Umstand, Frau Kuske sei zwar in einer Ausschreibung für die Kampagne „Erster Schritt“ ausgewählt worden. Sie spiele in dem Werbespot aber trotzdem „nur eine Rolle“ und könne somit nicht in strategischer Hinsicht für die gesamte Commerzbank sprechen. Darüber hinaus sei nicht geplant, Frau Kuske als Person oder Sprecherin in irgendeiner Form „zu vermarkten“.
Im Klartext: Denkbar wäre allenfalls eine Story gewesen, die die Vorzüge der neuen Bankenwerbung am Beispiel von Lena Kuske illustriert. Daran habe ich natürlich kein großes Interesse. Viel spannender wäre es, meine schon einmal vor zwei Jahren hier aufgeworfene Frage zu diskutieren: Commerzbank – Wieviel ist die Kundencharta wert?
Mich interessieren echte Geschichten mit real existierenden Personen, und keine Werbespots, die mit der rauen Wirklichkeit nicht in Verbindung zu bringen sind. Und zwar einerseits durchaus jenseits von plumpem Bankenbashing, aber auch einem nur formal beim eigenen Image in der Öffentlichkeit vollzogenen Wandlungsprozess, der den „Selbstentscheider“ erneut aufs Glatteis führt, in dem Fall mit raffinierten visuellen Methoden, die eine neue Nachdenklichkeit suggerieren, aber in praktischer Hinsicht keine Konsequenzen nach sich ziehen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Glücklicherweise gibt es das Internet, wo man sich heute direkt mit den Menschen vernetzen kann. Da bin ich mal ganz frech und schreibe hier in einem Folgeeintrag:
Commerzbank lehnt Interview ab – Offener Brief an Lena Kuske
Keine Verbindung unter dieser Nummer? Die Stimmung bei den Aktionären der Commzerbank ist übrigens nicht ganz so gut, wie es der neue Werbespot suggerieren mag. Ein Beispiel sieht man hier:
Und wer jetzt wirklich begeistert ist, wie die Banken jetzt alle plötzlich den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Bestrebungen rücken, dem empfehle ich noch dieses Video der Ergo Versicherung hier, nach dem Motto „Versichern heißt Verstehen“:
Zur Markenstrategie der Ergo Versicherungen und ihrer Tochterunternehmen siehe auch meine früheren Beiträge:
Ergo Direkt Versicherungen 2.0: Radikalkur mit jugendlich-lässigem Imagewechsel?
Schlüpfrige Imagekampagne: Internetgemeinde firmiert Ergo in Orgo um
Fazit: Die schöne neue Markenwelt von Banken und Versicherungen atmet vordergründig den Geist der neuen Kundenbezogenheit. Die Welt dahinter sieht allerdings immer noch etwas anders aus, oder?
So wie eben der Wetterbericht der Ergo Versicherungen, der immer so kurz vor der ARD-Tagesschau um die beste Sendezeit in die deutschen Wohnzimmer flimmert. Da sträuben sich wirklich die Nackenhaare, oder stehen wir am Beginn eines neuen Bankenzeitalters, bei dem die Werbung die neue mediale Speerspitze darstellt?
Was halten die Leser denn von den neuen Markenkampagnen der Banken, sich fortan im neuen Zeitgeist als nachhaltig und kundenorientiert zu präsentieren, wieder mal eine neue Scheinwelt?
Hier geht es zum offenen Brief an die Commerzbank-Filialleiterin Lena Kuske.
[…] nun folgende Beitrag wurde inspiriert durch den vorigen Blogeintrag Banken-Fersehwerbung: Spot an, Licht aus. Darin habe ich die Commerzbank um ein Interview mit einer Protagonistin des neuen Fernsehspots […]
Commerzbank lehnt Interview ab – Offener Brief an Lena Kuske « Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie
November 25, 2012 at 9:32 am
[…] Social Banking 2.0: Banken-Fernsehwerbung: Spot an, Licht aus […]
Kleine Presseschau vom 26. November 2012 | Die Börsenblogger
November 26, 2012 at 12:03 pm