Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Archive for Juni 2010

Noa Bank: Hoffnungsträger zieht die Notbremse

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Wo gibt es sowas: „Die Bank, die kein Geld mehr will“ (und keiner weiß ganz genau warum) – so titelt es jedenfalls heute n-tv online:

http://www.n-tv.de/ratgeber/anlegensparen/Die-Bank-die-kein-Geld-mehr-will-article954981.html 

Immerhin rund 290 Millionen Euro haben Kunden der Noa Bank in den vergangenen neun Monaten seit Gründung anvertraut. Die anfängliche Euphorie über ein transparentes Banking jenseits von Spekulation und Gewinnmaximierung traf gerade nach der Finanzkrise den Nerv der Zeit und jenen der Anleger. Nun berichtet Nachrichtensender n-tv:

Neu Kunden werden schon seit einigen Wochen nicht mehr akzeptiert. Doch jetzt können selbst Bestandskunden auf ihr Tagesgeldkonto kein Geld mehr transferieren. In der Praxis soll dies dazu führen, dass Überweisungen auf Tagesgeldkonten zurückgewiesen werden und Sparpläne, wo ein monatlicher Betrag zugunsten eines Tagesgeldkontos transferiert wird, ausgesetzt werden. Wie lange dieser Zustand andauert, ist noch unklar.

Quelle: n-tv.de

Fazit: Die Schwierigkeiten, die unternehmerische Wachstumsdynamik produktiv und verlässlich zu managen, scheinen sich nun auszuweiten. Deutlich wird dies in einem Blogeintrag vom 24.06., in dem der Gründer Francois Jozic den Kunden mitteilt, dass die noa bank  „aufgrund des enormen Wachstums  die Festgeldvergabe und die Tagesgeldannahme einfriert“.

Wer sich die Kommentare der irritierten Kunden ganz unten etwas genauer durchliest, wird feststellen, dass die Verunsicherung doch deutlich wächst, weil nicht klar ist, welche unternehmerischen Horizonte die Bank anpeilt.

Ein Grund: Social Media wird nicht regelmäßig und systematisch genug eingesetzt, um die Kunden in die „Black Box Bank“ wirklich hinein blicken zu lassen. Das ist aber gerade in der frühen Wachstumsphase notwendig, um das zarte Pflänzchen namens Vertrauen zu binden. Vertrauen muss man sich permanent erarbeiten.

Die Noa Bank teilt jedoch weder genau mit, wann wieder Geld angenommen wird, noch welche sonstigen strategischen Schritte eingeleitet werden, um das Wachstum – und hier vor allem die Kreditvergabe – in Gang zu bringen, um einen Gleichklang zwischen den unterschiedlichen geschäftlichen Aktivitäten herzustellen (einschließlich Noa Factoring).

Die Folge sind weitere Presseartikel, die die Verunsicherung verstärken:

http://www.arbeitsgemeinschaft-finanzen.de/weblog/20100630/noa-bank-setzt-tagesgeldkonto-fuer-neu-und-bestandskunden-aus.php

http://www.tagesgeld-uebersicht.de/news/news_1277871540.htm

Das Bankingportal stellt nun die Frage: Sieht so ein neues Banken-Geschäftsmodell aus?

http://www.bankingportal24.de/finanzredaktion/595/ausverkauft-die-dritte-noa-bank-stellt-festgeld-ein-/

Dieses Weblog hat in den vergangenen Monaten immer wieder versucht, jenseits von Schwarz-Weiß-Malerei das Potenzial aber auch die Kritikpunkte an der Noa Bank aufzugreifen. Mit Blick auf die neuen Entwicklungen muss leider gesagt werden: Hier mangelt es an Transparenz. Folge: Wo konkrete Informationen fehlen, wachsen die Gerüchte.

Nachzulesen ist dies an einer wachsenden Zahl von Kommentaren, die mittlerweile auch die Blogoshäre erreichen:

„Eigentor geschossen“ – auf dem Online-portal biallo.de http://www.biallo.de/finanzen/Geldanlage_Fonds/tagesgeld-bei-der-noa-bank-eigentor-geschossen.php    

Eingehende Zahlungen werden also gegebenenfalls zurücküberwiesen. Daueraufträge auf Tagesgeldkonten und Geldeinzüge im Rahmen eines monatlichen Sparplans sind ebenfalls von der Maßnahme betroffen.“

Dies jedoch dürfte der Bank mit derzeit 15.000 Kunden juristische Probleme bereiten. Denn in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) heißt es zum Tagesgeld: „Einzahlungen sind in jeder Höhe (…) möglich“. Einschränkungen sind in den AGB nicht ersichtlich.

Quelle: biallo.de

Auch das Weblog „kurz-nachgedacht“ macht sich so seine Gedanken:

Den meisten Kunden war das egal so lange der Zinssatz stimmte, schickten Sie Euro um Euro an die Noa Bank, die nun bei einem Stand von 290 Mio. Euro die Reißleine zieht und ganz einfach keine neuen Kundeneinlagen mehr auf Tagesgeld- oder Festgeldkonto akzeptieren möchte.

Wie das möglich ist – und wie z.B. mit Sparplänen auf Noa Bank Tagesgeld Konten umgegangen wird, ist nicht bekannt. Die Bank hat nach dem überraschenden Schritt eher wenig unternommen um die Irritation der Kunden aufzulösen, dabei wäre es doch so einfach den Kapitalfluss zu mindern: Würden die Tagesgeldkonto Zinsen deutlich sinken, würden viele Kunden die Einlagen wieder abziehen und das Problem wäre beseitigt. Aber das machen ja alle – die Noa Bank ist ja schon auch irgendwie anders,

Quelle: http://www.kurz-nachgedacht.de/geld/noa-bank-nimmt-keine-kundengelder-mehr-an/

Wir bilanzieren: Mehr Transparenz gilt auch für ein neues Geschäftsmodell, das sich fortlaufend weiter entwickelt. Und hier sind seitens der Geschäftsleitung auch die Kanäle zu bedienen, die das Institut selbst ins Leben gerufen hat.

Sicherlich kann auch bei der Noa Bank nicht immer klar sein, wohin die Reise geht, aber eine deutlich profilierte Kommunikation mit mehr Inneneinblick, was die Kunden auf der Zeit- und Agendaachse erwarten dürfen und was eher nicht, wäre wünschenswert, wenn nicht sogar dringend geboten. 

    

Written by lochmaier

Juni 30, 2010 at 11:04 am

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Politik 2.0: Was die Bundespräsidentenwahl mit direkter Finanzdemokratie verbindet

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In seinem Essay „Die entfremdete Republik“ analysiert Schrifsteller Richard David Precht das politische Stimmungsbarometer in der innerlich verunsicherten Bevölkerung – und er beschreibt die soziale Kluft zwischen hierarchisch administrierter und den Möglichkeiten einer direkten Demokratie:

Lobbyisten bekommen die Politik, die sie wollen, sei es durch eine Parteispende, durch beharrliche Freundlichkeit oder durch Jobangebote für nebenbei und nachher. Clement, Bangemann, Althaus, Fischer, Schröder, demnächst wohl Roland Koch – dies sind keine Elder Statesmen mehr, sondern Elder Salesmen. 

Quelle: Spiegel online

Der Begriff “ Elder Salesmen “ statt “ Elder Statesman “ passt als Symptombeschreibung für bestimmte Eliten, die sich  längst nicht mehr durch Innovationskraft auszeichnen. Wer kümmert Sich eigentlich um die künftige Generation, die allmählich in die Verantwortungsübernahme rückt? Und hier kommt das Internet ins Spiel. Denn es ist der Resonanzkörper , in dem sich soziale Stimmungen reflektieren und alternative Konzepte erproben.

Ich zitiere den letzten Abschnitt ( S. 140) aus meinem Buchprojekt „Die Bank sind wir “ , der die Ansätze der direkten internetbasierten Demokratie auf die Spielregeln der Finanzmärkte ummünzt:

Wenn die Eliten und Leistungsträger überwiegend auch weiterhin zum „Jägerdasein“ statt zum Gärtnern tendieren, um nur nach der nächsten möglichst hohen Rendite Ausschau zu halten, dann dürfte das Internet zweifellos das globale Amphitheater ohne Dach sein, in dem soziale Verteilungskämpfe künftig stattfinden. Dies betrifft insbesondere die kreativ orientierten mittleren sozialen Schichten mit einem Drang zur Verantwortungsübernahme, die sich verstärkt finanziellen sozialen Netzwerken zuwenden könnten, um darin neue Chancen wahrzunehmen, die ihnen erstarrte Strukturen nicht mehr offerieren. Positiv betrachtet bietet dies viele neue Chancen. Alternative Lebensentwürfe jenseits überholter Dogmen im Umgang mit dem Geld können sich neuen Raum schaffen. Das Social Banking der zweiten Netzgeneration trägt dazu bei, eine dezentral gesteuerte Finanzkultur als soziales Korrektiv in der hiesigen Bankenlandschaft zu verankern.

Quelle: Social Banking 2,0

Zurück zu Richard David Precht und seinem Essay „Die entfremdete Republik “ . Ein weiteres Zitat schlägt die Brücke zu meinen vorherigen Ausführungen:

Der Aufstand der Menschen im Internet und anderswo für „ihren“ Bundespräsidentschaftskandidaten Joachim Gauck spricht eine andere Sprache. Er könnte ein Zeichen sein, selbst und gerade dann, wenn Gauck verlieren sollte. Ein Symbol, das größer ist als der Mann. Ein Fanal für den Umbau unseres Staates, gespeist aus der Phantasie und Schwarmintelligenz seiner Bürger. Mehr Verantwortung für alle in den Städten, in den Betrieben und mehr Volksentscheide – dort ist vorn.

„Überall müssen sich Autorität und Tradition die Frage nach der Rechtfertigung gefallen lassen … Nicht weniger, sondern mehr Demokratie – das ist die Forderung, das ist das große Ziel, dem wir uns alle und zumal die Jugend zu verschreiben haben.“ Der das sagte, war ein großer Bundespräsident: Gustav Heinemann. Seine Worte gelten noch immer und wieder neu.

Quelle: Spiegel online

Insofern gilt heute und morgen das Motto: Wir sind nicht das, was ganz am Ende folgt, sondern das Volk sind wir – und die Bank gehört auch dazu, um die Finanzströme wieder stärker auf die dringlich notwendigen Existenzgrundlagen von Wirtschaft und Gesellschaft (Arbeit und unternehmerische Tätigkeit sind die tragenden Säulen) zu fokussieren und in die richtigen kreativen Kanäle lenken.

Oder wie es der alt ehrwürdige Unternehmensberater Roland Berger in einem Interview mit dem  Wirtschaftsblatt so ausdrückt:

Wir müssen zulassen, dass neue Strukturen alte ersetzen: Schumpeters ‘Kreative Zerstörung’ ist aktueller denn je – innerhalb eines Unternehmens wie in der gesamten Volkswirtschaft.

Charakter-orientierte Unternehmen und Menschen sind gefragt, wie es der Wegelin – Anlagekommentar vom 28.06. beschreibt . Deshalb mein Rat : Twittern Sie sich doch einfach Ihren eigenen Bundespräsidenten Gauck oder Wulff zusammen.

Written by lochmaier

Juni 30, 2010 at 6:48 am

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Nimmt BP Boykott-Seiten auf Facebook vom Netz? Social Media und lessons learnt

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Die Meldung macht in der bunten Netzcommunity die Runde: Ölkonzern BP habe den Boycott-Seiten auf Facebook das Leben ausgehaucht, das berichtet jedenfalls CNN:

http://ireport.cnn.com/docs/DOC-466703  

Oder auf deutsch:

http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Aus-aller-Welt/Artikel,-BP-Facebook-loescht-Gruppe-mit-800000-Mitgliedern-280610-_arid,2181613_regid,2_puid,2_pageid,4293.html

Im Moment sind die Meldungen noch etwas unübersichtlich,  die deutsche Boykott-Seite scheint (wieder oder immer noch) erreichbar:

http://www.facebook.com/pages/Boycott-bpARCO/138332356184294?ref=mf#

Auch das Twitter-Fake, der illegale Klon, der mit 185.000 Lesern weit häufiger frequentiert wird, als das offizielle Account (ca. 15.000 follower), ist immer noch am Netz:

http://twitter.com/bpglobalpr

… Insofern ist mit der ungeprüften amerikanischen Veröffentlichungswut etwas Vorsicht geboten – bevor man dem Ölkonzern ein weiteres (PR-)Desaster andichtet. Eine erste Interpretation bietet IT-Nachrichtendienst golem.de:

http://www.golem.de/1006/76091.html

Die FAZ klärt einen Tag später die außerirdisch unerklärlichen Ereignisse um Lösung und Wiedereintritt in die vernetzte Erdumlaufbahn noch einmal auf.

Wie dem auch sei – ich will ganz kurz die gelernten Lektionen aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit 2.0 andeuten, die ich auch vergangenen Donnerstag in meinem Vortrag zum Thema Social Media und die Banken in Frankfurt schon mit Blick auf BP skizziert habe. Hier die wichtigsten Thesen:

1. Nicht kommunizieren geht nicht mehr 

2. Gängige Paradigmen der zentral gesteuerten Medienarbeit und Kundenkommunikation sind obsolet

3. Soziales Entblättern von Unternehmen bringt unvorhersehbare Resonanzverstärker hervor

4. Unternehmen sind aufgefordert, sich als Teil der Gesellschaft und Wirtschaft strategisch neu zu verorten

5. Gelingt dies nicht, sind  Gegenbewegungen im Netz unvermeidlich, die ganze Geschäftsmodelle in Frage stellen oder gar torpedieren.

6. Corporate Social Responsibility und Umweltengagements sind keine Marketinganhängsel     

7. Fazit:   Das Internet als weiteren Werbe- und Vertriebskanal zu nutzen, ist nicht ausreichend. Denn: Social Media ist Interaktion, Kommunikation, Austausch von Argumenten, Zuhören …

8. Etwas britischer Humor ist auch in schwierigen Situationen beim Gang in das Social Media Universum notwendig, das finden jedenfalls fast 8 Millionen Zuseher dieses Videos, in dem Kabarettisten die Chefetage von BP ziemlich intelligent aufs verbale Korn nehmen

Written by lochmaier

Juni 29, 2010 at 12:21 pm

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Die Bank sind wir: Siemens gründet eigene Bank

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Wer sich von staatlicher Finanzaufsicht oder politischen Gipfelereignissen wie dem G20-Gipfel mit Blick auf die Regulierung der Finanzmärkte und Banken irgend einen kreativen Vorstoß erwartet hatte, der dürfte nun endgültig auf dem Boden der Tatsachen angekommen sein.

Wer sich andererseits mit meiner Publikation „Die Bank sind wir“ etwas eingehender beschäftigt hat, der wird feststellen, dass sich in diesem Jahrzehnt trotzdem einiges ändern wird in der Bankenwelt. Das Motto lautet demzufolge nicht mehr: „Wir (die Bank) sind die Bank“, sondern umgekehrt, die Kundenbedürfnisse stehen (wieder) im Vordergrund.

So überrascht diese Meldung kaum noch: Siemens gründet jetzt eine eigene Bank  – und nimmt die Chancen-Risiko-Balance auch stärker in die eigenen Hände, statt blindlings den nicht immer nachvollziehbaren Regeln und der Eigendynamik der Finanzmärkte zu vertrauen. Ein Zitat aus dem Hause Siemens dazu:

Die Verwerfungen der Finanzkrise haben Siemens‘ Vertrauen in den Bankensektor offenbar tief erschüttert. „Wir haben vor einiger Zeit eine Banklizenz beantragt“, sagte Finanzvorstand Joe Kaeser der „Süddeutschen Zeitung“. Er hoffe, diese in nächster Zeit von der Bankenaufsicht BaFin zu erhalten. 

Quelle: Spiegel online

Das vollständige Interview gibt es hier online bei der Süddeutschen Zeitung. Hier ein kleiner Auszug aus dem Frage-Antwort-Reigen:

SZ: Noch größere Probleme gibt es um Siemens herum, bei den Banken. Macht Ihnen das Sorgen?

Kaeser: Nein, nicht mehr, aber ich hatte in den turbulenten Wochen nach der Lehman-Pleite auch Tage und Nächte, wo ich unter anderem wegen der Werthaltigkeit unserer Sicherungsderivate die Luft anhielt. Vor drei Jahren kam ich noch nicht einmal auf die Idee, mir Sorgen zu machen, wo wir zum Beispiel unsere Liquidität anlegen, mit wem wir Währungs- oder Zinssicherungsgeschäfte machen. Nach den Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre sehe ich hier realen Handlungsbedarf, unabhängig davon, wer im Rahmen der gesamten Finanzmarktturbulenzen Opfer oder Täter war. Man kann im heutigen, in Teilen immer noch intransparenten regulatorischen Umfeld in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten. Dabei ist es dann irrelevant, wer es verschuldet hat. Darauf wollten wir reagieren.

SZ: Was wollen Sie tun?

Kaeser: Wir haben vor einiger Zeit eine Banklizenz beantragt. Wir hoffen, dass die Bafin die Lizenz in nächster Zeit erteilt.

SZ: Wozu eine Banklizenz?

Kaeser: Wir wollen damit kein Retailgeschäft betreiben, wie mancher Wettbewerber. Stattdessen könnten wir in erster Linie das Produktspektrum unserer Financial Services im Bereich der Absatzfinanzierung mit Unternehmenskunden erweitern. Zudem könnten wir auch bei der Bundesbank selbst Einlagen platzieren und uns zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen. Unsere Liquidität liegt derzeit bei fast neun Milliarden Euro, dafür brauchen wir insbesondere sichere Anlagemöglichkeiten. Das könnten wir in Zukunft eben dann selbst mitgestalten. Es ist ja auch wirklich kein Hexenwerk.

SZ: Da werden die Banken aber weinen, wenn sie einen Kunden wie Siemens verlieren.

Kaeser: Naja, so viel Geschäft ist das auch wieder nicht, und keine verlässliche Bank wird deshalb Siemens als Kunden verlieren.

Quelle: sueddeutsche.de

Man sollte das Thema beim genauen Lesen also einerseits nicht überbewerten. Bei Siemens kamen in den letzten Jahren auch zahlreiche hausgemachte Probleme auf die Chefagenda. Dass Siemens ein eigenes „Geldinstitut“ gründet, ist auch nicht die große Revolution gegen die Banken.

Aber Konzerne wie Siemens oder auch Bosch haben reagiert. Sie nehmen das Risikomanagement wieder stärker in die eigenen Hände – und schaffen sich parallel dazu neue Spieloptionen. Und damit sind wir bei einer Passage meines Buches angelangt, bei der man (s. Seite 82) quasi zwischen den Zeilen folgendes lesen kann: 

Noch erscheint vielen Menschen der Gedanke als reine Zukunftsmusik, die Bank als zentrale Mittlerinstanz zwischen Parteien und Interessengruppen komplett auszuschalten, etwa bei der Veräußerung von Unternehmen, bei Börsengängen oder bei der Wahl der passenden Unternehmensfinanzierung.    

Oder anders ausgedrückt: (Die eigene) Leistung muss sich für die Betriebe und Kunden auch lohnen, gerade bei der Wahl des Finanzpartners. Unternehmen wissen, was Kundenorientierung bedeutet. Vertrauen muss nicht nur erworben und gehalten, sondern auch fortlaufend unter Beweis gestellt werden.

Ansonsten lautet das Motto: Eigenkontrolle des Chancen- und Risikomanagement erscheint zumindest aus Sicht mancher Big Player die bessere Option, als jemandem zu vertrauen, der dieses durch sein Bemühen nicht fortlaufend rechtfertigen kann.

Written by lochmaier

Juni 28, 2010 at 9:54 am

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Banken und Social Media: Eine kontroverse Standortbestimmung

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Der Vertrauensverlust in der Finanzwelt hält angesichts der großen Unsicherheit auf den Kapital- und Geldmärkten weiter an. Mit Blick auf das Private Banking stellt sich für Banken die komplexe Herausforderung, über den Einsatz von „sozialen“ Medien im Internet den unmittelbaren Kontakt zum Kunden zu suchen. Welche Rolle spielen neue Netzwerkstrukturen – wie viel „Social Media“ braucht und verträgt die Bank?

Dieser Frage bin ich gestern in einem Vortrag vor Branchenvertretern auf einer Veranstaltung der Interactive Data Managed Solution AG nachgegangen, die Anja Kohl von der ARD-Börse moderiert hat. Derzeit ist das Stimmungsbarometer in der Branche, um im Bild zu bleiben, nicht nur mit Blick auf das Private Banking etwas „volatil“.

Der gestrige Tag war für mich ein inspirierender Dialog, bei dem die zentralen Fragen nicht ausgeklammert blieben. Die Offenheit in der Branche ist durchaus erkennbar, sich mit zentralen Fragestellungen auseinanderzusetzen: Was ist Social Media? Wo liegen Chancen und Grenzen der einzelnen strategischen Optionen.

Welche Kanäle (Twitter, Facebook, Youtube, Xing etc.) eignen sich mit welchem Design für welche Zielgruppe? Welche Praxisszenarien machen überhaupt Sinn? Welche neuen Qualifikationsprofile im Social Media Management sind gefragt?  – Diese Fragen habe ich in den offenen Raum geworfen…

Das Thema kann, darf und soll man und frau sicherlich kontrovers diskutieren, vor allem auf welcher strategischen Ebene der „Social Media Ansatz“ angesiedelt sein soll. Ich habe das Thema für die Leser von Social Banking 2.0 durch zahlreiche Interviews und Hintergrundartikel immer wieder beleuchtet. 

Worin die zentrale Kontroverse zwischen Selbst- und Fremdbestimmung im kommunikativen Universum des world wide webs besteht, beleuchtet eine aktuelle Studie von Faktenkontor, die zu einem frappierenden Ergebnis kommt: „Deutsche erteilen Social Media-Banking klare Absage.“

Dieser nüchterne Befund sitzt, doch stimmt er wirklich? Ich erarbeite derzeit mit einer versierten Finanzsoziologin auf empirischer Basis anhand eines Samples von 40.000 Haushalten an der komplexen Fragestellung, wie Konsum- und Anlageverhalten, Geldbesitz und Lebensstile unter dem Einfluss neuer Medien zusammen hängen.

Mir scheint es eine ziemlich gewagte These zu sein, dass die Deutschen „Social Media Banking“ eine klare Absage erteilen – angesichts der wachsenden Bedeutung sozialer Netzwerke, die ich gestern im Vortrag en detail dargestellt habe. Die Marktforscher ziehen jedoch daraus andere Schlußfolgerungen.

76 Prozent der deutschen Bankkunden können sich laut Faktenkontor offenbar nicht vorstellen, mit ihrem Finanzinstitut künftig über Social Media-Kanäle wie Twitter oder Facebook zu kommunizieren. Kommentar: Das muss nicht verwundern, denn erstens gibt es kaum kreative Angebote, und zweitens ist ein rein von Social Media Marketing getriebener konzeptioneller Ansatz kaum zielführend. Wird jetzt der Bock zum Gärtner gemacht?

67 Prozent wünschten sich dagegen Kontakt über das Internetportal der Bank (29 Prozent), E-Mail (22 Prozent) oder Telefon (16 Prozent). Gut jeder Zweite bevorzuge gar das klassische Gespräch mit dem Kundenbetreuer in der Bankfiliale, so bilanziert die repräsentative Umfrage der Kommunikationsagentur Faktenkontor und dem Marktforscher Toluna unter 1.000 Bundesbürgern.

Die Bankfiliale, so heißt es weiter, sei „erstaunlicherweise auch der Ort, an der die Deutschen Informationen zu Finanzfragen und Möglichkeiten der Geldanlage besonders glaubwürdig finden.“ 42 Prozent der Befragten geben demnach das persönliche Gespräch mit dem Kundenbetreuer als seriöseste Quelle an.

Faktenkontor bilanziert: „Von so einem Ergebnis kann beispielsweise die Autoindustrie nur träumen. Denn dass ein Autoverkäufer als glaubwürdigste Quelle in Mobilitätsfragen angesehen wird, dürfte deutlich seltener vorkommen.“

Welche Schlußfolgerungen lassen sich ziehen? Knapp 30 Prozent der Bankkunden setzen laut Faktenkontor in Finanzangelegenheiten auf Informationen aus dem Internet. Und ganz am Ende kommt nun der kleine Haken an dieser Studie – denn, so Faktenkontor in seiner Pressemitteilung, „jeder Vierte findet in Geldfragen die Glaubwürdigkeit von Freunden und Bekannten am größten.“ Es geht also nicht darum die Bank direkt in Facebook hinein zu verlagern.

Da haben wir die „kleine“, kontroverse Standortbestimmung. Denn in meinem gestrigen Vortrag bin ich zu anderen Ergebnissen gekommen. Social Media bedeutet „user generated content“ – die Leitfragen sind doch etwa diese hier: Wem vertrauen die Menschen, wie wird es gewonnen? Durch Transparenz, durch aktive Beteiligung, auch im Bankwesen. Die Bank nimmt den Kunden ernst und kommuniziert auf Augenhöhe, dann erübrigen sich derartig einseitige Befunde, dass die Deutschen Social Media Banking eine pauschale Absage erteilen.  

Social Media, so habe ich es gestern ausgeführt, ist demzufolge keine Technik, sondern eine permanente Aktion, um die Gespräche zwischen Bank und Kunden auf gleicher Augenhöhe zu unterstützen. Starre Hierarchie wird somit durch einen Geist der (nicht immer gleichberechtigten, jedoch moderierten) Kooperation abgelöst. Märkte sind Gespräche mit offenem Ausgang.  Kommunikation, Austausch von Argumenten, Zuhören… Motto: Überzeugen statt überreden.

Die Innovationstreiber mit Blick auf die kreative Verschmelzung von Banken und Social Media sind die neuen „Social Banks“, die die neuen Medien konsequent anwenden und in den Mittelpunkt ihrer Geschäftsphilosophie stellen. Auch sie müssen sich noch erproben, wachsen und reifen – von diesem Lernprozess können wir aber alle lernen und profitieren.

Schließlich sind wir alle „Social Banker“, denn die Bank sind doch wir, jeder einzelne, der versucht mit seinem Geld vernünftig und kreativ zu arbeiten. Oder wie hat es Deutsche Bank-Vorstand Josef Ackermann kürzlich ausgedrückt: „Wir können in einer parallelen Welt nicht existieren“. Social Media ist das kreative Bindeglied, um zwei bislang unverbundene Elemente wieder miteinander zu verknüpfen. Dann brauchen auch wir Deutschen dem „Social Media Banking“ keine Absage mehr zu erteilen. 

Im Juli werde ich in einem Vortrag auf der Summer School des Instituts for Social Banking in Florenz zum Thema „Banking on Values“ der spannenden Fragestellung nachgehen:

Social Banking 2.0 – the future of Finance? – Das ist natürlich eine etwas provokative Zuspitzung. Aber sicherlich wird es ein wichtiger Bestandteil unserer Zukunft sein, vielleicht sogar ein essentieller.  Oder anders ausgedrückt: Die Bank der Zukunft findet ohne kreative Verschmelzung mit „Social Media“ gar nicht statt.

Written by lochmaier

Juni 25, 2010 at 7:24 am

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ZEW: Social Banking ist mehr als eine Modeerscheinung

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In einem Interview in den VDI nachrichten bewertet ein Unternehmensberater die Zukunftsperspektiven von „Community Banking“ wie folgt:

Zusammenfassend denke ich, dass sich das Zeitfenster, in dem sich die jungen Firmen als ernsthafte Wettbewerber hätten etablieren können, schon wieder schließt. Ihr Geschäftsmodell ist lediglich vom Zeitgeist getrieben.

Quelle: VDI nachrichten

Diesem Befund, dass es sich bei Community bzw. Social Banking der zweiten (auch internetbasierten Generation) um eine Modeerscheinung handelt, dem widersprechen jedoch sogar die Finanzmarktexperten selbst.  

Zu diesen Schlußfolgerung gelangt jedenfalls eine aktuelle Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim unter 236 Experten aus dem Finanzsektor im Rahmen des monatlichen ZEW Finanzmarkttests.

Die Ergebnisse zeigen, dass wir es mit einem nachhaltigen Paradigmenwandel jenseits von rein Zeitgeist getriebenen Modeerscheinungen zu tun haben. Banken, die laut ZEW ihre Geschäftsstrategie an sozialen, ethischen und ökologischen Zielen ausrichten, werden ihren Marktanteil in Deutschland weiter steigern. Dies geht vor allem auf das verstärkte Interesse der Öffentlichkeit an sozialen und ökologischen Themen zurück.

Ein weiterer Grund ist die Verunsicherung der Bankkunden aufgrund der Bankenkrise und das daraus resultierende Misstrauen gegenüber der Anlagestrategie traditioneller Banken. Bereits in den vergangenen Jahren haben Social Banks hohe Wachstumsraten erzielt und ihren Marktanteil ausgebaut.

Nach Ansicht von rund 43 Prozent der vom ZEW befragten Experten ist dieser Trend nachhaltig und wird auch in den kommenden Jahren anhalten. Eine Minderheit von gut einem Drittel der Experten ist dagegen der Meinung, dass Social Banking nur ein kurzfristiges Phänomen darstellt. Weniger als ein Viertel der Experten geben keine Einschätzung zu den Zukunftsaussichten sozialer Banken ab.

Der wichtigste Grund für die wachsende Bedeutung des Social Banking ist laut Angaben vom ZEW das erhöhte Misstrauen der Kunden gegenüber den Kreditinstituten. Mehr als 80 Prozent der Experten sind der Meinung, dass soziale Banken davon in den vergangenen Jahren profitiert haben. Sie konnten verunsicherte Kunden anderer Institute anziehen. Auch das verstärkte Interesse der Kunden an sozialen und ökologischen Themen ist für rund zwei Drittel der befragten Experten ein wichtiger Erfolgsfaktor des Social Banking.

Ferner sind die Experten der Ansicht, dass das Vertrauen der Kunden in soziale Banken, die gute Reputation dieser Institute sowie ihre hohe Transparenz die Expansion dieses Geschäftsmodells begünstigen. Nach Dafürhalten der Finanzmarktexperten gehen soziale Banken darüber hinaus geringere Risiken ein, da sie nachhaltiger investieren.

Trotz des sichtbaren Erfolgs sozialer Banken sind rund 43 Prozent der Experten skeptisch, dass auch andere Banken in Zukunft ihre Strategie und ihre Produkte stärker an ethisch-ökologischen oder sozialen Zielen ausrichten werden. Dies liegt den Experten zufolge daran, dass ethisch und ökologisch motivierte Produkte häufig eine geringe Rendite abwerfen und unattraktiv für preissensitive Kunden sind. Im Gegensatz dazu halten es 57 Prozent der Experten für wahrscheinlich, dass andere Banken dem Beispiel der Social Banks folgen werden und in der Zukunft ebenfalls ihre Geschäftsmodelle stärker an ethisch-ökologischen oder sozialen Kriterien ausrichten werden.

> Wer diese Ergebnisse nüchtern bilanziert, wird feststellen, dass wir vor einem größeren Wandel und Umbruch stehen. In einem weiteren Artikel der VDI nachrichten „Liquide dank vieler Cents und Grips en masse“ lässt sich die ungefähre Dimension des Wandels erahnen, der sich aus unterschiedlichen Strömungen speist, die sich allmählich zu einem größeren Gesamtbild verdichten. 

Wie ist die Reaktion der Banken? Das beleuchtet eine aktuelle Studie von msgGillardon und dem Handelsblatt mit dem Titel banking insight – Vertrauen aufbauen: Emotionalisierung als Schlüssel zum Erfolg im Retail-Banking“:

Die Zögerlichen: 50% der Banken haben Standardisierung und Emotionalisierung als Erfolgsfaktoren erkannt, zögern aber noch mit der Umsetzung in der Bankpraxis.

Die sachlichen Standardisierer: 22% der Banken geben sich immer noch möglichst sachlich in der Kundenansprache und bieten ihren Kunden möglichst viele Standardprodukte.

Die Bank der 2000er Jahre: 10% der Banken sind in der Zeit „stehen geblieben“. Den Trend zur emotionalen Bank haben sie noch nicht erkannt.

Quelle: msgGillardon

Fazit: Es darf weiter trefflich darüber spekuliert werden, worin die (glaubwürdige) „Emotionalisierung“ von gängigen Bankprodukten künftig bestehen könnte. So bleibt in der oben erwähnten 36-seitigen Studie von msgGillardon der sinnvolle Einsatz von „Social Media“ als Bindeglied (Stichwort: Transparenz und Partizipation) zwischen Kunden und Bank praktisch ausgeblendet.

Eine „Emotionalisierung“ von Bankprodukten kann m.E. nur auf Augenhöhe mit dem Kunden gelingen (bottom-up statt top-down). Substanzielle Verbesserungen in der „Beratungsqualität“ wird es zudem nur geben, wenn nicht nur formal Kundenbeiräte in den Bankgremien am Tisch sitzen, sondern der Kunde den Gestaltungsprozess einer Bank tatsächlich aktiv mit beeinflussen kann.

Neue Wege und gute Ideen sind dazu gefragt. Mit griffigen Schlagworten und viel Marketingblendwerk allein wird es keine krisenfeste und innovative „Bank der Zukunft“ geben, die sich das Reizwort „Kundenorientierung“ tatsächlich ganz oben auf die Chefagenda schreibt.

Written by lochmaier

Juni 23, 2010 at 7:16 am

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Kreative Mittelschicht: Statuspanik und alternative Anlagekonzepte

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Was der Mittelschicht das Leben vermiest, das beleuchtet Analyst Franz Walter im Spiegel. Die Wogen in der öffentlichen Diskussion halten weiter an, seitdem das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in einer neuen Studie (es müsste eigentlich Untersuchung heißen) der Mitte unseres Landes eine Art „Statuspanik“ prognostiziert.

Sprich: Die Angst vor dem sozialen Abstieg grassiert.  „Schwarz-Gelb“ schüre die Statuspanik, bilanziert jedenfalls Nachrichtensender n-tv:

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung wird das Sparpaket der schwarz-gelben Koalition die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland weiter wachsen lassen. Sozialverbände, Gewerkschaften und Opposition forderten daher, das Sparpaket in der jetzigen Form zu stoppen und Gutverdienende stärker zu belasten.

Das DIW sieht darin eine gefährliche Entwicklung. Selbst wenn sie nur als Bedrohung wahrgenommen werde, könne bei den mittleren Schichten dadurch „Statuspanik“ entstehen. Dies wiederum könne zu diskriminierenden Einstellungen führen – die Bindekraft der Gesellschaft nimmt ab. „Eine starke Mittelschicht ist aber wichtig für den Erhalt der gesellschaftlichen Stabilität“, sagen die DIW-Experten Martin Gornig und Jan Goebel.

Quelle: n-tv.de

Führen wir die Debatte mal jenseits der medialen Aufgeregtheiten etwas weiter – wie ein derartiger Befund sich auf den Umgang mit dem Geld in den Mittelschichten auswirken könnte. Zum einen wird weniger konsumiert. Das ist aber noch nicht alles – die Philosophie und Einstellung zur Geldanlage wird zunehmend vom Wandel erfasst.  

Meine These: „Liquide“ Demokratie mit dem Transmissionsriemen der Mittelschicht erfasst auch die Finanzen und en Umgang mit den Banken. Zumindest die innovative bzw. kreativ- unternehmerische Mitte der Gesellschaft erkennt ihr strategisches Potenzial und ihre Bedeutung als Brückenkopf zwischen Unter- und Oberschicht.

Der kreative und anspruchsorientierte Teil der Mitte ordnet seine Geldströme neu, wohin es vielleicht fließen sollte, und wohin eher nicht. Auf dem Prüfstand stehen die Leistungen bzw. die „Kosten-Nutzen-Bilanz von Banken und Versicherungen.

Sofern den meist hohen „Transaktionskosten“ keine realen Leistungen und keine gute Performance gegenüber stehen, wird es eng für Standardprodukte. Der gesellschaftliche Paradigmenwandel treibt neue Geschäftsmodelle voran, neben Social Banking können vor allem kleinere Banken durch individuelle Dienstleistungen punkten.

Wer sich jedoch nur darauf verlässt, als „Black Box Bank“ nicht über die eigenen Geschäfte zu reden, keine Transparenz der Geldflüsse herzustellen, und den Kunden nicht produktiv in die Wertschöpfungskette einbindet, der könnte bald schon zu den Verlierern gehören. Dass die Rechnung mit „business as usual“ aufgeht, darauf sollte sich in der Finanzindustrie niemand mehr verlassen.

Oder anders ausgedrückt: Das Alleinstellungsmerkmal von Banken und sonstigen Finanzdienstleistern war es bislang, gerade in der Intransparenz einen zentralen Wettbewerbsvorteil zu sehen.  

Die „Statuspanik“ der Mittelschicht wird nicht in ungezügelter Form kommen, sondern die Anleger haben erkannt, dass Intransparenz eine Schwäche ist, die sie künftig als negatives Selektionskriterium bei der Wahl ihrer Partner heranziehen. Sofern neue Alternativen, die es ja bereits am Markt gibt, sich erfolgreich unter Beweis stellen, wandelt sich die (angebliche) „Statuspanik“ in die Suche nach einem alternativen Entwurf der individuellen Vermögensanlage um.  

Für die einen nimmt die Beratungsresistenz weiter zu. Anspruchs orientierte Anleger hingegen folgen den Trendsettern aus der kreativen Mitte, die das Thema Umgang mit Geld auch anhand von digitalen Wertschöpfungsketten neu besetzen. Und das ist doch eine spannende Entwicklung, die wir vor uns sehen, oder? 

Und hier noch ein nicht ganz ernst gemeintes Video über das „letzte Mitglied der status- gefährdeten Mittelschicht“.

 

Written by lochmaier

Juni 21, 2010 at 8:12 am

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Spanien: Die nächste Bankenkrise? – und wo Alternativen liegen

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Wie steht es um den angeschlagenen spanischen Bankensektor? Erneut machen Gerüchte die europäische Runde, die EU wolle Hilfen aus dem 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm von EU und IWF locker machen, berichtet Handelsblatt Finance.

Außerdem hätten sich die Finanzminister der G7 am Telefon auf eine Spanien-Strategie verständigt. Von offizieller Seite bestätigt wurde dies nicht, wohl aber, dass die EZB spanischen Banken im Mai die Rekordsumme von 85,6 Milliarden Euro ausgeliehen hat, weil die Institute im Interbankenverkehr als nicht kreditwürdig gelten – ein zweifelhafter Rekord seit 1999.

Indes haben sich unter der Last fauler Immobilienkredite sieben weitere Sparkassen zusammengeschlossen. Über 90.000 Angestellte seien derzeit von Fusionsverhandlungen in Spanien betroffen, berichtet die Wirtschaftszeitung Expansion. Am Ende der überstürzten „Notfusionen“ würden wohl kaum mehr als ein Dutzend Kassen unter der spanischen Sonne übrig bleiben, erwartet die Presse.

Jetzt sei die Entpolitisierung fällig, fordert die Frankfurter Rundschau den Einstieg von Privatkapital in die halböffentlichen Sparkassen. Nun aber kommt das Entscheidende, der Vertrauensverlust lässt keine Rückkehr zum „business as usual“ mehr zu. (Nicht nur) in der Bevölkerung Spaniens wächst jedenfalls der Unmut, für die Versäumisse der eigenen Banken geradestehen zu müssen.

Das kennt man auch von Deutschland. Passend dazu kann man in neueren Artikeln sehen, dass die Menschen mittlerweile ernsthaft nach Alternativen Ausschau halten, und eine neue Philosophie im Umgang mit dem Geld heran wächst. Die Erwartungshaltungen an eine neue Anlegergeneration sind hoch.  

So berichtet BBC News in einem Atemzug über die britische Peer-to-Peer-Plattform Zopa und die deutsche Noa Bank – zwei zarte (eigentlich nicht wirklich direkt vergleichbare) Neueinsteiger, denen die Finanzkrise eher genutzt als geschadet hat.

Einige Zitate aus dem lesenswerten BBC-Artikel:

„What is wrong is when a bank speculates and does not tell its clients. That is not transparent.“ Francois Jozic – Noa Bank

Dem kann man nur zustimmen. Dieses Credo gilt natürlich für alle alten wie neuen Banken (1.0 und 2.0). Ein weiteres Zitat:

We are less interested in the actual purpose of the loan, we are interested in our assessment of the individual’s ability to repay it“.  Giles AndrewsZopa

Auch diesem Befund kann man nur zustimmen. Aber auch das Schicksal der Peer-to-Peer-Kreditbörsen hängt daran, wie sie das Management des Interessenausgleichs zwischen den Ansprüchen der Geldgeber und Kreditnehmer (und den eigenen) souverän moderieren.

Oder anders ausgedrückt: Man kann höhere Ausfallraten bei Smava, Prosper, Zopa, Lending Club, Auxmoney und Co. sicherlich durch größere Risikoaufschläge bis zu einem gewissen Grad auffangen, jedoch sind die Anleger irgendwann verunsichert, wenn es hier zu große Ausreißer bzw. Unwägbarkeiten gibt. Hier darf der systemische Ansatz des Ganzen nicht unterschätzt werden.

Fest steht aber auch: Kleinere Banken und innovative IT-Dienstleister sind im Aufwind, wie auch das Handelsblatt unter der Überschrift „Wie kleine Banken Imagepflege betreiben“ vor allem am Beispiel der in Deutschland neu gegründeten Triodos Bank beleuchtet. Einige essentielle kurze Zitate:

Äußerlich hat Schürmann das klassische Banker-Bild nicht abgestreift. Während sein Konkurrent François Jozic von der Noa Bank auch mal Turnschuhe trägt, bevorzugt Schürmann Anzug und Scheitel.

Doch so verschieden Jozic und Schürmann erscheinen, verkaufen sie doch beide auch ein Lebensgefühl. Das Empfinden, etwas Gutes zu tun. Die Kunden der neuen, guten Banken nehmen dafür sogar einen geringeren Zins in Kauf. Eine perfekte Markengeschichte.

„Der Vertrauensverlust der traditionellen Banken ist auch wegen mangelnder Transparenz entstanden und bietet eine neue Chance der Gründung“, sagt Thomas Hartmann-Wendels, Professor für Bankbetriebslehre an der Universität Köln. „Es gibt Menschen, die bereit sind, auf Geld zu verzichten, um bestimmte Projekte oder Bereiche zu fördern.“ Entscheidend sei allerdings der Mehrwert der Transparenz. „Ohne ihn können sich die Banken nicht etablieren.“

Quelle: handelsblatt.com

Etwas scheint wichtig: Der Mehrwert der Transparenz muss für den Kunden erkennbar sein, so dass er z.B. kleine Renditeabschläge bewusst in Kauf nehmen kann. Auch muss die Richtung klar sein, wohin die Reise bei den neuen Alternativen geht. Die Segel sind aber bereits gesetzt, und es ist durchaus spannend mitzureisen, um irgendwann neue Horizonte auf offener und gelegentlich stürmischer See anzusteuern.  

Wir hoffen natürlich, dass bei den Alternativen ein bisschen mehr Wind unter den Segeln ist, als es uns dies ein alter Campari-Kinowerbespot mit Blick auf die Entdeckung der neuen Welt durch Kolumbus im Jahre 1492 vermitteln mag.  

Und hier mit Blick auf Spanien einige kleine Wegweiser:

http://wochenblatt.es/1000002/1000001/0/21630/article.html

https://lochmaier.wordpress.com/2009/12/16/die-bank-als-sozialer-lebensraum-caja-navarra-macht-es-vor/

http://www.die-bank.de/it-und-kommunikation/die-kommunikative-filiale

http://www.cnnexpansion.com/emprendedores/2010/06/11/todos-ponen-para-pagar-tus-cuentas

http://www.biallo.de/finanzen/Geldanlage_Fonds/angriff-der-spekulanten-warum-spanien-nicht-griechenland-ist.php

Und last but not least ein Ausblick auf den seit 1492 immer wieder neu entdeckten Kontinent nach Südamerika, denn auch in Brasilien, ein viel versprechender wirtschaftlicher Zukunftsmarkt, an dem sich viele Investoren neben Asien derzeit orientieren.

Denn auch dort gewinnen neue Modelle nach dem Peer-to-Peer-lending allmählich an Bedeutung – seit kurzem ist dort etwa der neue P2P-Anbieter Fairplace am Start:

http://economia.estadao.com.br/noticias/not_20592.htm

Um es  noch einmal am Ende zu betonen: Denkbare Alternativen zur nächsten Bankenkrise oder exzessiven staatlichen Verschuldungsszenarien können nur im sorgsamen und  verantwortlichen Umgang mit dem Geld liegen. Und zwar auf allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebenen, nicht nur bei den Banken.

Written by lochmaier

Juni 17, 2010 at 6:49 am

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Vermögensverwaltung 2.0: Wenn der Nutzer zum Fondsmanager aufsteigt

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Morgen geht die neue Plattform www.investtor.de offiziell in den Live-Betrieb. Dies soll keine Werbung sein, sondern der passende Anlass, sich mit einem neuen Geschäftsmodell „Vermögensverwaltung 2.0“ zu beschäftigen.

Der Betreiber ist der unabhängige Vermögensverwalter TOP Vermögen AG, der sich mit einem so genannten „Mitmachfonds“ ein zusätzliches Standbein auftun will. Einen ersten ausführlichen Einblick in das Modell gewinnt man in einem längeren Fachbeitrag bei Extra Funds:

http://www.extra-funds.de/downloads/Livebook/extramagazin_juni_2010/

Worin besteht nun der so genannte Mitmachfonds (INVESTTOR Aktien Global). Die Anleger des weltweit anlegenden Aktienfonds  können selbst über eine anonyme Abstimmungsplattform mitbestimmen, welche Aktien aus einem vorgegebenen Aktienuniversum (200 Werte) in den Fonds erworben bzw. verkauft werden.

Dahinter steckt die auch von der Wissenschaft immer stärker thematisierte Frage, inwieweit das „Wissen-der-Vielen“ bei komplexen adaptiven sozialen Systemen zu richtigen Einschätzungen kommt, angelehnt an den Vorreiter Michael Mauboussin.

Er ist  Chief Investment Strategist bei Legg Mason Capital Management, hat zahlreiche Bücher geschrieben, hier kann man mehr zu seiner Vita erfahren. An dieser Stelle will ich die Übertragbarkeit der Thesen von Mauboussin generell bzw. auf das Geschäftsmodell von investtor bezogen nicht bewerten. Hier kann man sich aber ein längeres Videointerview ansehen.

Statt einer Grundsatzdebatte um epochale amerikanische Visionen und die deutsche Gründlichkeit  erst einmal mehr Details – das Ziel von Investtor: Den Index durch aktives sich selbst organisierendes Management zu schlagen. Mehr dazu gibt es hier auf einer Präsentation. Auch auf Facebook bzw. Twitter ist das Unternehmen bereits präsent:

http://de-de.facebook.com/INVESTTOR#!/INVESTTOR?v=info

http://twitter.com/INVESTTOR

Hier gibt es Antworten der Macher auf die wichtigsten Fragen:
http://www.investtor.de/qa/ 
Zum Beispiel: Die Managementgebühr beträgt bis zu 1,25%, hiervon werden bis zu 0,4% an Bonifikation für die besten Teilnehmer ausgeschüttet. Gegenüber Social Banking 2.0 erläutert einer der Initiatoren Michael Thaler noch weitere Details zur Vermarktungsstrategie:
Der Fonds startet mit einem Volumen von € 1,2 Mio. und ca. 30 Initialinvestoren. „Wir rechnen damit, bis Jahresende ca. 2.000 Anleger (Mindestanlage € 4.000) gewinnen zu können über Kooperationen mit Investmentclubs (Gemeinsam Geld anlegen), Direktbanken und Plattformen wie z.B. Sharewise & Fidor Bank“, skizziert Michael Thaler.
Die Zielmarke für Ende 2011 sind 4.000 Anleger bei einer definierten Zielgruppe in Deutschland von ca. 1,5 Mio. Personen. Selbst tragen soll das Projekt sich dann ab einem Fondsvolumen von ca. 10 Mio. Euro. 
Die Zielgruppe sind insbesondere Anleger mit Investmentfonds-Erfahrung, die jedoch die aufwändige Selektion von Einzelaktien scheuen – gleichzeitig jedoch offen für aktive Wissensnetzwerke sind, um gemeinsam in mittelfristigem Zeithorizont bei der Geldanlage zu profitieren. Die Erwartung zum sukzessiven „Roll out“ der sich quasi selbst organiserenden Fondsverwaltung klingt nicht zu ambitioniert, dennoch bleiben gewisse Unwägbarkeiten.
Nun aber zur eigentlichen „Preisfrage“: Ist das der geschickte Marketingschachzug eines Vermögensverwalters, der das finanzielle Mitmachweb dazu nutzt, um über virales Marketing auf sich aufmerksam zu machen. Oder steckt deutlich mehr dahinter? Wir werden sehen… denn es steckt immerhin einige konzeptionelle Arbeit hinter einem derartigen Projekt, um es in dieser Form an den Start zu bringen.

Zweifellos: Immerhin ließe sich die bankenzentrierte Wertschöpfungskette auch bei der relativ standardisierten (gelegentlich auch ineffizienten und teuren) Vermögensverwaltung aufbrechen. Insofern also gäbes es „Business-Potenziale“ zum Anzapfen.

Jedoch habe ich schon des öfteren in diesem Weblog aufgezeigt, dass die Schwarmintelligenz gerade in der kapitalmarktorientierten Geldanlage kein Selbstläufer – und keine einfach zu generierende Ressource darstellt.

Wer mein Buch „Die Bank sind wir“ aufmerksam gelesen hat, findet in dem Kapitel über den Tradingspezialisten Ayondo zahlreiche indirekte Querverweise (Kap. 4 und 5), wo die Chancen, aber auch die Hürden und Fallstricke liegen. In diesem Zusammenhang ganz interessant sind einige Anregungen, die in der weiter führenden „Gedankenbrücke“ vom Weblog Valuation in Germany zu meinem Buchprojekt angedeutet sind:

Normative bzw. kulturelle Dimensionen individuellen sozialen Kapitals sind: Vertrauen, generalisiertes Vertrauen und Vertrauen in Institutionen; weiterhin Einstellungen zu ethischen Fragen wie z.B. Toleranz, Kriminalitätsfurcht, gegenseitige Hilfeleistungen, Solidarität, Zusammengehörigkeitsgefühle oder Demokratie. Diese Einstellungen erleichtern die Zusammenarbeit und Kooperation.  Menschen, die sich gemeinschaftsbezogene Einstellungen zu Eigen gemacht haben, sind eher bereit, selbst eine Vorleistung zu erbringen, weil sie darauf vertrauen, dass andere dies honorieren und nicht ausnützen. Sollte dieses Vertrauen nicht enttäuscht werden, trägt eine  kooperative Herangehensweise mittel- und langfristig zur Senkung von Transaktionskosten bei. An dieser Stelle lässt sich die Theorie des Sozialkapitals sogar mit den Gedanken von R.H. COASE verknüpfen und auf das Social Banking beziehen. … Wie Vertrauen entsteht und welchen Einfluss soziale Netzwerke auf rationales Handeln von Individuen haben, sind zentrale mikropolitische Fragestellungen der Theorie des sozialen Kapitals.

Quelle: Valuation in Germany

Nun stellt sich die Frage, inwieweit wir es jedoch mit Blick auf das Agieren in einer kapitalmarktorientierten Struktur bei den finanziellen sozialen Netzwerken überhaupt mit einer Art von „Wertegemeinschaft“ zu tun haben – außer dem Interesse gemeinsam profitable Geschäfte zu machen, was sich aber als brüchige Ressource erweisen kann. Letztlich ist dies noch konzeptionelles Neuland. 

Die Idee ist nur zu verführerisch – von der „Regelstrecke“ (hierarchisch) zum rückkoppelnden „Regelkreis“. Warum ich bisher die Systemtheorie mit Blick auf finanzielle „soziale Netzwerke“ jedoch eher meide? Weil der Regelkreis (noch) zu viele Kurzschlüsse hat.

In der Systemtheorie wird Wirtschaft als ein Kommunikationssystem begriffen. Und die Teilnehmer an dieser Kommunikation (Individuen wie Organisationen oder auch der Staat) werden als Beobachter konzeptualisiert, die jeweils sehr unterschiedlich beschreiben, erklären und bewerten können, was sie beobachten oder auch nicht beobachten. Kein Beobachter kann für sich beanspruchen, einen Zugang zur „objektiven Wahrheit“ zu haben.

Quelle: Valuation in Germany

Somit wird sich in der Praxis noch erweisen müssen, ob die Schwarmintelligenz tatsächlich ,so wie das Managementteam von investtor dies anpeilt, funktionieren kann – beim dezentralen und nutzerbasierten Fondsmanagement.

Ein ambitioniertes, spannendes und viel versprechendes Experiment ist investtor aber allemal, das man sich unbedingt genauer ansehen – und beim weiteren organischen Wachstum fortlaufend beobachten sollte.

Written by lochmaier

Juni 14, 2010 at 7:27 am

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Verbraucherkreditrichtlinie: Papiertiger ohne Durchschlagskraft?

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Mehr Transparenz ist das Gebot der Stunde in der privaten Bankdienstleistung. Nun sind zum 11. Juni die neuen Regelungen für Verbraucherkredite in Kraft getreten. Der Handlungsbedarf ist groß. Das sieht man schon daran, dass die Malaise bei der Urform der kleinen Kreditvergabe beginnt, beim so genannten Dispositionskredit, ein Überziehungslimit auf dem Girokonto.

2o Prozent werden da schon mal fällig, einige Banken stoßen sich regelrecht daran gesund, das berichtet die Sueddeutsche Zeitung. Der letzte Abschnitt bringt die Forderungen von Verbraucherschützern auf den Punkt:

Mit der neuen Kreditrichtlinie müssen Banken ab diesem Freitag einen Referenzzins nennen, an dem Kunden überprüfen können, ob die Zinsen richtig angepasst werden. Bei den meisten Instituten ist dies der Drei-Monats-Euribor. Die Verbraucherzentrale fürchtet jedoch, dass die Banken ihr Gebaren nicht ändern. Im Gegenteil wollten sie den aktuellen Rekordabstand zwischen Referenzzins und Dispozinsen für die Zukunft festschreiben. ‚Es kann nicht sein, dass der Gesetzgeber diesem offenkundigen Marktversagen tatenlos zusieht‘, sagt Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale. Er fordert eine gesetzliche Deckelung: Basiszins plus fünf Prozentpunkte für den Dispozins, Basiszins plus acht Prozentpunkte für den Überziehungszins. Der Dispo-Zinssatz läge damit derzeit bei 5,12 Prozent, der Überziehungszins bei 8,12 Prozent.  

Quelle: sueddeutsche.de

Übrigens: Von etwas windschlüpfrigen Zinstauschgeschäften (Zinsswaps) sind auch professionelle Unternehmenskunden betroffen, wie sich anhand einer interessanten Fallstudie der Teamtechnik Maschinen und Anlagen GmbH verfolgen lässt, über die die VDI nachrichten berichten. Ein kurzes Zitat:

Die Deutsche Bank, die damals nach fast 20-jähriger Zusammenarbeit unsere größte Hausbank war, hat uns aktiv die sogenannten Zinsswaps als Werkzeuge zur Zinsoptimierung angeboten. Der Grund war eine Verteuerung der Zinsen für Anzahlungsbürgschaften um 0,25 Prozentpunkte. Wir haben uns darauf verlassen, dass wir durch dieses Instrument die Zinskosten senken konnten. Das Gegenteil war der Fall: Die Geschäfte entwickelten sich in rasendem Tempo negativ, so dass wir den Vertrag auflösen mussten.

Auch uns hat die Deutsche Bank – als das ganze Dilemma transparent wurde – noch Kredite angeboten, um die Verluste zu finanzieren. Ein ungeheuerlicher Vorgang.

Quelle: VDI nachrichten. 

Wer das Interview ganz durchgelesen hat, wird feststellen: Auch Unternehmen sind schützenswerte Verbraucher. Das Unternehmen Teamtechnik hat jedenfalls die Konsequenzen gezogen und beschränkt seine Bankaktivitäten nun wieder ausschließlich auf das ureigenste Finanzierungsgeschäft – und  lehnt alle weiteren Geschäfte konsequent ab. Sicherlich kein völlig isolierter Einzelfall.

Nun aber zurück zum privaten Verbraucherschutz. Wer sich die Änderungen der Verbraucherkreditrichtlinie mal im Detail genauer anschauen will, wird auf den offiziellen Seiten vom Bankenverband fündig:

http://www.bankenverband.de/themen/geld-finanzen/tipps-infos/neue-regeln-fur-verbraucherkredite-was-aendert-sich-fur-bankkunden

Einige Änderungen im Detail:

Um die Vergleichbarkeit der von Kreditinstituten angebotenen Kreditverträge zu verbessern und die Transparenz für den Darlehensnehmer zu erhöhen, erhält der Kunde vor Vertragsabschluss zukünftig vorvertragliche Informationen zu dem von ihm gewünschten Kredit. In der Praxis heißt das, dass jede Bank dem Kunden Informationen über Kreditart, Kosten und andere wichtige Kreditdetails zur Verfügung stellt – und das in der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen tabellarischen Form.

Im Kern gewinnt man den Eindruck, dass der Verbraucherschutz als eine Art ober flächen reinigende Fassadenpolitur betrieben wird. Das wird beispielsweise hier deutlich:

Je nachdem, ob es sich um einen Ratenkredit, einen Kontokorrentkredit (auch kurz „Dispo“ genannt) oder eine Baufinanzierung handelt, gelten – europaweit einheitlich – unterschiedliche tabellarische Muster, um den Besonderheiten jeder Kreditart gerecht zu werden.

Nun ja, wie soll der Kunde da auf Anhieb durchblicken, wenn nur noch das rechtlich versierte Studium der AGB’s wirklich weiter hilft. Aber zumindest blicken wir jetzt angeblich viel besser bei den so genannten Lockvogelangeboten durch (das sind die Kredite, die mit Nullzinsdarlehen werben, schaut man dann genauer hin, so wird es doch ziemlich teuer):

Wirbt ein Institut für Kredite mit einer Zinsangabe, muss die Werbung – etwa durch die zusätzlichen Angabe eines entsprechenden repräsentativen Beispiels – einen Zinssatz angeben, zu dem das Kreditinstitut die überwiegende Anzahl seiner Kreditverträge abschließen wird. So soll Missverständnissen entgegen gewirkt werden, die zum Beispiel daraus resultieren können, dass ein in der Werbung angegebener Zinssatz eventuell nur Verbrauchern mit einer bestimmten Bonität angeboten wird.

Quelle: bankenverband.de

Etwas ausführlicher befasst sich der finance-blog mit den Konsequenzen der Verbraucherkreditrichtlinie:

Unklar ist auch, wie sich diese Änderung auf Kreditvergleichsportale auswirkt. Deren Geschäftsmodelle beruhen in der Regel darauf, verschiedene Kreditanbieter anhand von Zinssätzen zu vergleichen. Wenn die Banken keine Zinssätze mehr veröffentlichen, könnte dies schwierig werden! 

Ein weitgehend immer noch offenes Feld ist die Offenlegung von Provisionen. Auch darüber berichtet finance-blog.de:

Üblich sind Provsionen zwischen 0,5 und 1% je nach Darlehenshöhe und Aufwand. Gute Makler sind dieses Geld jedoch auch wert, denn sie beraten ja auch dafür und strukturieren die Finanzierung. Die Provisionsangabe lässt auch einen Vergleich mit Honorarberatern zu. Jedoch hat der Kunde bei einem Makler einen entscheidenden Vorteil: er weiß beim Abschluß, ob der Makler sein Geld wert ist. Beim Honoraberater wird das Honorar fällig, unabhängig davon ob der Berater eine gute Leistung erbracht hat!

Quelle: finance-blog.de

Übrigens: Es gibt auch unter den sozialen Kreditbörsen einen weitgehend unregulierten Graumarkt. Offenbar sind auf neuen Plattformen (für Unternehmenskunden) wie die Finn-Gruppe auch wieder einige alt bekannte Protagonisten unterwegs. Nach eigenen Angaben beschreibt das Unternehmen sein eigenes Tätigkeitsfeld so:

Die FINN AG ist Ihr Spezialist für die Bewertung beweglicher und unbeweglicher Kreditsicherungsgüter im Bankensektor. Die von der FINN AG entwickelte und neu am Markt etablierte Realbewertung ermöglicht es Banken und Investoren, ergänzend zu den bestehenden Bewertungsvorschriften, ein weitaus größeres Spektrum an Kreditsicherheiten zu akzeptieren.

Gleichzeitig schafft es die Realbewertungsmethode das Risiko eines Kreditausfalls für den Kreditgeber mit negativem Ausgang zu vermeiden. Auch im Bereich Kreditranking ermöglicht die Realbewertung eine Ausdehnung der bisher gezogenen Einschränkungen.

Quelle: finn-gruppe.com

Nun ja, was dürfen wir denn unter „Ausdehnung der bisher gezogenen Einschränkungen bei der Kreditvergabe“ verstehen? Werden jetzt die stilechten Möbel aus der Kaiserzeit von Opa und Opa in die Bonitätsbewertung mit einbezogen?  Darüber habe ich mit Blick auf die Nachgeschichte der grandios gescheiterten eher (unsozialen) Kreditbörse elolly.de – die Welt berichtete etwa hier -schon mal ausführlicher berichtet:

https://lochmaier.wordpress.com/2010/01/14/social-lending-unregulierter-kreditmarkt-chance-oder-dubioser-graumarkt/

… Und siehe da, wer auf die Seite des wieder animierten Nachfolgers von elolly lendyland.de klickt, dessen Lebensfaden schon wieder erloschen scheint, der landet jedoch heute per eleganter Rufumleitung auf den Seiten der Finn Gruppe.

Aufklärung tut also not, auch und gerade bei den sozialen Kreditbörsen. Im Januar 2010 sind mir noch weitere graue Schafe jenseits des immer wieder mit neuen Varianten in der Szene aktiven Dirk Morina aufgefallen. Gehen wir doch mal genauer ins Detail.

Als da wären:  So beschränken sich (Stand Januar 2010) etwa die Internetbetreiber der Plattformen geldmieten.de, leihdirgeld.de, privatkredite.nu, creditsuche.com, cashport24.com, monilo.de, McMoneys.com, privat-geld.eu, youcredit.com und gevopa.de ausschließlich darauf, nach einmaliger Registrierung den Kontakt zwischen den beiden Parteien herzustellen.

Einige Portale unter diesen Anbietern, wie namentlich geldmieten.de, creditsuche.com, McMoneys.com, monilo.de, privat-geld.eu, youcredit.com, gevopa.de und cashport24.com erheben dazu – meist vom Kreditnehmer und nicht vom Kapitalgeber – eine einmalige Anmeldegebühr, und zwar unabhängig davon, ob im späteren Verlauf überhaupt ein Vertragsabschluss zustande kommt, wodurch das Risiko allein den registrierten Parteien aufgebürdet wird. Ein genauer Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dieser Gruppe von Internetdienstleistern ohne Haftungsübernahme ist deshalb unverzichtbar.

Deshalb exklusiv aus meinem Buch „Die Bank sind wir“ einige Passagen, worauf bei Peer-to-Peer-Kreditbörsen zu achten wäre, damit wir hier die Spreu vom Weizen besser unterscheiden können:

Peer-to-Peer-Kreditvergabe: Verlässlichen Rahmen schaffen

… Abschließend zu diesem Kapitel folgt eine kurze Betrachtung, die aufzeigt, welche Rahmenbedingungen gegeben sein müssten, damit das auf einem „sozialen“ Interessenausgleich basierende Kreditmodell in einer finanziellen Anlegergemeinschaft sich für alle Beteiligten auf längere Sicht als zuverlässige und seriöse Alternative zu einer herkömmlichen Bank oder einem anderen Kreditanbieter etablieren kann. Der Betreiber sollte keine Vorabgebühren erheben, sondern nur eine Vergütung erhalten, wenn die Kreditvergabe erfolgreich zustande kam bzw. das Darlehen ausbezahlt worden ist. Der Betreiber sorgt für transparente Geschäftsbedingungen, indem er alle Kosten und fortlaufenden Gebühren für Kreditnehmer und Darlehensgeber offen darlegt. Er sorgt außerdem für eine ausreichende Einlagensicherung. Im Idealfall garantiert ein Bankinstitut im Hintergrund diesen Mechanismus. Haftungsrechtlich darf der Betreiber sich nicht leichtfertig aus der Affäre ziehen, indem er die Geschäfte nur anbahnt, jedoch nicht fortlaufend kontrolliert. Die Kreditnehmer werden mit einem ausgefeilten Scoring-Modell auf ihre Bonität geprüft. Der Verwendungszweck sollte stichprobenartig geprüft werden, um nicht in bestimmten Bonitätsklassen deutlich erhöhte Kreditausfälle zu generieren.

Der Betreiber sorgt des Weiteren für eine überschaubare Gruppierung der einzelnen Risikogruppen (Clustering), damit die Nutzer nach Gruppen sortiert ihre Risiken und Chancen in der jeweiligen Anlageklasse überblicken können. Die Verteilung der Gelder in einem breit gestreuten Anlegerpool kann eine wirksame Methode zur Risikominimierung darstellen. Ein Königsweg ist bislang noch nicht in Sicht. Auch der Verwendungszweck spielt eine Rolle. Sinnvolle Projekte mit Augenmaß sollten im Vordergrund stehen statt die Vermittlung von reinen Konsumkrediten in den Mittelpunkt zu stellen. Datenschutz und IT-Sicherheit seitens der Betreiber und Nutzer genießen oberste Priorität. Weder darf der Zugang zu den Online-Angeboten für fremde und unautorisierte Personen zugänglich sein noch darf es beim Betreiber einen laxen Umgang mit persönlichen Informationen geben. Die unautorisierte Weitergabe von Nutzerdaten an Dritte – zu welchem Zweck auch immer – ist ein absolutes Tabuthema.

Um ein Ausufern der Renditeansprüche der Kreditgeber zu begrenzen, empfiehlt es sich, analog zu den länderspezifischen Rahmenbedingungen, sinnvolle Obergrenzen für die Zinsgestaltung und Tilgungspraxis einzuführen. Anbieter mit internationalen Verflechtungen sind vom Gesetzgeber auf ein transparentes Geschäftsgebaren zu überprüfen, etwa mit Blick auf etwaige Haftungslücken. Kreditnehmer und Darlehensgeber sollten sich nicht persönlich mit Klarnamen und Wohnortadresse kennen, um erstens zu einer neutralen Entscheidung bei der Kreditvergabe zu gelangen, und zweitens, um persönlichen Streitigkeiten außerhalb des dafür vorgesehenen Rechtsrahmens keinen Vorschub zu leisten. Hohe Standards beim Datenschutz verhindern somit, dass persönliche Fehden über das Netz ausgetragen werden. Grundsätzlich ist von Vermittlungsbörsen abzuraten, die ohne einen rechtlich in der Verantwortung stehenden Moderator und Betreiber funktionieren, der für einen fairen Interessenausgleich zwischen Anleger und Kreditnehmer Sorge trägt. Nur in Verbindung mit den zuvor beschriebenen Mindeststandards ließe sich der Schutz von Anlegern und Kreditnehmern auf wirksame Art und Weise gewährleisten.

Quelle: www.die-bank-sind-wir.de

Übrigens: Guter Service kostet Geld und Gebühren, das gilt auch für die finanziellen „sozialen“ Netzwerke wie Smava. Und auch auf dem Blog von Deutschland führender Online-Kreditbörse (der laut Gründer Alexander Artope nur insofern das klischeehafte Etikett „sozial“ anheftet, weil sie ein erfolgreiches Geschäft zwischen zwei Parteien vermittelt) wird die neue Verbrauchkreditrichtlinie kurz beleuchtet:

Wir begrüßen diese Veränderungen und hoffen, dass es nun für Kreditnehmer leichter wird den passenden Anbieter zu finden. Für smava ändert sich durch die Richtlinie nicht sonderlich viel, da unsere Zinsen bereits zu jeder Zeit transparent in unseren Statistiken ersichtlich waren. Auch war eine Kündigung immer möglich, sogar ohne Vorfälligkeitsentschädigung.

Quelle: smava-blog.de

Auf dem Monitoring-Blog der Online-Kreditbörsen P2p_kredite von Claus Lehmann gibt es übrigens einen interessanten Eintrag zu den Marktplatzstatistiken von Smava, der sicherlich für einigen Diskussionsstoff sorgen wird:

http://www.p2p-kredite.com/neue-smava-marktplatzstatistiken_2010.html

So beträgt der Anteil der ausgefallenen H36 Kredite 28,9% – eine deutliche Warnung. Die Rechnung mit den neuen Risikowerten (siehe frühere Artikel) führt nun natürlich auch zu niedrigeren angezeigten erwarteten Renditen. In den letzten 120 Tagen legten Anleger in H36 zu einem durchschnittlichen Nominalzins von 12% an. Wenn der neue Risikoaufschlag von Smava sich als realistisch herausstellen sollte, dann werden diese Anleger eine negative Rendite von 1% haben.

Und weiter unten bilanziert P2P-Kredite:

Ich erwarte, dass die neue Berechnungsweise, die geringere Renditeerwartungen anzeigt, zu mehr Vorsicht bei den Anlegern führt und damit die Smava Zinsen im Juni und Juli 2010 deutlich gegenüber Mai 2010 steigen werden.

Es gibt aber andererseits auch einiges Positive über Smava zu sagen, keine Frage. Und damit bin ich abschließend bei der großen Politikmaschinerie angekommen, denn auch der Deutsche Bundestag hat sich mit den sozialen Kreditbörsen befasst, berichtet ebenfalls P2P-Kredite hier

Die Bilanz fällt aber eher nüchtern aus:

Sieht für mich so aus, als ob man sich hauptsächlich mehr Kontrolle und nicht wirklich Alternativen zu Bankkrediten bei den Grünen wünscht. Interessant wäre was CDU/CSU, FDP bzw. SPD über das Thema denken.

Leider machen es die grau-schwarzen Schafe nicht ganz so einfach, dass sich diese neue Anlageform so leicht etabliert. Wenn etwa das deutsche Pendant zu Smava – auxmoney – damit wirbt, Kredite mit dem (hoffentlich auch morgen noch vorhandenen) PKW abzusichern, dann darf man getrost die Frage stellen, welche Art der Wertschöpfungskette hier betrieben wird, und wie weit wir noch von dem Treiben der Finanzindustrie entfernt sind, die uns durch plötzlich unerklärliche Risikoketten ohne Verursacherprinzip eine bis heute anhaltende Wirtschaftskrise mit beschert hat.

Aber lesen Sie doch selbst, wie sie Ihren Opa und Ihre Oma auch noch an den nächsten Hausierer online verticken können:

http://www.banktip.de/News/25051/kredite-bei-auxmoney-mit-dem-pkw-absichern.html

Ein kleiner Auszug:

Derzeit verläuft die Rückzahlung der vergegebenen Kredite nach Angaben von auxmoney bei 94 Prozent der Fälle ohne Probleme. 5,8 Prozent der vergebenen Kredite gehen ins Inkasso und nur 0,19 Prozent der Kredite fallen komplett aus. Dies soll durch die Kfz-Beleihung noch weiter verringert werden. 

Und weiter unten sind wir endgültig in der „Bunti-Klicki-Welt der Kreditblase 2.0“ angekommen:

Wer sein Geld bei auxmoney anlegt, erkennt die Absicherung an einem Kfz-Symbol auf dem Profil des Kreditsuchenenden. Der Kreditnehmer muss zuvor den Eigentumsnachweis mit Hilfe des Kfz-Briefs erbringen. Entscheidet man sich für diese Absicherung, muss der Kfz-Eigentümer diverse Parameter des Fahrzeugs in einer Maske eingeben, um den aktuellen Wiederbeschaffungswert über DAT online zu erfahren. Unter anderem werden Modell, Baujahr und Laufleistung eingegeben, um den Wert der Kfz-Sicherheit für einen Kredit zu ermitteln. 

Quelle: banktip.de

Alles klar, na dann viel Spaß mit dem mehrfach beliehenen „Sozialkredit“. Diese Reise ins digitale Nirwana muss man jedoch nicht unbedingt antreten.  Hier hat der „finanzfuchs“ die beiden Varianten Smava und Auxmoney mal  – im Oktober 2009 – verglichen (aber das ist nur eine Stimme unter vielen, prüfen Sie lieber jeden Kredit und/oder Geldanlage in Eigenregie):

 

Written by lochmaier

Juni 13, 2010 at 4:44 pm

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