Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Interaktive Bankenlandkarte: Quo Vadis Social Banking?

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Die beiden Gastautoren Chris Chard und Ken Knoll hatten ja bereits über die Veranstaltung „Quo Vadis Social Banking? hier berichtet. Kurzum: Die bunt gefächerte Social Banking Szene traf sich in Mainhatten, an der hiesigen kleinen Wall Street, wo es hinter den Kulissen brodelt wie in einem kleinen isländischen Geysir. Denn der schleichende Vertrauensverlust seitens der Kunden hält weiter an.

Da kann es so manchem schon den Boden unter den Füßen wegreißen. Es ist wie das Spiel des Ehemanns mit seiner Geliebten, der ihr immer wieder die Ehe verspricht, dann aber doch seine Frau nicht verlässt. Kurzum: Die Banken haben sich bisher noch nicht ausreichend auf den Kunden zubewegt, der Kontakt auf Augenhöhe, transparente und nachvollziehbare Produkte, daran mangelt es immer noch.

Kein Wunder also, dass alternative Anlageklassen profitieren, weil irgendwann jede Geliebte frustriert das Weite von ihrem seelischen Peiniger sucht. So profitieren Öko- und Sozialbanken wie ebenso die neuen Internetansätze im Social Banking gleichermaßen vom Vertrauensverlust der arrivierten Spieler.

Und das sind die neuen oder teilweise nicht ganz so neuen Firmen am Social Banking Markt:

Social Banking: Keine Eintagsfliege, sondern ein mit rejustierten Geschäftsmodellen langfristig verankerter Wandel

Zur Graphik: Die Noa Bank existiert nicht mehr, interessant auch, dass es Investtor mit seinem „Mitmach-Aktienfonds“ offenbar gelungen ist, in relativ kurzer Zeit ins Bewusstsein der am Social Banking interessierten Fachöffentlichkeit zu gelangen. Dies zeigt, dass auch das Börsenparkett von der Suche nach neuen Geschäftsmodellen erfasst wird.  

Freilich müssen die neuen Himmelsstürmer noch zeigen, dass sie es besser machen als diejenigen, die sie oft kritisch unters Visier nehmen (s. den gescheiterten Versuch der Noa Bank). Und natürlich sind auch die Erwartungen an die neuen „Social Banks“ hoch geschraubt, sie dürfen sich nicht so viele, oder praktisch gar keine Fehler erlauben, wie etwa eine Hypo Real Estate, wo sich die Versäumnisse gar nicht mehr auflisten lassen.

Aber dass unterschiedlichen Varianten von Social Banking – den Begriff sollte man sehr weit fassen – die Zukunft gehört, zeigt sich an vielen Nachrichten, die auf diesem Weblog im Lauf des Jahres veröffentlicht worden sind. Weitere Belege gefällig: Eine Bankengründungswelle rollt über die (vermeintlich doch so konservative) Schweiz.  

Die „Realwirtschaft“ allen voran die Siemens-Bank stellt parallele Bankensysteme auf die Beine, keine Revolution, aber es dient neben Finanzierungslösungen für die eigene Klientel dem vom „Kunden in Eigenregie“ auch selbst sorgfältiger austarierten Chancen-Risikomanagement.  Dazu berichtet finews.ch:

Im Begriff, eine Bank ins Leben zu rufen, ist auch der frühere Swissfirst-Gründer Thomas Matter. Sein Institut will sich um die finanziellen Bedürfnisse von Unternehmern kümmern, nachdem Matter selber schlechte Erfahrungen mit mehreren Banken gemacht hatte.

Die Kundenberater seien gar nicht richtig auf seine Wünsche eingegangen oder hätten einfach zu wenig von der Materie verstanden, sagt er. Matter ist kein Einzelfall.

Quelle: finews.ch

Auch in Deutschland werden sich in den kommenden Jahren neue Banken und Geschäftsmodelle gründen. Bisher monopolartige Strukturen wird durch konkurrenzhafte Netzwerkmodelle ein Korrektiv gegenüberbestellt. Es bleibt nicht bei der Eintagsfliege namens Social Banking 1.0 und 2.0. 

Ach ja, Sie wissen nicht was Social Banking ist? Dann gehören sie zu jenen 85 Prozent der Bevölkerung, die dies auch nicht wissen. Aber immerhin: 15 Prozent wissen schon Bescheid, wo es mit dem Innovationszug in der Bankenbranche langgeht.  Jedenfalls haben YouGovPsychonomics, ergo Kommunikation und EVERS & JUNG in einer repräsentativen Befragung dem Volkes Zorn oder der vermeintlichen Ohnmacht in finanziellen Dingen etwas genauer auf den Puls gefühlt (s. Graphik oben).

Die Ergebnisse sind durchaus überraschend, wenngleich sie ein vielschichtiges und teils widersprüchliches Stimmungsbild ergeben, wie sich die unterschiedlichen Marktsegmente, die unter dem Dach von Social Banking firmieren, künftig entwickeln werden. Dass sie sich weiter entwickeln, daran zweifelt kaum einer. Meine klare These: Es wird kein Massenmarkt, aber auch keine Nische, sondern ein Massennischenmarkt.

Denn die Zielgruppe von Social Banking sind die interessanten Bankkunden, diejenigen, die Geld und Verstand haben. Und wie wir wissen, rennen dann ja viele Menschen etwas hinterher, voraus gesetzt alle anderen tun es. Aber manche Branchenexperten halten Social Banking für eine kleinteilige „Peanuts-Ökonomie“, ohne Einfluss auf das große Räderwerk in der Finanzindustrie.

Das stimmt auf den ersten Blick betrachtet. Es ist ein Massennischenmarkt, bei dem Innovatoren voran gehen, und ein Teil der Masse dann folgen wird, wenn sich Alternativen etabliert haben und sich als verlässlich erweisen. Dazu braucht es weder wissenschaftliche Studien, sondern nur eine gute Beobachtungsgabe zu den Veränderungen in Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft.

Zum Hintergrund der unterschiedlichen Social Banking Philosophien empfehle ich ansonsten noch meinen Beitrag Social Banking 1.0 meets 2.0: Kreative Diskussion rund um zwei expansive Planeten. Und die weiteren Ergebnisse der repräsentativen Befragung, die in Frankfurt das Licht der Welt erblickten, lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen:

  • 70 Prozent der Bundesbürger wünschen sich ein Höchstmaß an Transparenz von ihrer Bank: Sie möchten wissen, wie und wo die Spareinlagen der Kunden angelegt oder für welche Zwecke damit Kredite vergeben werden.
  • 85 Prozent ist der Begriff „Social Banking“ nicht bekannt.
  • Anbieter, die das Soziale ihres Geschäftsmodells vorrangig auf ihre Community- und Web 2.0-Ansätze beziehen, sind ebenfalls nur einer Minderheit bekannt (21 Prozent).
  • Die Idee, Kredite von Privat zu Privat über eine Internetplattform zu vergeben (sogenannte P2P-Plattformen) und die Bank als klassischen Intermediär zu umgehen, finden 61 Prozent generell gut ‒ bislang haben aber nur 2 Prozent ein solches Angebot überhaupt genutzt.
  • Nutzer von P2P-Plattformen (2 Prozent der Bundesbürger) beurteilen diese Angebote überwiegend positiv, 60 Prozent von ihnen zeigen sich damit sehr zufrieden.
  • P2P-Plattformen im Finanzbereich haben offensichtlich ein großes Marktpotenzial: 38 Prozent der Bundesbürger können sich vorstellen, entsprechend Geld von privat zu privat zu verleihen.

Quelle: Facebook/Finanzdienstleister 2.0

Die Veranstaltung hat mittlerweile auch ein gewisses Echo in der Pressewelt gefunden, wenngleich teilweise unter etwas gewöhnungsbedürftigen Überschriften. So titelt die TAZ beispielsweise Gutes Gewissen statt guter Geschäfte. Auch die Börsenzeitung verfährt etwas grob holzschnittartig nach dem Motto: Platte Botschaften, gute Ansätze.

Also bei wem hier der Reifen platt gefahren ist, wird sich erst noch zeigen. Wenig weiter bringt die Kommentatoren jedenfalls die immer wieder aus dem Köcher gezogene sehr deutsche Praxis, dass Gewinne und Verantwortungsübernahme sich gegenseitig  ausschließen. Solche Schwarz-Weiß-Malerei ist einfach nur langweilig. Und hier kann man sich in einem Auszug die Studienergebnisse zum Trendmonitor Social Banking noch genauer ansehen:

Hinweis: In den kommenden Wochen blickt Social Banking 2.0 in 12 Teilen, sprich vier „Quartalsberichten“ auf das vergangene Jahr in der alten wie neuen interaktiven Bankenlandkarte zurück.

Written by lochmaier

Dezember 8, 2010 um 8:34 am

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