Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Commonwealth Bank: Social Media Policy, PR-Desaster und Erklärungsversuche

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Wie eine Bank den Umgang mit den Social Media Richtlinien nicht betreiben sollte, das zeigte sich jüngst am Beispiel der Commonwealth Bank, dem zweitgrößten australischen Institut, das jedoch in ganz Asien und Ozeanien aktiv ist.  Thefinancialbrand berichtet quasi aus dem Auge des Orkans:

A controversial two-page social media policy Commonwealth Bank introduced to its employees back in December has turned into a public relations disaster. The document threatens “serious disciplinary action which may include termination” for a range of online activities extending far beyond office walls.

The policy forbids its employees from doing anything online that may damage the bank’s brand. Most troublesome is a section of the policy informing employees they would be held accountable for the actions of their online friends.

Fassen wir es mal kurz zusammen: Die Mitarbeiter werden von der Commonwealth Bank verantwortlich gemacht für die Taten ihrer „Online-Freunde“. Ein beispielloser Vorgang, der mir aber bestätigt:

Banken sind ähnlich straff und hierarchisch wie das Militär organisiert

Wir wissen es, jenseits von Bankenbashing erfüllen Kreditinstitute wichtige Aufgaben in der Wirtschaft. Aber: Mit Blick auf den privaten Endkonsumenten werden die Produkte oben entworfen, unten müssen sie von den Mitarbeitern unkommentiert unters Volk gebracht werden. Dafür gibts dann ein Schmerzensgeld, so dass die Angestellten ihr kleines Häuschen bauen dürfen. Wehe dem, der aus Reih und Glied ausschert. Das ist Fahnenflucht.

Was auf den ersten Blick bei diesem Fall noch recht harmlos klang, das endete schließlich in einem grandiosen PR-Desaster, das wieder einmal zeigt, dass Banken die neue Philosophie der vorsichtigen Öffnung nach außen noch längst nicht verstanden haben. Auch hierzulande hört man hinter den Kulissen die generalstabsmäßig vorgetragene operative Parole: Können wir das Web 2.0 nicht verbieten?

Ich persönlich finde diese Idee gar nicht mal schlecht, denn dann hätten wir nur noch eine bequeme Einheitsmeinung, so wie in einer Diktatur. Dann müsste ich nicht mehr nachdenken, bevor ich diese Zeilen schreibe, sondern hätte nur noch ein vorgegebenes Denkraster zu präsentieren.  

Dass autokratische Regierungsformen im Finanz- und Bankwesen durchaus eine ideale Staatsform darstellte, darf man – natürlich nur ironisch – durchaus so pointieren. Denn der Kunde soll ja in der Bank der Zukunft nicht allzusehr die Regie übernehmen, gerade in der Welt von Social Media, wie es ein Gastbeitrag in der Börsenzeitung mit (leider nicht gekennzeichnetem) Verweis auf dieses Weblog Social Banking 2.0 impliziert.

Trotzdem dämmert es allmählich den Insidern, mit den Worten der Börsenzeitung gesprochen:

Social Media verändern den Finanzplatz – Neue Formen der Kommunikation mit den Kunden erforderlich – Banken müssen rasch reagieren

 

Stellt sich bloß die Frage, wie die Umsetzung von Social Media bei den Banken gelingt, wo doch selbst die Quadratur des Kreises einfacher scheint? Werfen wir nochmal einen Blick zur Commonwealth Bank, um festzuhalten, wie es nicht gelingt, wie man auf der operativen Eisfläche namens Social Media ausrutschen kann.

Das Medienecho war enorm, nur nicht wie gewünscht. Nun ja, der Gründer der Quirin Bank Karl Matthäus Schmidt behauptet immerhin, dass Banken gar keine Transparenz wollen, und zwar im ZEIT – Interview. Ganz so unrecht hat er dabei nicht, denn Social Media sind so was wie ein eingewobener Systemfehler im Kommunikationssystem von Banken.

Noch eleganter ausgedrückt, so dass es kaum einer versteht: Facebook und Co. widersprechen diametral der fundamentalen Produktphilosophie von Banken. In einem meiner letzten Beiträge habe ich die Basislektionen aufgezeigt, wie eine Bank Social Media auf Augenhöhe mit dem Kunden betreiben kann.

Das nun folgende Leitmotiv funktioniert freilich erst dann, wenn auch die Produkte dahinter tatsächlich auf das Wohl des Kunden (Mitarbeiter) – und der Bank im Gleichklang ausgerichtet sind. Un- and Overbanked: Milliardenmarkt für Social Media? Davon freilich sind wir weit entfernt.  Wie gesagt, der provokative Vergleich mit militärischen Kommandostrukturen ist so weit von der Realität auch nicht entfernt, wie manche es gerne glauben.  

Vor kurzem traf ich zufällig Bundesbank-Chef Axel Weber am Flughafen Tegel. Nein, auch ich weiß nicht ganz genau, ob er jetzt zur Deutschen Bank wechselt. Aber da fiel es mir wieder ein – er wurde kürzlich im Handelsblatt mit folgender Überschrift zitiert: Bundesbank warnt Anleger vor Banken  .

Eine revolutionäre Überschrift, die heute im allgemeinen Mediengewitter untergeht, aber es ist schon bezeichnend, wenn sich eine derartige Institution genötigt sieht, auf den „Gebührenfresser Bank“ hinzuweisen, und sogar kostengünstige Anlagen in börsengehandelten Anlageprodukte zu empfehlen, die laut Handelsblatt-Artikel passiv einen Vergleichsindex abbilden, so genannte Exchange Traded Funds (ETFs).

Es gibt aber auch Banken, die genau diesen Trend der Zeit gerade im Segment der Besserverdiener erkannt haben, so wie die Schweizer Nettobank. Sie hat sich ans Werk gemacht, die Umsetzung der neuen Anlagestrategie im Private Banking mit indexnahen, transparenten und liquiden Instrumenten mit Fokus auf eben jene ETFs einzuleiten.  Jedem Leser, dem auch das noch zu komplex ist, empfehle ich ein ganz simples Finanzmanagement. Was man nicht versteht, davon lässt man oder frau die Finger.

Das soll jetzt übrigens keine Werbung für die Nettobank und deren ETF’s sein, es soll aber einen Trend aufzeigen. Für all die übrigen geprellten Anleger weise ich auf folgendes hin, eine Anlage, die mir ein Leser freundlicherweise zur Einsichtnahme überrreicht hat, was die perfide Machart der meisten Bankprodukte demaskiert. Da hilft dann auch kein Social Media, noch dazu wenn es wie bei der Commonwealth Bank mit Verboten gepflastert ist, sprechen Sie bloß nicht mit Ihrem Nachbarn über unsere Bank.

So versprach im Juni 2008 ein Vollrisikozertifikat der BW Bank dem Anleger nicht nur eine sichere Anlage, sondern auch eine hohe Rendite. Dumm nur, dass das Produkt direkt an die Daimler-Aktie gekoppelt war, die dann im Laufe der Finanzkrise abstürzte.

Aber da gab es ja einen Sicherheitspuffer, der freilich besagte, dass der Kunde die Aktie dann nicht zum niederen Kurs nach der Finanzkrise übernehmen könnte, sondern zu einem vorab fixierten hohen Kurs (der dann doppelt so hoch war).

Vollrisikozertifikate sind übrigens Schuldverschreibungen mit einigen leider nur kleingedruckten Nicklichkeiten, bei denen die Wertentwicklung von der Entwicklung eines Basiswerts, z. B. eines Indexes oder eines Aktienkorbs, abhängig von etwas ist, worauf der Anleger gar keinen Einfluss hat. Er verliert in der Regel sowieso, und die Bank gewinnt doppelt.

Es führt jetzt zu weit, den Vorgang im Detail nochmal aufzuarbeiten, aber die Bank profitiert immer, im einen wie im anderen Fall. Der Anleger bräuchte dann zwei Fachleute auf seiner Seite, einen Rechtsanwalt, um das Vertragskonstrukt überhaupt zu verstehen, und einen Finanzspezialisten, der es auf Kosten sowie Chancen-Risikoprofil durchleutet.

Sie merken, worauf ich hinaus will: Social Media ist nur dann nützlich, wenn die Produkte dahinter stimmen. Ansonsten belässt es die Branche lieber bei dem Motto: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Das aber funktioniert, wie wir am Beispiel der Commonwealth Bank gesehen haben, nur mit einem Maulkorb- und Bespitzelungsauftrag an die eigenen Mitarbeiter bis in den privaten Freundeskreis hinein.

Vielleicht wendet sich ja die jüngere Generation irgendwann anderen Arbeitgebern zu, die nicht auf einer derart fragwürdigen Social Media Policy aufsatteln? Hier noch ein Video, wie die Bank ihren Kundenservice bis 2013 verbessern will. Ich hätte dazu schon eine Idee …

Written by lochmaier

Februar 10, 2011 um 7:36 am

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  1. […] This post was mentioned on Twitter by AIXhibit SocialMedia, Lothar Lochmaier. Lothar Lochmaier said: Commonwealth Bank: Social Media Policy, PR-Desaster und Erklärungsversuche – Blogeintrag und Analyse der Case Study http://bit.ly/fHkcmi […]

  2. […] den Beitrag weiterlesen: Commonwealth Bank: Social Media Policy, PR-Desaster und … Tags:analyse, policy, social-media, xhibit-social, der-freilich, nach-der, dann-nicht, Aktie, […]

  3. […] schon einmal negativ aufgefallene australische Commonwealth Bank (Siehe mein früherer Beitrag: Commonwealth Bank: Social Media Policy, PR-Desaster und Erklärungsversuche) jetzt plötzlich im kreativen Umkehrschub mit dem zeitgemäßen Leitmotiv: „Erledigen Sie Ihr […]


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