Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Nettobank: Neuer Ansatz in der internetbasierten Kundenorientierung?

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„Wir sind hochgradig lernfähig“, sagt die Nettobank, eine Schwestergesellschaft der Privatbank Wegelin, die seit April dieses Jahres onlinebasiertes Private Banking anbietet. Verwaltungsratspräsident Christian Hafner erklärt das Konzept auf der Plattform schweizerbank.ch – einige Auszüge aus Sicht von Social Banking 2.0: 

SB: Oft sagt man, der Mehrwert des Private Banking sei die persönliche Beratung. Warum schliessen Sie diese bei der Nettobank aus?

Hafner: Wir gehen davon aus, dass es Kunden gibt, die eben eine persönliche Beratung genau nicht wollen. Sei es, dass sie deren Mehrwert nicht sehen, dass sie es mühsam finden, persönlich bei einer Bank vorbeizugehen oder dass sie von ihrem Berater enttäuscht worden sind. Wer sein Risikoprofil daheim in Ruhe ausfüllt, hat überdies auch gleich alle nötigen Dokumente griffbereit.

SB: Welchen Mehrwert bietet die Nettobank?

Hafner: Mit uns zu investieren, ist zeitsparend und unkompliziert. Die Festlegung des Risikoprofils ist völlig transparent und zuhanden des Kunden dokumentiert. Der hohe Automatisierungsgrad äussert sich auch in tieferen Kosten.

SB: Wie spielt sich Ihre Kundenwerbung ab?

Hafner: Speziell an unserem Geschäftsmodell ist, dass wir auf der Kunden-Akquisitionsseite null Sicherheit haben, während sich unsere Kosten sehr genau bestimmen lassen, zumal wir die Technologie grösstenteils von Wegelin & Co. beziehen. Wir entschieden uns beim Thema der Kundenwerbung gegen Agenturen und Berater. Wir testen selber verschiedene Kommunikationskanäle mit einem relativ bescheidenen finanziellen Einsatz. Das birgt das Risiko eines langsamen Starts, aber verspricht dafür wirklich originelle Lösungen. Bereits sind wir auf Facebook mit einem eigenen Profil präsent. Wir haben ein Spiel entwickelt, das Nettoman heisst und an die alten Pacman-Spiele erinnert. So können sich potenzielle Kunden spielerisch der Bank nähern. Unser Team repräsentiert sehr gut die Alterskategorie und die Denkweise unserer Zielgruppe und ist hoch motiviert, Lösungen auszutüfteln. Soll sich der CEO per Web-TV an seine Kunden wenden? Wenn ja, mit welchem Inhalt? Was ist hip genug, um interessant zu sein, aber nicht so hip, dass es unseriös wirkt? Andere Banken können noch lange zuwarten bis sie sich mit solchen Themen beschäftigen, wir als Internet-Bank aber müssen zuvorderst mitmachen.

SB: Was stimmt Sie zuversichtlich, den richtigen Einstiegsmoment erwischt zu haben?

Hafner: Den richtigen Moment kann man immer erst im Nachhinein bestimmen. Notfalls haben wir einen langen Atem und sind lernfähig. Allerdings gibt es im Moment diverse Anzeichen, dass Banken im In- und Ausland in E-Banking-Lösungen der nächsten Generation investieren. Das gibt uns Zuversicht. Immer mehr Kunden gewöhnen sich überdies in anderen Branchen – etwa bei Versicherungen – an Online-Geschäftsabschlüsse. Und dazu ist Innovation einer der Geschäftspfeiler der Privatbank Wegelin.

Quelle: schweizerbank.ch

Die Schweizer Handelszeitung beleuchtet den neuen Markenauftritt des Abkömmlings der Schweizer Privatbank Wegelin in einem Interview ebenfalls genauer:

Handelszeitung: Wie geht die Entwicklung weiter?
 
Bürki: Viele Privatbanken sind an vergleichbaren Modellen interessiert. Es ist ganz klar, dass dort neue Konkurrenten für uns entstehen. Der Finanzplatz sucht nach der Krise nach neuen Lösungen. Die Technologien werden zudem immer leichter zugänglich und der elektronische Weg ist dabei unumgänglich.
 
Weshalb?
 
Bürki: Es gibt auch bei den Privatbankkunden einen Generationenwechsel. Jüngere Kunden sind komplett Internet-affin. Sie haben alle ein iPad und ein Blackberry, wollen jederzeit die Performance des Portefeuilles überprüfen und vielleicht sogar darüber mitbestimmen. Institute, die nicht an solchen Tools arbeiten, verpassen die Zukunft. In zwei bis drei Jahren werden alle Banken über mobile Geräte zugänglich sein. Das iPad und seine Konkurrenten treiben diese Entwicklung an.
 
Quelle: Handelszeitung

Dem letzten Abschnitt mit den von mir schwarz hervorgehobenen Passagen gibt es kaum etwas hinzuzufügen. Außer, dass die Praxis den hohen Ansprüchen hinter her hinkt. Aber es gibt offenbar bereits Banken, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Social Banking 2.0 wird die Umsetzung dieser neuen Philosophie weiter beobachten. Hier noch ein (von mir nicht als Werbung durch die Hintertüre gedachter) Werbespot der Nettobank zur Info:

Ein längeres Video-Interview beim Münchner Unternehmerkreis und ein ausführlicher Erfahrungsbericht mit den Machern der Nettobank findet sich hier. Hörens- und sehenswert in voller Länge von knapp einer halben Stunde für all jene, die sich näher mit der Zukunft der „kundenorientierten“ Bank in der gehobenen Vermögensverwaltung 2.0 befassen wollen. 

Und wer sich mit der Mutter Wegelin Bank genauer befassen will, der wird gerade mit Blick auf eine neue – gleichwohl nicht immer harmonisch verlaufende – Kommunikationskultur in einer Analyse von Rolando Baron auf dem Schweizer Weblog der Kommunikationswirtschaft fündig:

Die Bank Wegelin – besonders ihr CEO Dr. Hummler – tritt mit teils kontrovers diskutierten Statements in der Öffentlichkeit auf.  Mit diesen Aussagen schafft es die Bank, ein intangibles Finanzinstitut tangibel zu machen. Der Benefit: Ein klares Profil. Der Vorteil dieses klaren Profils: Es bietet Anknüpfungspunkte, aber auch Reibungspunkte. So ermöglicht die Bank es den Kunden, selbst eine Haltung einzunehmen. Sie schafft Orientierung und wer Orientierung schafft, erfüllt die zentrale Aufgabe einer jeden Marke: Die Bildung von Vertrauen.  

Quelle: blog.persönlich.com

Noch ist von dieser neuen Kommunikationswelt außer relativ viel Blendwerk wenig zu sehen. Man kann den neuen Ansatz in der internetbasierten Kundenorientierung, der dieses Etikett verdient, mit den Worten eines Netzökonom-Beitrags zum Thema Unternehmen fehlen die Strukturen für Social Media mit einfachen Worten auch so zusammen fassen:

Je länger die Unternehmen die sozialen Medien schon einsetzen, desto stärker wird der Nutzen erkannt und desto weniger werden die sozialen Medien als Modeerscheinung tituliert.

Vor einem allzu raschen Eintritt in dieses neue Kundenuniversum zwischen Käufer und Verkäufer auf Augenhöhe sollte allerdings gewarnt werden, denn, so bilanzieren die webguerillas, „Kommt endlich mal zum Punkt!” – der da vielleicht wäre:

Sind Fans einfach nur Menschen, die den Empfang einer Werbebotschaft mit ihrem “Like” quasi-schriftlich quittieren oder schaffen es Unternehmen über Social Media, echte Massenbewegungen zu initiieren? Betreiben wir Social Media Kommunikation bloß als selbstreferenzielle l’art pour l’art oder aber als eine substantielle Dienstleistung von echtem Wert – als einen wahrgenommenen und authentischen Bestandteil der Wertschöpfungskette? Gezwungener Dialog unter jeder Augenhöhe erschafft nur verstümmelte Egos ehemals leuchtender Marken. Wer aber die Massen begeistern kann, wird zu einem Rockstar und steht plötzlich auf einer Bühne vor einem Millionenpublikum.

Und so darf mit den Worten der webguerillas abschließend folgender Gleichklang in der internetbasierten Kundenbeziehung einer Bank wie folgt testiert werden:

Die wirklich erfolgreichen Social Media Strategien werden jene sein, die auf einen nachhaltigen Aufbau von Werten ausgerichtet sind. Strategien die es einem Unternehmen erlauben, auf der Crowd zur Bühne zu surfen. Nur dann wird aus dem Loss-on-Ignoring auch endlich ein Return-on-Investment.

Quelle: webguerillas.de

Und hier erklärt Peter Kruse der Deutschen Telekom (vorsichtig aber deutlich) die Vorzüge des Web 2.0 Unternehmens, bei dem das Internet als „Turbolader“ fungiert:

Written by lochmaier

August 25, 2010 um 10:52 am

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  1. […] Für Lothar Lochmaier (Autor des Buches “Social Banking 2.0″) sind die wirklich erfo… […]


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