Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Smava: Interview mit Alexander Artopé – Neuen Standard im Kreditgeschäft einführen

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Wer den Artikel von Dirk Elsner „Seid Ihr die Bank? Stärkste Industrie aber das schwächste Bankensystem aufmerksam gelesen hat, wird feststellen, welches Potential in den Alternativen zur teils phantasielosen „Finanzindustrie“ schlummert – und das ganz jenseits von zu hoch gesteckten moralischen Kriterien.

So titelt Boris Janek von Finance 2.0: „Das Buch von Lothar Lochmaier: Die Bank sind wir könnte das inoffizielle Programm dieser Veränderungsbewegung sein oder werden.“

Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass dieses Jahrzehnt gravierende Veränderungen in der Art des Bankgeschäfts bringen wird. Es gibt neben zahlreichen Risiken auch viele neue Chancen.

Vor einigen Tagen habe ich in diesem Weblog vom neuen Joint Venture zwischen Personal Finance- und Social Lending Anbietern wie mint.com und Lending Club berichtet – es ist tatsächlich vieles in Bewegung, es ist das Jahrzehnt von Social Banking (2.0) in seinen unterschiedlichen Facetten. Die Spreu wird sich vom Weizen trennen, die Angebote werden reifen, und sie werden sich immer mehr professionalisieren.

Der gesellschaftliche Paradigmenwandel – insbesondere die jüngere hoch qualifizierte Mittelschicht – wird sich alternativen Anlageklassen zuwenden, die ihnen mehr Selbststeuerung und Autonomie ermöglichen, als ausgebrannte staatliche Institutionen und zahlreiche in die Krise geratene Geschäftsmodelle sogenannter Leitbranchen – und dazu gehören eben auch die meisten Banken, die weiterhin das Motto „business as usual“ propagieren.  

Dies ist für dieses Weblog Social Banking 2.0 ein Grund mehr, sich über den Status Quo der (auch) nutzerbasierten Regieführung von neuen Anlagevarianten mit Alexander Artope zu unterhalten, dem Geschäftsführer von Smava, und ihn zu seinen Einschätzungen über den Markt der von den Mitgliedern selbst mitgestalteten Geld- und Kreditvergabe zu befragen. Smava gehört neben Zopa und Lending Club immerhin zu den weltweit führenden Peer-to-Peer-Kreditbörsen.

Social Banking 2.0: Herr Artope, wie beurteilen Sie denn die Zusammenarbeit zwischen einer Social Lending Plattform wie Lending Club und dem Spezialisten für die persönliche Finanzbuchhaltung Mint.com aus strategischer Business-Perspektive?

Artope: Das passt gut zusammen. Beide Finanzdienstleister sprechen eine ähnliche Zielgruppe an: Erstens Menschen, die ihre Geldgeschäfte und Finanzen primär online tätigen. Zweitens Leute, denen Selbstbestimmung und Transparenz wichtig ist. Und beide Partner bieten jeweils ein Produkt an, dass die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe auf eine innovative Art bedient. Folgerichtig halte ich es für strategisch sinnvoll, dass diese Dienste eine Kooperation eingehen.

Social Banking 2.0: Bislang wachsen die Social Lending Plattformen weltweit zwar mit zweistelligen Raten, dennoch befinden sie sich bezogen auf den gesamten Kuchen in der Kreditvergabe immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Welche Wege sind denn aus Ihrer Sicht geeignet, damit Peer-to-Peer-Lending und P2P-Banking an Schlagkraft gewinnen?

Artope: Generell lautet für mich die Überschrift über das Thema eher „alternatives Banking“ und nicht nur  „Social Lending“. Darunter verstehe ich neben smava.de Anbieter wie die Fidor, die Triodos Bank oder auch die GLS Bank. Diese Anbieter vereint das Ziel, neuartige Finanzdienstleistungen zu bieten, die es bei klassischen Banken nicht gibt. Und: sie vereint das Ziel, transparent zu sein und häufig mit ihren Kunden zu kommunizieren. Bezogen auf smava.de arbeiten wir ständig daran, die Bekanntheit von smava.de weiter auszubauen, so dass immer mehr Leute smava.de nutzen.

Social Banking 2.0: smava setzt auf die Kooperation mit Cortal Consors. Glauben Sie, dass die Kooperation mit einem führenden Börsenbroker der richtige Weg für das unternehmerische Wachstum darstellt, oder sind die Nutzertypologien beider Plattformen nicht zu unterschiedlich?

Artope: Cortal Consors ist aus zwei Gründen für uns ein guter Partner. Erstens denke ich, dass Cortal als Direktbank teilweise eine vergleichbare Zielgruppe wie smava.de anspricht – Leute die einfach und zu guten Konditionen ihre Geldgeschäfte online vornehmen möchten. Zweitens ist Cortal ein sehr innovativer Finanzdienstleister. Cortal hat als erste Bank weltweit eine Kooperation mit einem Social Lending-Anbieter abgeschlossen, damit ihre Kunden die Anlageklasse „Privatkredit“ kennen lernen und nutzen können. Im Ergebnis ist die Partnerschaft mit einer so renommierten Bank für smava.de ein guter Weg, neue Kunden zu gewinnen.

Social Banking 2.0: Wie sieht denn die konkrete Bilanz aus, hat sich durch die Zusammenarbeit mit Cortal Consors die Wachstumsdynamik beschleunigt?

 Artope: Wir sind mit der Entwicklung dieser Partnerschaft sehr zufrieden.

Social Banking 2.0: Smava setzt verstärkt auf Kredite für Selbstständige und kleine Gewerbetreibende. Liegt dort tatsächlich der „Business-Case“ für einen größeren Sprung nach vorne begründet?

Artope: Selbstständige bzw. Konsumenten, das ist für uns kein „Entweder – oder“. Wir haben im Laufe der Zeit erkannt – erstmals im April 2008 mit der Erhöhung der Kreditobergrenze auf 25.000 Euro und mit der Einführung von betrieblichen Finanzierungen – dass unser Angebot auch für Selbständige sehr gut passt. Das entwickeln wir produktseitig kontinuierlich weiter. Das bedeutet aber nicht, dass wir die Zielgruppe der Konsumenten nicht mehr ansprechen, im Gegenteil: Neuerungen wie der 2009 eingeführte Schnellkredit bedeuten eine sehr schnelle Finanzierung und erhöhen so die Produktattraktivität von smava insbesondere für Konsumenten. Für uns sind beide Zielgruppen wichtig.

Social Banking 2.0: Zweifellos haben viele Menschen längst die Berührungsängste mit dem Social Lending verloren. Vor allem scheint es derzeit genug Anleger zu geben, die in Smava -auch angesichts niedirger Zinsen für andere Geldanlagen – eine echte alternative Investmentklasse sehen. Könnten dies nicht erhöhte Ausfallraten nach sich ziehen, wenn die Kreditvergabe zu lax gehandhabt würde?

Artope: In der Tat sehen wir eine höhere allgemeine Akzeptanz für Social Lending, was uns freut. Dennoch hat das keine Auswirkungen auf die Ausfallraten. Wie bisher prüft smava bei der Zulassung zum Marktplatz, ob ein Kreditnehmer grundsätzlich seinen Kredit zurückzahlen kann. Dann treffen Anleger auf Basis ihrer Präferenzen eine Anlageentscheidung und verhandeln den Zins mit dem Kreditnehmer. In der Summe treffen unsere Anleger gute Entscheidungen und das hat sich auch nicht geändert. Das zeigen auch unsere konstanten Ausfallzahlen, die wir auf unserer Webseite transparent veröffentlichen.

Social Banking 2.0: Und abschließend noch ein Ausblick: Womit dürfen wir bei Smava national und international gesehen in diesem Jahr an spannenden Innovationen rechnen?

Artope: smava hat das Ziel, einen neuen Standard im Kreditgeschäft zu etablieren. Daran arbeiten wir mit vielen kleinen und auch größeren Themen. Insofern kann ich hier leider nur unkonkret bleiben. Nur soviel: Anfang nächsten Jahres werden wir eine erhebliche Neuerung im Marktplatz einführen.

Interview: Lothar Lochmaier

Written by lochmaier

Juli 12, 2010 um 7:06 am

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3 Antworten

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  1. […] This post was mentioned on Twitter by Diana. Diana said: Smava: Interview mit Alexander Artopé – Neuen Standard im … http://bit.ly/aDdwDe #SMO http://goo.gl/fb/aUvS7 […]

  2. Jeder, der Geld braucht, um vielleicht seinen Betrieb über einen Liquiditätsengpass zu führen, sollte sich mal mit http://www.smava.de auseinandersetzen.
    Mein Vater und mein Bruder hatten im letzten Jahr echt starke Probleme aufgrund der Wirtschaftskrise und haben die schwierige Zeit durch smava problemlos überbrückt und sind jetzt wieder hochprofitabel. Wie gesagt… das kann ich nur empfehlen.

    Tanja

    Juli 12, 2010 at 1:48 pm

  3. Ich habe ebenfalls das Buch „Die Bank sind wir“ gelesen. Dort wird aber neben den vielen Möglichkeiten, die das Web 2.0 im Bereich finance und das private Geldverleihen als Anlagealternative zweifelsohne bietet auch auf die Risiken eingegangen. Beispielsweise sind die Ausfallraten im zweistelligen Bereich noch immer zu hoch und die Kosten für den Kreditnehmer in der Regel nicht unbedingt günstiger. Außerdem ziehen diese Börsen – in dem Moment in dem zugunsten von Wachstum mehr riskiert wird – auch eine gewisse Kreditnehmerklientel an, die mitunter bei Banken kein Geld bekommt. Mein persönlicher Eindruck ist, dass durchaus noch Potential für Smava und Co ist, aber dass sich grundlegend nicht viel ändern wird. Schließlich haben nicht alle Menschen Lust das weitaus zeitaufwändigere social banking zu praktizieren.

    Christoph

    Juli 12, 2010 at 7:38 pm


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