Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Co-Creation (3): Neue Anwendungsbereiche machen Schule

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Der Kunde redet nicht nur in der Konsumbranche (fast) überall mit. Selbst sensible Bereiche rücken in den Fokus. Zum Beispiel die Energiebranche oder das Gesundheitswesen. Ist gerade dort die Co-Creation nur Fiktion oder bald schon Realität, entscheiden Sie selbst.

Es gilt, eine Methodik richtig und konsequent anzuwenden, damit sowohl das Unternehmen als auch der Kunde von einer Innovationsinitiative profitieren. Nicht wenige Innovationsexperten rekurrieren dabei konzeptionell in der Regel auf den so genannten IDEO-Prozess, der auf eine gleichnamige in den USA beheimatete Design- und Innovationsberatung zurückgeht. Eine Theorie richtig anzuwenden, ist freilich kein Kinderspiel.

Dazu braucht es schon einen Maßanzug statt Stangenware. Für was also eignet sich die Einbindung von Kunden in den gemeinsamen Entwicklungsprozess? Denn nur wer einen eigenen Ansatz gerade für von rasanten Veränderungen besonders bedrohte „Problembranchen“ entwickelt, kann zusätzliche Potentiale jenseits der üblichen Produkttests und –bewertungen von Kunden abrufen, die gerade bei Produkten für die Welt der Endkonsumenten ohnehin mehr als nahe liegend sind.

Legen wir also an der richtigen Schnittstelle los, bei den seit längerem in der öffentlichen Kritik stehenden Energieversorgern. Was wäre, wenn Strom künftig nicht mehr verkauft, sondern nur noch als Dreingabe an die Kunden verschenkt würde? Wenn der Energieversorger seinen eigenen Erfolg daran messen würde, die Kunden beim Stromsparen zu unterstützen, statt nur an der Energieverschwendung zu verdienen?

Für so manchen Manager scheint dies ein unvorstellbares Szenario. Doch angesichts von schrumpfenden Gewinnen in der Strom- und Gasbranche müssen sich die Verantwortlichen von lieb gewordenen Pfründen verabschieden und sich im Gegenzug neuen Ideen und Kooperationen öffnen.

Denn die Bürger fordern zweifellos künftig deutlich mehr Einfluss auf die Energieerzeugung und –verteilung. In Berlin etwa möchten sie die Gründung von landeseigenen Stadtwerken im Zuge der Rekommunalisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge mitgestalten. Diesen Veränderungsprozess können die vier Strommonopolisten nur dann erfolgreich bewältigen, wenn sie sich nach außen öffnen.

So nimmt in Berlin der „Energietisch“ (www.berliner-energietisch.net), eine Bürgerinitiative, in der sich inzwischen 50 lokale Organisationen zusammengetan haben, die Energiefrage selbst in die Hand. Denn zum Jahresende 2014 läuft der Vertrag zwischen dem Land Berlin und dem derzeitigen Stromnetzbetreiber Vattenfall aus. Grund genug für die Berliner Initiatoren, sich dafür zu engagieren, dass das Stromnetz wieder in landeseigene Hände gelangt.

Damit aber nicht genug. Der Partei übergreifende Zusammenschluss ist sich darüber hinaus einig, ein eigenes kommunales Stadtwerk aufzubauen. Am 3. November wird darüber übrigens in der Hauptstadt abgestimmt, worüber ich weiter berichte. Denn die Stadt ist voll von Plakaten und es wird durchaus darüber diskutiert, insbesondere nachdem die Energiewende durch die Strompreisproblematik in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt ist.

Das über die Volksabstimmung neu zu gründende Berlin Stadtwerk könnte Ökostrom erzeugen, verkaufen und die Bürger bei Fragen zur Energieeinsparung beraten. Zudem schwebt den Organisatoren vor, für mehr Transparenz und Beteiligung zu sorgen. Hierzu sollen Bürger und direkt gewählte Beiräte die Geschäftstätigkeit von Stadtwerk und Netzgesellschaft begleiten und überwachen.

Über das entsprechende Volksbegehren werden nun die Berliner im Herbst darüber abstimmen, wie ihre Energieversorgung zukünftig organisiert werden soll. Am Beispiel von Vattenfall könnte Co-Creation gerade bei gesellschaftlich umstrittenen Themen ein gestalterisches Mittel sein, um den Moderations- und Dialogprozess zu bündeln und diesen in strukturierter Art und Weise voran zu treiben. Sofern die Akteure dies denn möchten, denn der Berliner Senat hat es ja elegant verhindert, dass darüber parallel zur Bundestagswahl abgestimmt wird, so wie in Hamburg bereits erfolgt.

Ein anderes Beispiel ist das Gesundheitswesen: Was wäre, wenn neue Medikamententests direkt von Kunden mitgeprüft und nicht nur von der Pharmaindustrie in zweifelhafter Routine in den Markt gedrückt würden? Auch hier könnte ein intensiver Dialogprozess mit den Betroffenen dazu beitragen, um im gemeinsamen Prozess eine breitere Akzeptanz herzustellen, vorausgesetzt, die Produkte halten, was sie versprechen. Denn ohne ungeschönte und ehrliche Dialogbereitschaft ist jedes Vorhaben zur Co-Creation von vorne herein zum Scheitern verurteilt.

Written by lochmaier

Oktober 21, 2013 um 6:47 am

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