Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Co-Creation (2): Kundenbeteiligung krempelt Bankenbranche um

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Laut IT-Spezialist Infosys bewegt sich die Bankenbranche weg von der einfachen Zusammenarbeit (Collaboration) mit externen Dienstleistern, hin zu einer übergreifenden Innovationskultur mit Hilfe der Co-Creation.

Ein erstes Beispiel nach innen ist die Ideenplattform (www.ideenfabrik.de) der Sparkassen, über die 423 deutsche Institute, die eigene Marketingbudgets verwalten, Ideen einreichen und gemeinsam finanzieren können. Bis dato schienen derartige Ansätze auf die interne Optimierung der Wertschöpfungskette in der Finanzbranche begrenzt. Dabei wird es jedoch nicht bleiben. Auch die Kunden sind als gleichberechtigte Partner mit einzubeziehen.

Verdeutlichen wir den Trend in Richtung Co-Creation anhand von Praxisbeispielen. Vor drei Jahren startete eine der führenden französischen Banken, die Crédit Agricole, mit der Innovationswerkstatt „Alpha Project“ ein außergewöhnliches Projekt. Dabei handelt es sich im 8. Bezirk der Hauptstadt Paris um eine Art Erlebnisraum, in dem Kunden und Mitarbeiter gemeinsam neue Ideen für Bankprodukte und Dienstleistungen entwickeln. Unter anderem konnten Passanten zu Beginn des Vorhabens auf einer großflächigen Pinnwand direkt an der Straße neue Vorschläge notieren, die dann gemeinsam diskutiert wurden.

Zum Angebot gehören kurze Workshops mit den Klienten, Online-Befragungen, bis hin zu individuellen Interviews, um das Feedback der freiwillig für das Projekt rund 900 registrierten Kunden einzuholen. Mit am Tisch sitzen von Fall zu Fall auch Designer, um die Ideen auch visuell ansprechend umzusetzen.

Im Fokus stehen dabei vor allem die von den Kunden frisch gestaltete Bankfiliale, aber auch neue Ideen für die eine oder andere Bankenapp. So manches davon dürfte später auch in anderen Filialen und Niederlassungen zu sehen sein. Eine Idee befindet sich bereits in der Umsetzung, ein Infrarotsensor, um die Zahl der Besucher zu erfassen. Dies sei in erster Linie für die eigene Bank nützlich, um den Arbeitsfluss besser steuern zu können.

Das Beispiel Crédit Agricole ist dabei kein Einzelfall. Die italienische WeBank hat erfolgreich Pilotprojekte für neue Bankenapps gemeinsam mit den Kunden initiiert. Das Copycat zieht um die Welt. In Schwellen- und Entwicklungsländern spielt bei der Co-Creation die finanzielle Inklusion von Benachteiligten und Menschen ohne Bankkonto eine besondere Rolle.

In westlichen Industrienationen sehen Experten das gemeinsame Erarbeiten von Produkt- und Designlösungen vor allem im Bereich des Personal Finance Managements (PFM) als ideales Marktrevier. Einige Banken versuchen mit Hilfe von Innovationslaboren ihrer geschäftsstrategischen Entwicklung unter Einbezug von Partnern und Kunden eine zusätzliche Dynamik zu verleihen.

Seit einigen Jahren setzt auch die Deutsche Bank auf das visuelle Gestaltungsprinzip Design Thinking, um gemeinsam mit Experten und Forschern aus Universitäten und Instituten neue Ideen zu entwickeln. Der konzeptionelle Ansatz eignet sich laut Finanzinstitut vor allem dafür, unstrukturierte Probleme zu lösen, rasch Nutzen zu finden, Erfahrungen zu sammeln und Risiken auszuschließen. Das Motto lautet: Von Apple lernen, wie man benutzerfreundliche und begeisterungsfähige Produkte auf den Markt bringen kann.

Weitere Banken wie die deutsche Tochter CortalConsors von BNP Paribas haben bereits vergleichbare Initiativen gestartet. Cortal Consors lässt die Kunden ran, titelt finanzen.net. Mit anderen Worten: In der Kreativität liegt die Zukunft . Eines der sechs Konzepte aus der Co-Creation, das bald realisiert werden soll, nennt sich die „live balance-App“. Mithilfe dieser Applikation auf dem Smartphone oder dem Tablet-Computer sollen Bankkunden ihre Ausgaben auf einem Stadtplan verfolgen können. Der neue Kontoauszug erleichtert die persönliche Finanzplanung und zeigt, wo man wann wie viel Geld ausgegeben hat.

Zwar stellt ein derartiges Werkzeug zum Management der persönlichen Finanzplanung noch keine bahn brechende Neuerung im Bankenwesen dar. Jedoch lassen sich Produkte näher am Bedarf des Kunden ausrichten. Genau darin sieht Paul Jozefak, Geschäftsführer von Liquid Labs, einem Innovationslabor für neue Unternehmen und Produkte aus dem Bereich Finanztechnologie, das zentrale Motiv für die Finanzindustrie, sich künftig deutlich stärker nach außen zu öffnen.

Co-Creation und Community Sourcing seien sehr sinnvoll, da sich dadurch mehr Blicke auf ein Problem richteten, betont Jozefak. Wenn man den Vorteil großer Gruppen für sich nutze, könnten Innovationen viel besser vorangetrieben werden. Das Wichtigste dabei sei aber, den Prozess zu kontrollieren – denn, so der Experte weiter: „Bekanntlich verderben zu viele Köche ja den Brei.“

Die Bilanz nach drei Jahren Co-Creation gemeinsam mit den Kunden aus Sicht der französischen Crédit Agricole kann sich jedenfalls sehen lassen: Allein im vergangenen Jahr gab es 15 Workshops mit 126 Teilnehmern, Tendenz und Interesse weiter steigend. Das Projekt erweist sich dabei auch in seiner internen Sogwirkung als attraktiver Publikumsmagnet für die Bankmanager aus dem gesamten Unternehmen.

Etwas Neues ausprobieren, gemeinsam in lebendiger Umgebung neue Ideen über den gewohnten Geschäftsalltag hinaus zu entwickeln, wer würde schon bestreiten, dass dies gerade für die Bankenbranche in diesen Zeiten ein mehr als passender Innovationspfad sein kann.

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Written by lochmaier

Oktober 14, 2013 um 7:49 am

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