Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Co-Creation (1): Gemeinsam sind wir stärker

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Der Kunde sitzt in der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen mit am Regiepult. Wie ein Trend Schule macht.

Was früher unter dem konservativen Mantel der einfachen oder qualifizierten Kundenbefragung daher kam, dafür gibt es heute viele Begriffe und ein Ziel: Nicht wenige Unternehmen beschäftigen sich mittlerweile aktiv damit, dem eigenen Innovationskreislauf einen zusätzlichen Kick zu verleihen, via Design Thinking, Community Sourcing, Collaborative Economy, und, last but not least, der Co-Creation. Die Nutzer und Endkunden nehmen dabei als „Crowdworker“ direkten Einfluss auf Faktoren wie Markenbildung und Produktentwicklung.

Dass Crowdsourcing mitunter sogar traditionelle Unternehmensstrukturen ersetzen kann, demonstriert der Hamburger Unternehmer Uwe Lübbermann. Die von ihm ins Leben gerufene Getränkemarke Premium http://www.premium-cola.de/cola wird offenbar bereits seit elf Jahren vollständig aus der Crowd gesteuert, ganz ohne Geschäftsleitung oder Büros. Über eine Mailingliste verhandeln Kunden, Händler, Lieferanten und Mitarbeiter jede Unternehmensentscheidung. Der Firmenchef Lübbermann sowie die „Premium-Crowd“ setzen dabei auf die Prinzipien Konsens, Transparenz und nachhaltiges Wirtschaften.

Allerdings lassen sich derartige Beispiele nicht so einfach auf industrielle Kernbereiche jenseits von Konsumprodukten übertragen. Trotz des deutlichen Mehrwerts, den Crowdsourcing Unternehmen bieten kann, empfiehlt der eco-Verband den Unternehmen und Gründern eine durchdachte Herangehensweise. Denn Crowdsourcing stecke trotz seines Potenzials und deutlichen Fortschritten noch immer in einer frühen Entwicklungsphase. Einige missglückte Kampagnen der letzten Jahre – etwa der oft zitierte Designwettbewerb ‚Mein Pril – mein Stil’ von Henkel – hätten deutlich gezeigt, dass sich Risiken nie komplett ausschließen lassen, so der Verband.

Um deshalb an der richtigen Stelle anzusetzen, haben einige Management-Vordenker dazu an einer passenden Methodik gefeilt, um die Vorhaben in eine Struktur zu gießen, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Anstrengungen nach Produkt- und Serviceinnovationen intensivieren. Mit Blick auf das via Web 2.0 deutlich verstärkte Interaktionsniveau rückt dabei die aktive Kundenbeteiligung in den Fokus. Das Stichwort dazu lautet Co-Creation, ein in diesem Kontext praxistauglicher Terminus, den ich deshalb in dieser Serie vereinfachend gebrauche.

Aber: Die jeweiligen Konzepte dahinter können allerdings recht unterschiedlich angelegt sein. Zunächst einmal sei festgestellt, dass es sich bei der „Co-Creation“ um mehr als einen Modetrend handelt. Umso mehr sollte jede Initiative sorgfältig geplant sein, was die aktive Rückendeckung der Unternehmensspitze voraussetzt. Dazu im Verlauf dieser vierteiligen Serie mehr. Was macht nun die Co-Creation als besonders wertvoll für die Unternehmen?

Es ist vor allem der runde Tisch und der aktive Ideenaustausch, den Spezialisten aus dem Unternehmen, Experten und Kunden gemeinsam orchestrieren. All dies auf systematischer Basis, etwa nach dem Motto des bildhaften Denkens und Handelns, das die d.school in Stanford, getreu den Grundlagen von Design Thinking als iterative Vorgehensweise wie folgt umschreibt: „Verstehen, Beobachten, Definieren, Ideen finden, Prototypen entwickeln, Testen und Weiterentwickeln“. Der Ideenfindungsprozess verläuft spontan, manchmal chaotisch, er bringt aber häufig gerade deshalb weniger vorhersehbare Ergebnisse mit sich, als wenn sich nur die fachlich bzw. formal zuständigen Spezialisten um den Tisch versammeln.

Grundsätzlich basiert die Methodik auf der Annahme, dass ein Unternehmen zu besseren und erfolgreicheren Produkten und Dienstleistungen gelangt, wenn sich nicht nur im gläsernen Elfenbeinturm interdisziplinäre Teams zusammentun, um intensiv daran zu arbeiten, sondern wenn parallel dazu auch die Nutzerperspektive aktiv eingebunden wird. Als Blaupause gilt hier der Global Player Apple, der es in den letzten Jahren vorexerziert hat, wie sich benutzerfreundliche, adaptiv ausgerichtete Produkte bis zur Marktreife entwickeln lassen, die die Kunden begeistern.

Wie eingangs beschrieben, lässt sich dieser Ansatz jedoch nicht von jedem x-beliebigen Unternehmen so einfach kopieren. Das Android- Betriebssystem im Mobilbereich wäre ein solches Beispiel zur Co-Creation, da es sich um eine Open Source Software für mobile Endgeräte handelt, auf der aufgesetzt und weiter entwickelt werden kann. Ein anderes Beispiel ist der Online-Gaming Spezialist Zynga, der auf Facebook aufsetzt, dabei aber ein eigenes System bildet. Aber der offene Ansatz stellt ales andere als einen langfristigen Überlebensgaranten dar. Denn offenbar haben die meisten Nutzer keine Lust mehr auf Zynga-Spiele, orakelt jedenfalls die Tageszeitung FAZ.

Wenden wir uns aber nach diesem kurzen Exkurs zur innovationsgetriebenen IT-Branche dem deutlich behäbigeren Bankensektor zu: Was passiert, wenn ein Investmentfonds nicht nur von Marktanalysten, Controllern, Risikomanagern und dem Business Development zusammengestellt würde? Wenn nicht nur Mitarbeiter das innerbetriebliche „Vorschlagwesen“ beeinflussten, wenn also Kunden plötzlich die Allokation von Projekten, Geldmitteln, ja ganzen Unternehmensstrategien mitgestalteten? Träume sind zwar erlaubt. Gerade in bislang so diskreten Branchen wie der Finanzindustrie oder Energiewirtschaft erscheint dies kaum als massentaugliche Fiktion.

Außerdem offeriert die Methode Co-Creation keine allgemein gültige Blaupause für den unternehmerischen Erfolg. Vor allem sollte es sich um deutlich mehr als reine Kundentests zur Nutzerakzeptanz von Produkten handeln. Schließlich sind gerade Apple’s bahn brechende Innovationen nicht von Kunden, sondern von hoch bezahlten Entwicklerteams aus der Taufe gehoben worden. Von zentraler Bedeutung ist es deshalb, eine klare Fragestellung, sprich ein brennendes Problem zu identifizieren – und in eine systematische Vorgehensweise zu überführen, damit heterogene Arbeitsteams unter Einbezug der Kunden zu praktikablen und zielführenden Ergebnissen gelangen.

Dies setzt voraus, dass den Verantwortlichen klar ist, worum es bei der Co-Creation geht. Handelt es sich um eine Serviceinnovation? Ein gänzlich neues Produkt? Neue Partner in der Wertschöpfungskette? Nur wer entsprechende Vorhaben sorgfältig plant und in den Arbeitsalltag integriert, kann jenseits von Marketing und Imagepflege profitieren. Im zweiten Teil beleuchte ich die Potentiale der Co-Creation anhand von Praxisbeispielen aus der Finanzbranche.

Written by lochmaier

Oktober 9, 2013 um 6:53 am

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