Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Crowdfunding: Volksbank Bühl bilanziert Erfahrungen à la carte

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Einige Finanzinstitute beginnen damit, das Potential der finanziellen Schwarmintelligenz im Netz für sich und die Gemeinschaft zu nutzen. Nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker. Beispiel Genossenschaftsbanken: Als einer der Vorreiter gilt die Volksbank Bühl.

Warum mit „Viele schaffen mehr“ http://www.viele-schaffen-mehr.de im Frühjahr ein gänzlich eigenständiges Spendenportal gestartet worden ist, begründet Vorstand Claus Preiss so:  Das Prinzip Crowdfunding sei quasi von Raiffeisen und Schultze-Delitzsch erfunden worden, aber eben noch ohne das Internet.

Im Interview berichtet Preiss zum Stand der Dinge (Status: Mitte August). Die  Testphase des Projekts „Bank trifft Community via Crowdfunding“ ging gerade erst mit dem heutigen 2. September zu Ende. Die bisherigen Erfahrungen machen jedenfalls offenbar Mut zu „viele schaffen mehr“. So wie es aussieht, dürften neun von dreizehn Projekten erfolgreich finanziert worden sein, mit einem Gesamtvolumen zwischen 30.000 und 40.000 Euro.

Social Banking 2.0: Herr Preiss, welches waren die Motive und Beweggründe „Viele schaffen mehr“ zu starten?

Claus Preiss: Crowdfunding wurde ja quasi von Raiffeisen und Schultze-Delitzsch erfunden – nur eben ohne das  Internet. Für uns liegt es deshalb Nahe, neue Methoden zu nutzen, um das genossenschaftliche Prinzip auf das Internet zu übertragen.

Wie startet man ein solches Vorhaben „richtig“, wie bekommt man Kunden, Mitarbeiter und Partner „ins Boot“?

Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist meiner Auffassung nach die umfassende Kommunikation von Sinn und Zweck eines solchen Projektes. Wir haben schon früh damit begonnen über unsere interne Social Business Plattform „Volksbank Bühl Connect“ das Projekt vorzustellen. Auch die externe Kommunikation war essentiell, denn viele gemeinnützige Organisationen und Vereine kannten Crowdfunding noch nicht. Dementsprechend haben wir unsere Kommunikation ausgerichtet und unter anderem Infotage angeboten. Mit Startnext.de, T-Systems MMS und der VR-Networld hatten wir die richtigen Partner. Ohne deren Expertise wäre eine Realisierung nicht möglich gewesen.

Welche Art von Projekten eignet sich besonders, z.B. Bildung vs. Soziales, vs. Infrastruktur und anderen Themen?

Stand heute lässt sich das abschließend noch nicht beantworten. Derzeit sieht es so aus, als ob es zwar auch auf den Inhalt des Projektes ankommt, aber noch viel mehr darauf, inwieweit es den Projektinitatoren bzw. den Organisationen hinter dem Projekt gelingt, die Werbetrommel für das Projekt zu rühren.

Kann man das Vorhaben auch als eine Art Test- und Suchlauf für die ganze Volksbankengruppe ansehen, inwieweit die Kunden vor Ort aber auch bundesweit bereit sind, eigene Projekte zu initiieren bzw. andere auf der Plattform zu unterstützen. Oder ist das zu hoch gegriffen?

Das wäre vielleicht ein bisschen hochgegriffen. Ich kann nicht für die anderen Volksbanken Raiffeisenbanken sprechen, aber dennoch würde ich mir wünschen, wenn weitere VR Banken viele-schaffen-mehr.de unterstützen und in ihrem Geschäftsgebiet einsetzen. Wir wissen bereits von einigen Banken, die die Einführung derzeit planen.

Warum greifen bislang die Banken generell das Thema Crowdfunding so zögerlich auf, welche Hürden und Herausforderungen stellen sich?

Da gibt es durchaus einige Herausforderungen. Angefangen von kulturellen Fragestellungen bei Kunden und Kolleginnen und Kollegen, bis hin zu Fragen des Risikomanagements oder der Kanibalisierung von Ertragsstrukturen. Als Regionalbank stellt sich darüber hinaus die Frage einer kritischen Reichweite. Auch bei viele-schaffen-mehr.de kann man schon sehen, dass das Finden von Unterstützern kein Selbstläufer ist. Auf viele dieser Fragen gibt es noch keine Antworten. Deshalb ist es uns auch so wichtig, mit unserer Plattform erste Erfahrungen zu sammeln.

Im Prinzip scheint Crowdfunding gerade für Genossenschaftsbanken ein idealer Gestaltungsansatz zu sein, warum lassen sich Anspruch und Wirklichkeit so schwer miteinander verbinden?

Das Crowdfunding und das genossenschaftliche Prinzip zusammen passen, steht außer Frage. Ich glaube das braucht einfach noch ein bisschen Zeit. Wie bereits angedeutet, beschäftigen sich ja einige Banken mit der Einführung dieser Plattform. Wann und ob der Sprung von Crowdfunding zu Crowdinvesting gemacht wird, kann ich noch nicht abschließend beurteilen.

Welches sind die bislang gelernten Lektionen aus dem Projekt „Viele schaffen mehr“?

Das Projekt muss leicht verständlich sein und Menschen begeistern. Die Projektinitiatoren müssen 100%ig hinter dem Projekt stehen und dafür brennen, dieses Projekt zu realisieren. Förderlich ist ein bereits vorhandenes Netzwerk (z.B. die Mitglieder eines Vereins) und eine professionelle Umsetzung auf der Crowdfunding-Plattform. In diesem Zusammenhang muss man vor allem die Bedeutung von Videos unterstreichen.

Anders gefragt: Was funktioniert, was nicht?

Was nicht funktioniert ist sein Projekt auf der Plattform vorzustellen und dann nichts mehr zu machen. Ab dem Zeitpunkt der Startphase – also wenn ein Projekt online freigeschaltet wird – geht die eigentliche Arbeit für die Projektinitiatoren erst lost. Ein Projektblog will gepflegt sein, die Werbetrommel muss gerührt werden und vor allem weitere Menschen z.B. im eigenen Verein als Multiplikator gewonnen werden. Wir versuchen die Projektinitiatoren dabei so gut es geht zu unterstützen.

Welche weiteren Schritte sind geplant, welche Projekte laufen aussichtsreich, welche inhaltlichen Schwerpunkte kristallisieren sich für eine lokale Bank als geeignet heraus?

Stand heute sind bereits 3 Projekte finanziert. 2 weitere Projekte sollten in der restlichen Zeit noch finanziert werden[Anmerkung: Stand Mitte August]. Das ist ein durchaus guter Start für die Plattform. Nach dieser Startphase werden wir die Plattform wohl weiter betreiben. Gemeinnützige Organisationen und Vereine aus unserem Geschäftsgebiet können dann die Plattform als Finanzierungsinstrument nutzen.

Wieweit werden sich künftig auch andere Banken in dieses spannende, aber auch sensible Terrain vorwagen?

Einige Volksbanken planen derzeit die Einführung der Crowdfunding Plattform. Ich denke in den nächsten Wochen werden die ersten online gehen.

Wie kann die Bank sowas IT-technisch und auch von den Regularien her sauber umsetzen?

In diesem Zusammenhang hatten wir durch unsere Kooperationspartner VR-Networld, T-Systems und Startnext ausreichend Know-How. Außerdem wurde im Prüfungsprozess eine Kanzlei mit der Bewertung von Chancen und Risiken und für die Formulierung von AGBs etc. hinzugezogen.

Da gibt es ja doch einiges zu beachten, welches sind die „basics“, welches die zusätzlichen Elemente, die notwendig sind?

Gibt es in der Tat. Basics sind in diesem Zusammenhang mit Sicherheit die Paymentprozesse (insbesondere die Frage der Rückabwicklung von Projekten) sowie die Treuhänderische Verwaltung der Gelder und der entsprechenden Vereinbarungen mit dem Kunden. Darüber hinaus sind Fragen des Datenschutzes und der weiteren Nutzungsbedingungen zu klären. Natürlich muss das System auch sicher sein und letztendlich soll es trotzdem Spaß machen, die Plattform zu nutzen.

Interview: Lothar Lochmaier

Written by lochmaier

September 2, 2013 um 6:58 am

Veröffentlicht in Uncategorized

Eine Antwort

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  1. Hallo Herr Lochmaier,

    unter folgendem Link gibt es jetzt auch ein paar weitere Zahlen & Fakten zur Startphase der Crowdfunding-Plattform: http://blog.volksbank-buehl.de/2013/09/02/crowdfunding-viele-schaffen-mehr-de-erfolgreich-gestartet/

    Viele Grüße aus Bühl,
    Franz Welter

    fsw

    September 2, 2013 at 6:42 pm


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