Grünes Crowdfunding: Interview mit Dirk Völker von GreenVesting
Wie vor kurzem angekündigt, folgen nun zur Serie über die Zukunftsperspektiven beim Green Crowdfunding einige Originaltöne. Im Interview mit Dirk Völker, Geschäftsführer der GreenVesting Solutions GmbH, kommen die Chancen der von unten beflügelten Energiewende zur Sprache.
Social Banking 2.0: Welche Erfolgschancen bieten Crowdfunding-Plattformen zur Energiewende generell?
Dirk Völker: Durch Crowdfunding steigt die Akzeptanz für die Energiewende, da die Energieproduktion von wenigen Oligopolisten weg verlagert wird hin zu vielen dezentralen Anlagen, an denen sich eine Vielzahl von Bürgern bereits mit kleinen Investitionen beteiligen können. Der Zugang zu Crowdfunding steht über das Internet jedermann offen und letztendlich entscheidet die Crowd, ob ein Projekt erfolgreich gefundet und umgesetzt wird. Crowdfunding wird daher neben institutionellen Anlegern (wie z.B. Pensionskassen, Versicherungen, Fonds etc.) sowie privaten Investoren, die eigene Anlagen betreiben, einen immer größeren Beitrag zur Energiewende leisten. Mit dem steigenden Bekanntheitsgrad dieser Finanzierungsform in Deutschland wird auch der Anteil der über die Crowd finanzierten Energieerzeugungsanlagen zunehmen. Dadurch wird die Energieversorgung letztendlich von wenig großer hin zu vielen kleinen Energieproduzenten verlagert.
Inwieweit unterscheidet sich der internetbasierte Ansatz von der „klassischen“ Energiegenosssenschaft?
An den Projekten von Greenvesting.com beteiligt sich der Investor mit einem sog. partiarischen Darlehen. Die Zinszahlung für das jeweilige Jahr ist bei einem partiarischen Darlehen an eine erfolgsabhängige Komponente geknüpft. Im Fall der Photovoltaikanlage ist dies die produzierte Energie aufgrund der Sonneneinstrahlung. Der Investor beteiligt sich mit Mezzanine-Kapital, also Kapital das nachrangig zum Bankdarlehen aber vorrangig zum Eigenkapital der Gesellschaft ist am jeweiligen Projekt. Im Unterschied zur klassischen Energiegenossenschaft besteht darin, dass der Investor bei Greenvesting.com Gläubiger und kein Eigenkapitalgeber ist. Weiterhin gibt es fest definierte Zinszahlung in Abhängigkeit des erzielten Stromertrages. Bei einer Genossenschaft müssen die Genossen zunächst über die Mittelverwendung in der Generalversammlung entscheiden. Die Höhe der in Ausschüttung muss dort jährlich neu festgelegt werden. Aus steuerlicher Sicht hat der Investor bei beiden Formen Einkünfte aus Kapitalvermögen, die mit 25% Abgeltungssteuer (zzgl. Solidaritätszuschlag) besteuert werden.
Worauf sollten die Plattformbetreiber achten, damit der Kunde hier nicht in waghalsige Investitionsvorhaben mit ungewissem Ausgang hinein gelockt wird?
Wir bei Greenvesting.com bieten ausschließlich Beteiligungen an bereits realisierten Projekten an. Der Investor trägt daher nicht das Bau- und Umsetzungsrisiko, sondern ist an bereits Energie-produzierenden Anlagen beteiligt. Bei Photovoltaikanlagen sind die zukünftigen Erträge besonders gut planbar, zum einen da die Sonneneinstrahlung relativ genau prognostiziert werden kann und zum anderen, da über die Einspeisevergütung der erzeugte Strom für 20 Jahre zu einem festen Preis vergütet wird. Die Erträge der Anlagen können zudem täglich im Portal abgerufen werden und bieten somit größtmögliche Transparenz. Anleger sollten darauf achten, dass sich einzelne Projekte rechtlich abgegrenzt in möglichst eigenen Gesellschaften befinden und die Einflussfaktoren für die Ausschüttung der Erträge transparent und nachvollziehbar offengelegt werden.
Für welche Vorhaben und Marktsegmente eignet sich das „Crowdfunding der Energiewende“?
Prinzipiell kann Crowdfunding für nahezu alle regenerativen Energieprojekte eingesetzt werden. Zunächst werden wir uns bei Greenvesting.com allerdings auf Photovoltaik und Windenergie fokussieren. Biogas- und Wasserkraftwerke sowie Maßnahmen zu Energieeffizienz, können aber genauso hierüber finanziert werden.
Bieten derartige neue Geschäftsmodelle auch die Chance zu einer Renaissance des Stadtwerkemodells?
Der Trend geht sicher hinzu der dezentralen Stromversorgung, wozu viele kleine Energieerzeuger nötig sind. Für die Verteilung des Stroms werden jedoch weiterhin überregionale Stromnetze benötigt. Wir sehen Stadtwerke als wichtige Impulsgeber für eine dezentrale Stromversorgung. Das Ziel von GreenVesting ist es jedoch nicht mit diesen zu konkurrieren, da die Ziele unterschiedlich sind. Uns geht es vor allem darum, einer breiten Öffentlichkeit nachhaltige und lokale Investitionen anzubieten. Damit erlangen Projekte mehr Akzeptanz und die Wertschöpfung bleibt in der Region.
Und ein Ausblick: Wo geht hier die Reise hin, steigen hier auch größere Investoren mit ein, oder bleibt das eher etwas für kleinere Vorhaben?
Das Ziel von Greenvesting.com ist durchaus auch größere Investitionen über die Crowd zu finanzieren. Das geht selbstverständlich nicht am Anfang, da man erst einen gewissen Bekanntheitsgrad und die entsprechende Userzahl erreichen muss um auch größere Beträge funden zu können. In der Pipeline haben wir aber bereits ein weiteres Photovoltaikprojekt, das mit 2,8 MW fast 10 Mal größer ist als unser aktuelles Projekt auf Usedom.
Neben den PV Projekten sind auch Windenenergieanlagen prädestiniert für Bürgerbeteiligungen über die Crowd. Oftmals werden Windparks erreichtet bei denen meist Fonds oder wenige Gutverdienende in Form von Kommanditisten die Investoren sind. Die Bürger, in deren Gemeinde die Windräder gebaut wurden, sind in den meisten Fällen nicht am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt. Die Akzeptanz der Bürgert für neue Anlagen ist daher meist nicht gegeben und es formiert sich Widerstand in Form von Bürgerinitiativen gegen Windkraft. Bei GreenVesting.com haben wir die Möglichkeit zunächst ausschließlich Bürgern aus den entsprechenden Gemeinden eine Beteiligung an „Ihren“ Anlagen zu ermöglichen.
Sollte die notwendige Fundingsumme innerhalb einer bestimmten Frist nicht erreicht werden, dann kann die Einschränkung entfallen und ist somit offen für alle Investoren. Gerade im Bereich der Windenergie scheitert die Bürgerbeteiligung oftmals am nicht vorhandenen Beteiligungskonzept und führt dann zu Unmut bei den betroffenen Bürgern.
Interview: Lothar Lochmaier
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