Wie die Energiewende eine vergessene Welt ohne Strom erfasst
Green Crowdfunding – Teil IV – Strukturelle Voraussetzungen
Menschen ohne Energie, aber mit großen Träumen und viel Begeisterung, sitzen in Entwicklungsländern mit am Regiepult. Welche Chancen das Crowdfunding-Modell gerade dort besitzt.
Die Frage der nächsten „Killerapplikation“ für die Herausforderung im 21. Jahrhundert steht noch aus. Wie wäre es mit der Energiewende, finanziert via Bürgerbeteiligung? Denn klar ist, die Energiewende und der Klimawandel können nur im Schulterschluss mit den Bürgern erfolgreich gemeistert werden, und nicht von Staatskonzernen oder Energiemonopolen.
Am Beispiel der Entwicklungsländer von Afrika und Asien diskutieren Experten kürzlich in Berlin, ob sich auch „Mikrofinanzkredite“ dazu eignen, Licht in die entlegenen Winkel auf diesem Globus zu bringen. Dazu waren lokale Vertreter aus Asien, Afrika und Lateinamerika auf der zweiten Fachkonferenz „Micro Perspectives for decentralised energy supply“ im Februar an der Technischen Universität (TU Berlin) präsent.
Das Fazit: Kleine finanziellen Starthilfen etwa für eine Solarleuchte, also Mikrokredite für Energieprojekte an bedürftige Einzelpersonen, bergen noch ein hohes Risiko, zumal der seriöse Teil der Branche durch unseriöse Mikrofinanzinstitutionen immer wieder in Misskredit gezogen worden ist. Aber auch die konventionellen Banken vor Ort reagieren bislang zurück haltend, weil das Crowdfunding der Energiewende in armen Ländern das klassische Bonitätsbewertungsmuster sprengt. Übrigens funktioniert das Mikrofinanzmodell weit besser, wenn Frauen die Kredite erhalten als bei Männern (sorry, liebe Spezies kann man da nur sagen).
Trotzdem: Daniel Kammen, der als Energieberater bei der Berkeley Rural Energy Group unter anderem für die US-Regierung unter Barack Obama arbeitet, hat dazu eine klare These: Mini-Grids, also dezentrale Energieversorgungseinheiten, seien das beste Mittel im Kampf gegen den Klimawandel und die Energieverschwendung. Nicht umsonst setzen die Vereinten Nationen im kommenden Jahr neue Schwerpunkte mit der Initiative „Energie für alle“ http://www.sustanableenergyforall.org.
Um dem dezentralen Ansatz gerade in den Entwicklungsländern Auftrieb zu verleihen, sind deshalb neue Finanzkonzepte und Akteure mit frischem Schwung erforderlich. Oder auch einfache Ideen mit großer Durchschlagskraft. So hat beispielsweise das Berliner Startup Solarkiosk (www.solarkiosk.eu) einen schlüsselfertigen Bausatz für einen Solarkiosk entwickelt.
Mit an Bord bei dem käuflichen oder über ein Franchise-Modell nutzbaren mit Sonnenstrom betriebenen Kiosk ist auch erprobte Technologie made in Germany, so etwa Wechselrichter vom Hersteller SMA Solar. Derartige Ideen können Licht, gekühlte Getränke und Strom für die Musik in die Dörfer bringen, also gleichermaßen ein Beitrag zur sozialen wie ökonomischen Fortschritt, hoffen die Unternehmensgründer von Solarkiosk. Nicht immer müssen es also die großen Ideen sein, die die Welt voran bringen.
Und genau hier kommt neben dem kaum zu übersehenden Renditeaspekt beim Crowdfunding auch der Nachhaltigkeitsbonus ins Spiel. Denn Menschen haben in der Regel mehr Freude daran, wenn sie etwas tun, was auch anderen Menschen Freude bereitet. An der wirtschaftlichen Schnittstelle zwischen Informationstechnologie, Energie und der Finanzwelt wächst somit zusammen, was längst zusammen gehört. Crowdfunding ist neben technologischen Innovationen von kleinen Einheiten ein Mittel in diesem Wandlungsprozess, der auch ein kulturelles Umdenken weg vom Ressourcen verschlingenden „Charme“ der alten Industrienationen nach sich zieht.
Allmählich kristallisiert sich die letzte Botschaft heraus: Die Technik ist positiv betrachtet auch das Transportmittel für produktive Veränderungen in der globalisierten Gesellschaft. Die Wirtschaft ist pure Energie, wenn sie auf vernünftigen, ökologisch kompatiblen Prinzipien basiert. Und die große und kleine Welt der Finanzen ist ihr nicht wegzudenkender Treibstoff, um den „sozial-ökologischen“ Kreislauf zu speisen und aufrecht zu erhalten.
Nachhaltigkeit und nicht allein blinder Fortschrittsglaube sollte deshalb das neue Ziel sein, wenn es darum geht, der „Realwirtschaft“ neue Impulse zu geben. Wir befinden uns hier mitten in einer spannenden Entwicklung, die mit Blick auf die dezentral in einzelnen Weltregionen gestaltete Energiewende zahlreiche neue Finanzierungskonzepte generieren wird, sowohl in den Industrienationen als auch in den so genannten Schwellen- und Entwicklungsländern.
Hinweis: Abgerundet wird die umfangreiche Berichterstattung zum Thema Green Crowdfunding in den kommenden Wochen in loser Reihenfolge durch einige Interviews mit spannenden Start ups.
Kommentar verfassen