Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Ich glotz Social TV, mit der Bank in der Westentasche

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Welche Schlussfolgerungen können nun Banken aus dem zuvor skizzierten technologischen Wandel beim „Smart oder Social TV“ ziehen, der das Nutzerverhalten in den kommenden Jahren erheblich beeinflussen wird.

Zunächst einige persönliche Inneneinsichten, die ich selbst beim Experimentieren mit Bewegtbild-Formaten gesammelt habe. In den letzten Jahren habe ich einige Videoblog-Postings auf meinem Youtube-Kanal „Doktor Spar“ veröffentlicht. Der bescheidene kleine Publikumsrenner mit mehr als 8.000 Zugriffen war meine Parodie auf unseren ehemaligen Bundes(selbst)verteidigungsminister:

Doktor Spar: Ich war der Ghostwriter von Guttenberg  

Damit wir uns aber nicht missverstehen: Komplexe Hintergrundthemen, wie eben gerade die Welt des Geldes und der Finanzen, sind nicht dazu da, hohe Klickzahlen zu generieren. Auf Youtube zählt für die breite Masse etwas anderes, nämlich das gewisse Etwas beim Infotainment. Und Geld ist – entgegen mancher landläufigen Meinung – in seinem gesellschaftlichen Bezügen alles andere als sexy und leichtverdauliche Kost.

Will heißen: Mit Hochglanzvideos, aber auch spontanen Slapstick-Einlagen wird man diesem Thema nicht gerecht. Und deshalb muss sich die Finanzindustrie auch erst einmal komplett neu erfinden, bis wir hier zu spannenden Formaten gelangen werden. Wie die aussehen könnten, darüber werde ich ab und an hier sicherlich noch berichten. Hier aber erst einmal eine Analyse der aktuellen Trends beim „Social TV in der Bankenbranche“ (jetzt wird es etwas trockener).  

Die Kernbotschaft dahinter: Der ehemalige Fels in der Brandung schrumpft zur Bank in der Westentasche.

Zum einen steht für die große Masse der Fernsehzuschauer auch weiterhin der passive Medienkonsum im Vordergrund, trotz der durch Social TV erweiterten Spielmöglichkeiten. Jedoch zeichnet sich heute bereits ab, dass sich je nach Branche und Sparte gewisse Marktnischen etablieren, mit anspruchsvollen Kommunikationswerkzeugen und Mehrwertdiensten. Dies bedeutet, dem Aufbau und der Pflege von sozialen Medienkanälen etwa über Newsdesk-Funktionen einschließlich von Hintergrundinformationen im Sinne von Bildformaten eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.

Denn wenn es sich um die geschäftliche Kernkompetenz eines Unternehmens handelt, mit der man Geld verdient, dann empfiehlt es sich auch, wohl überlegt und dosiert darüber über die sozialen Medien zu sprechen. Getreu dem Motto: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. So lässt sich nicht nur der Dialog mit unterschiedlichen Stakeholdern befördern. Es entstehen auch kleine Netzwerke mit fachspezifischer Ausprägung, die sich zu einem größeren Ganzen verbinden. Vom Aspekt der Image- und Markenpflege einmal abgesehen.

Die wichtigsten Motive und Ziele bei der Präsenz in den sozialen Netzwerken lassen sich mit Blick auf Social TV dabei wie folgt umreißen: Erstens, das eigene Unternehmen mit inhaltlichen Argumenten in lebendiger Bildsprache vorzustellen. Zweitens: Neue Beziehungen knüpfen, auch um die Wertschöpfungskette zu erweitern. Drittens: Durch das Netzwerken im Sinne der Mehrkanal-Kommunikation zu „lernen“. Denn nur wer das Ohr eng am Puls des Kunden hat, kann seine Produkte gezielt auf dessen Bedarf fokussieren. Warum also nicht komplexe Inhalte zu Finanzthemen anhand von anschaulichen Graphiken und Zusammenhängen gezielt über den eigenen Videokanal visualisieren und verbreiten, sprich via Social TV.

Etwa mit dem Ziel, sich dadurch aktiv in einen fachlichen Dialog einzuklinken, um die besonderen Kompetenzen herauszustellen. Wer die heute vorhandenen Instrumente einschließlich eines fundierten Web Reputation Managements sorgfältig nutzt und fortlaufend pflegt, für den stellen die sozialen Medien bis hin zum neuen Spielfeld Social TV einen produktiven Ansatz dar. Das Unternehmen kann aus dem Schattendasein heraus treten, die passenden Ideen vorausgesetzt. Dies setzt natürlich eine konsistente Strategie zwischen Management und den Fachabteilungen voraus. Aber fest steht auch: Mehr Menschen als man glaubt, interessieren sich dafür, welche Aufgaben zum Beispiel ein Finanzspezialist oder Kundenberater im Arbeitsalltag erledigt. Sofern er denn im Sinne des Kunden agiert und nicht gegen ihn. Die Bildsprache bietet hier ein breites Anwendungsspektrum, richtig und seriös eingesetzt, ohne technisches Blendwerk.

Ein Bild sagt mehr (weniger) als tausend Worte

Warum also nicht die Welt der nackten Zahlen einmal mit einer Prise Humor und unter einem persönlichem Blickwinkel betrachten? Dadurch kann im Idealfall ein Vorteil für alle Beteiligte entstehen, im sorgsam geflochtenen Beziehungsdreieck zwischen Unternehmen, Partnern und Kunden. Der fachlich-intellektuelle Austausch und Dialog mit engagierten Kollegen, Kunden und Partnern kann eine Art von „sozialer Extrarendite“ generieren. Denkbare inhaltliche Schwerpunkte für die individuelle Videoplattform lassen sich wie folgt beschreiben:

– Finanzielle Themen mit verständlicher Bildsprache darstellen

– Sich zu bestimmten Fachthemen als Finanzexperte profilieren

– Interessante Randthemen und Inneneinsichten zur Branchenkompetenz formulieren

– Sich mit anderen Videoformaten aktiv vernetzen, um Leitthemen innerhalb eines dezidierten Branchenfokus voran zu treiben

Strategie, Zielgruppen und Werkzeuge

Vor der operativen Umsetzung von entsprechenden Videoformaten steht die genaue Analyse der geeigneten Themenfelder und Zielgruppen, die sowohl nach außen als auch nach innen gerichtet sein können. Handelt es sich etwa beim Bereich des Personalmanagements um Ausbildungsinhalte, so lassen sich fundierte und praxisnahe Einblicke in die alltäglichen Arbeitsgebiete und Herausforderungen gerade in erklärender Bildsprache vermitteln. Allerdings darf es schon gerne etwas mehr als eine durchs Werbebild joggende Lena Kuske von der Commerzbank sein, an die ich bereits einen offenen Brief geschrieben habe, der die große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit zeigt.

Im Bereich der Kundenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit wiederum stellt sich die Frage, welche besonderen Stärken sich hier über das bewegte Bild heraus arbeiten lassen. Zunächst gilt es, zwischen den unterschiedlichen Zielgruppen ein möglichst feinmaschiges Raster zum jeweiligen Informationsbedarf zu erstellen, etwas zwischen Privatkundengeschäft und Corporate Banking. So offeriert etwa die Deutsche Bank für die unterschiedlichen Zielgruppen ergänzende Videoinhalte über Youtube als die zentrale Kommunikationsdrehscheibe, zum Beispiel zum Thema Energieeffizienz in den Unternehmen und die damit verbundenen staatlichen Fördermöglichkeiten.

Wenngleich die Zugriffszahlen von bildhaften Informationen zu komplexen Finanzthemen nicht überbewertet werden sollten, muss es nicht zwangsläufig bei einer zahlenmäßig kleinen Zielgruppe bleiben. Das Anfang 2012 etwa von der Deutschen Bank ins Netz gestellte Video „Private Banken und die deutsche Volkswirtschaft“ wurde bis Ende November von mehr als 200.000 Nutzern angeklickt.

Laut Auskunft der Deutschen Bank sind die bisher gemachten Erfahrungen mit neu entwickelten Kurzfilmformaten zu verschiedenen Themen auf YouTube dabei generell sehr positiv verlaufen. Man habe die Anzahl der Zugriffszahlen (Views) sogar enorm steigern können. Das aber allein reicht nicht aus, denn die größte deutsche Bank erhält automatisch einen gewissen Aufmerksamkeitsbonus. Umso mehr fehlt es den meisten Inhalten an Lebendigkeit. Alles wirkt bislang von oben durchgestylt, das alte hierarchische Bankenkommunikationsmodell eben.

Ebenfalls ein individuelles Video-Projekt in Angriff genommen hat die Bethmann Bank. Bei der Plattform „Weltenwandler“ handelt es sich um ein Online-Fernsehformat, das Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten zu grundlegenden Dialogen und Diskussionen zusammenführen soll. Jeweils zwei Gesprächspartner stellen sich dabei gesellschaftspolitischen Fragen aus dem Zeitgeschehen. Das Finanzinstitut möchte Zuschauer jenseits von gängigen Fernseh-Talkshows mit anspruchvollen Inhalten versorgen. Mehr noch: Der Weltenwandler möchte zur aktiven Mitarbeit anregen. Die Zuschauer können dazu den Dialog eigenständig fortsetzen, indem sie Meinungen und Kommentare in einem Chat veröffentlichen. Einführende Features ergänzen die jeweiligen Themenfelder. Auch dies ist bislang nicht viel mehr als ein erster Ansatz, dem es an Durchschlagskraft und Konsequenz fehlt.

Zwischenruf: Ich sehe übrigens die Riege der Finanzblogger an vorderster Stelle, wenn es darum geht, den Dialog zwischen Banken, Medien und der breiten Öffentlichkeit gerade über lebendige und ungeschönte Bewegtbildformate zu intensivieren. 

Weiter in der Videoschau, die mich noch nicht vom Stuhl reißt. Die größte deutsche Direktbank ING-DiBa setzt auf ihrer Informations-Plattform finanzversteher.de auf das „Youtube-Fernsehzimmer“, in dem Nutzer erläuternde Videos zu bestimmten Produktkategorien finden, um die Chancen und Risiken einzelner Anlageklassen in visueller Form besser nachvollziehen zu können. Okay, auch dies kein schlechter Ansatz, aber auch hier fehlt es an Lebendigkeit, Frische und entwaffnender Direktheit.

Ein weiteres Beispiel stammt vom Online-Broker CortalConsors. Er gewährt via Bildformat „Backstage“ Inneneinsichten mit Unterhaltungswert in das eigene Unternehmen. Ob ich dadurch ein erfolgreicherer Akteur, oder doch nur oberflächlich neu frisierter Anleger werde? Kurzum, viele Wege und Stilmittel führen ans gewünschte Ziel, den Dialog mit unterschiedlichen Stakeholdern weiter zu intensivieren. Das gelingt leider noch nirgendwo.

Best Practices im bewegten Bankenbild – bislang sind sie Fehlanzeige. Gut zu wissen. Denn dabei werden die Banken sich in globaler wie lokaler Hinsicht mit neuen Wettbewerbern insbesondere aus dem Umfeld der IT-Branche auseinandersetzen müssen. Spezialisierte Anbieter haben das Potential der visuellen Finanzinformation ebenfalls erkannt. Den Erfolgsschlüssel hat allerdings von den „Branchenfremden“ noch keiner gefunden, oder hab ich da was übersehen?

Denkbar sind neben dem grundsätzlichen Rüstzeug auch auf aktuellen Anlässen basierende fachbezogene Expertenrunden. Etwa zu spezifischen Themen von allgemeinem Interesse, die moderne Darstellungsoptionen wie Videochat und Webinar auf sinnvolle Art und Weise kombinieren. Vergessen Sie bitte an dieser Stelle das unsägliche Gewinnspiel, um für mehr Verkehr auf den Videoseiten zu sorgen!

Fazit: Bislang stehen vermeintlich unkalkulierbare Reputationsrisiken bei der Außendarstellung von Finanzthemen im Vordergrund. Andererseits reicht es bei der um interaktive Bildkanäle ergänzten Social TV-Strategie keineswegs aus, nur „trockene, unpersönliche Hochglanzvideos“ zu produzieren. Vielmehr dreht sich gerade beim Aufbau der visuellen sozialen Medienkanäle alles um eine lebendige persönliche Ansprache, natürlich konform zu den Compliance-Vorgaben, die aber oft genug nur als Vorwand herhalten, nichts Neues ausprobieren zu müssen.

Die Herausforderung besteht darin, vermeintlich komplexe Themen aus der Finanzwelt auf klar verständliche Bildbotschaften zu verdichten, ohne dabei jedoch wesentliche Inhalte verkürzt oder gar verfälscht darzustellen. Jedes „Fake“ wird übrigens zurecht mit einem umso stärkeren shitstorm beantwortet. Den Kopf in den Sand stecken, kann aber nicht die Option sein. Denn umso mehr sind Finanzdienstleister gefragt, die das verfügbare Kreativitätspotential voll ausschöpfen – und die in der Lage sind, mit frischen Ideen bei ihren „Stakeholdern“ (= die Gesellschaft) zu punkten.

Social TV: Hypothesen zur Zukunft des interaktiven Fernsehens

Das „Mitmach-TV“ via Apps, Social Media und Spielen etabliert sich. Das Wohnzimmer ist nicht mehr die abgeschlossene kleine Welt. Die Erlebnisse werden in Echtzeit mit Freunden und Fans auf dem ganzen Globus geteilt.

Nicht das Programm bestimmt die Nutzer, sondern diese bestimmen das Programm. Dies bedeutet, dass die Zuschauer in Zukunft die Sendung ihrer Wahl zum Zeitpunkt ihrer Wahl anschauen.

Durch leistungsstarke Such-Algorithmen und -Funktionen wird die Auswahl von Sendungen, Filmen und Musik deutlich individueller.

Die Werbung der Zukunft könnte völlig anders aussehen: Interaktiv und gezielt auf die persönlichen Vorlieben zugeschnitten.

Die Fernbedienung rückt in den Hintergrund. Das TV-Gerät lässt sich auch via Smartphone und Tablet sowie mit Gesten und Sprache steuern.

Auch kleine Endgeräte bilden kein Hindernis mehr: Smartphone und Tablet bilden eine Einheit, um  TV-Sendungen künftig überall hin mitzunehmen.

Quelle: Rovi/Lothar Lochmaier

Written by lochmaier

April 14, 2013 um 3:34 pm

Veröffentlicht in Uncategorized

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