Jedermann TV forciert Götterdämmerung der Finanzindustrie
Im Einleitungsbeitrag Ein leeres Bild und tausend Worte habe ich bereits die Botschaft zum bewegten Bild beschrieben. Was das für die Finanzindustrie bedeutet, dazu der Link zu einem kreativen Musikvideo, auf das ich via Finews.ch gestoßen bin. Die weissrussische Rockband Ljapis Trubezkoi besingt darin auf ironische Weise das «Kapital». In der Heimat verboten, darum gibt es nur Auftritte rund um Weissrussland.
Die Analogie zur Finanzbranche liegt da nahe. Man braucht kein großer Revolutionär, sondern nur ein pragmatisch vorwärts denkender Mensch zu sein, um zu prognostizieren, dass das bewegte Bild im Netz, das „Jedermann TV“, die nächste Innovationswelle sein wird, die alte Geschäftsmodelle in Frage stellt und teilweise ablösen wird.
Mit anderen Worten: Die multimediale Götterdämmerung hat auch in der Finanzindustrie bereits begonnen. Was nicht heißt, dass wir nun automatisch in eine menschenfreundliche Bankenzukunft steuern. Aber der Trend geht eindeutig in Richtung Innovation. Vielleicht lohnt es sich noch einmal, meine vor drei Jahren auf meinem Videoblog „Doktor Spar“ zusammen gestellte Text-Bild-Collage „The Banking Wall“ anzusehen:
Einige Beispiele: Nicht nur entsteht über das Crowdfunding finanziert, ein neuer Störsender TV, vom alt gedienten Kabarettisten Dieter Hildebrandt initiiert, als Gegengewicht zu den Mainstream-Medien. 153.000 Euro kamen dafür via Startnext zusammen. Siehe dazu Episode 1: Finanzkasinokapitalismus.
Und die Wirtschaftswoche ruft online ein neues Medienformat „Lunchtalk“ ins Leben und öffnet damit die Redaktion für frischen Wind von außen. Das belebt. So erklärt via Google Hangouts Dirk Elsner vom Blicklog, dass es eine Zeit der Vorbereitung braucht, um eine Handvoll Euro (5 Mrd. €) in einen Lastwagen zu packen und nach Zypern zu befördern.
So erklärt Michael Schulte alias „Mr. Market“, dass es nicht genügt, einmal die Woche in die Wirtschaftszeitung zu blicken, um bei der Aktienanlage an der Börse erfolgreich zu sein. So erläutert Gunnar Sohn die Grundlagen von Crowdfunding und zeigt Praxisbeispiele auf, wo die Chancen und Grenzen liegen. All dies sind keine perfekt inszenierte Medientermine, sondern spontane Online-Videokonferenzen, die durchaus auch Raum für unperfekte Fragen und Antworten lassen.
Es bilden sich weitere innovative Medienformate, die ich an dieser Stelle gar nicht auflisten möchte. Natürlich ist auch beim „Jedermann TV“ z.B. via Google Hangout on Air nicht alles Gold was glänzt. Man sollte schon intensiv am Profil arbeiten, um größere Sprech- und Bildblasen zu vermeiden.
Darum geht es hier aber nicht. Spannend ist zwischen Schwarz-Weiß-Malerei der durchgreifende Trend. Der Zuseher wird sich selbst darüber ein Bild machen, welche Reichweite und Durchschlagskraft das Bewegtbild in der Finanzindustrie gewinnen kann.
Und die Antworten der „Finanzindustrie“ auf die schleichende Bewegtbild(r)evolution? Sie sind bislang äußerst zaghaft. Man wartet ab, was die „Bürgerbeteiligungswelle“ mit Blick auf das „Jedermann TV“ noch so alles produzieren wird.
Irgendwann – wenn es nicht anders geht – wird man den Spielball schon aufgreifen und zwangsläufig neue Formate kreieren. Mit welchem Erfolg, lasse ich mal dahin gestellt, wenn man weiterhin an der alten, hierarchischen Rollenverteilung festhält.
Wie geht es weiter mit dem finanziellen Bildnis, das die Menschen tatsächlich bewegt? Im nächsten Teil zeige ich einige Ansätze in der Bankenwirtschaft auf, wie diese sich zögerlich an die neue interaktive Bildwelt heranzutasten vermag. Man merke: Nicht ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Sondern tausend Bilder sagen mehr als ein Wort.
Kommentar verfassen