Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

Social Lending: Smava kippt Geschäftsmodell … Banken vor die Füße

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Bevor wir zu den eigentlichen Fakten kommen, einige Auszüge aus meinem 2010 erschienenen Buch „Die Bank sind wir“: Immer mehr Menschen überwinden ihre Berührungsängste, sich gegenseitig Geld zu verleihen, ohne dass sie eine Bank oder ein Kreditinstitut direkt einschalten müssen. Das nennt man Social Lending.

Die Konditionen für den Darlehensnehmer, der das Kapital über eine soziale Kreditauktion aufnimmt, sind zwar oftmals nur geringfügig besser als bei einem marktgängigen Online-Kreditvermittler. Aber der Reiz ist vorhanden, etwas Neues auszuprobieren, und die Attraktivität von sozialen Kreditbörsen greift auch auf andere Formen der Vermögensanlage über.

So tauschen sich neugierige Anleger über finanzielle Interessenpools darüber aus, wie sie ihr erspartes Geldvermögen optimal einsetzen und vermehren. Die dafür benötigten spezialisierten Plattformen im Internet leben davon, diesen Prozess gegen entsprechende Gebühren zu moderieren.

Die Ansprüche der Menschen an die neuen sozialen Kreditbörsen und virtuellen Finanzgemeinschaften im Internet sind deshalb hoch. An sie richtet sich nichts weniger als die Erwartungshaltung, einen über kurzfristige Sicht hinaus gültigen gesellschaftlichen Gegenentwurf zur undurchschaubaren Bankenhierarchie abzuliefern.

… Soweit die kleine Rückschau zum Buch. Wie schwierig es ist, derart hoch gesteckte Ansprüche als alternatives Geschäftsmodell einzulösen, diese Erfahrung hat die deutsche Social Lending Plattform Smava gemacht. Denn das Modell war trotz einer gewissen Wachstumsdynamik noch nicht profitabel genug, um auf eigenen Beinen zu stehen.

Mit der Fidor Bank wurde zwar jüngst erst die Kooperation intensiviert, dennoch hing die Plattform auf unabsehbare Zeit weiter am guten Willen der Finanzinvestoren, die natürlich irgendwann auch Rendite auf ihr eingezahltes Kapital sehen wollen. Insofern unterscheiden sich die Neuen durchaus nachvollziehbar kaum von der konventionellen Finanzindustrie.  

Zwar sieht sich die Fidor Bank in ihrem jüngsten Xing-Eintrag darin bestätigt, dass der Börsengang von Facebook auch die erste Web 2.0-Bank Deutschlands beflügle, wie dies jedoch konkret von statten gehen sollen, darin sind sich nicht nur die Experten noch uneins. Denn die schwarze Null ist in diesem Jahr noch nicht gesichert bei den Münchnern, ebenso wenig wie bei Smava.

Alles braucht eben mehr Zeit als ursprünglich gedacht. Kurzum, die Geschäftsmodelle skalieren noch nicht wie gewünscht. Die Fidor Bank treibt deshalb verschiedene Projekte voran, neben der Internationalisierung, Standardisierung auch das Thema Vernetzung, etwas durch angedockte Crowdinvesting-Funktionalitäten. So dürfte noch in diesem Sommer, Branchenkreisen, pardon, zirkeln, zufolge mit der Plattform United Equity ein gemeinsames Projekt im Bereich „P2P-Equity“ gestartet werden.   Schaun‘ mer mal. 

Zurück zum Social Lending: Es verwundert kaum, dass Smava jetzt die Plattform angesichts der bisherigen Umsatzvolumina (ca. 65 bis 70 Millionen Euro in fünf Jahren bei einer durchschnittlichen Rendite von knapp fünf Prozent für die Anleger) den Banken vor die Füße kippt.

Das ist zugegebenermaßen eine etwas drastische Formulierung, sie trifft aber den Kern. Denn Smava wird nun neben seinem weiter aktiven Social Lending Standbein zum ganz normalen Drittanbieter für die Kreditprodukte von gängigen Banken und anderen Finanzdienstleistern. Bedeutet dies, dass die neuen Spieler doch nur in abhängiger Symbiose von den Alten ihr gedeihliches Auskommen finden werden?

Schaun‘ mer mal. Alle relevanten Infos zu diesem Schritt finden interessierte Leser auf dem Blog P2P-Kredite von Claus Lehmann, der nüchtern bilanziert, dass Smava sich vom reinrassigen Spezialisten von Social Lending in Richtung Kreditmarktplatz wandelt. Eine interessante Bewertung zum Hintergrund nimmt das Bankingportal24 vor. Es wirft die Frage auf: Wird Social Lending zur reinen Kreditvermittlung? 

Einige Auszüge, zunächst das Bankingportal24:

Der deutsche Social Lending Marktführer Smava vermittelt Kredite neuerdings nicht mehr nur zwischen Privatpersonen. Auch Banken können auf Kreditgesuche bieten – Smava betreibt damit ein klassisches Vermittlungsgeschäft. Anlegern könnten so zusätzliche Laufzeiten und günstigere Konditionen geboten werden, heißt es. Kritiker sehen in der Kehrtwende Verrat an der Idee des Peer2Peer-Konzepts.

Eine mögliche(!) Ursache für die enttäuschende Entwicklung könnte sein, dass Angebot und Nachfrage auf Kreditmarktplätzen nicht so gut zueinander passen wie erhofft. Wer Geld bei Smava anlegt um eine hohe Rendite zu erhalten, verlangt womöglich einen zu hohen Zinssatz. Das könnte daran liegen, dass Nutzer eines innovativen Konzepts über einen hohen Informationsstand verfügen – und den Zinssatz auf der Plattform nicht mit einem durchschnittlichen, sondern mit dem besten erhältlichen Zinssatz für Festgeldanlagen vergleichen. Da bei Smava größere Risiken bestehen als bei einer Bank, wird auf diesen höchsten Zinssatz noch ein Aufschlag verlangt. Zusammen mit der Vermittlungsgebühr für Smava wird dann selbst bei Kreditanfragen mit bester Bonität kein günstiger Zinssatz mehr erreicht.

Dass die Integration von Banken in das Marktplatz-Konzept zu einem Preiskampf zwischen den Kreditinstituten und Privatanlegern führt, ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass Banken regelmäßig die günstigeren Konditionen anbieten und den Zuschlag erhalten. Denn auch in einem anderen Punkt konnte Smava bislang nicht restlos überzeugen: Der Zugang zu Krediten war über die Plattform nicht unbedingt einfacher als bei einer Bank. Einkommen und SCHUFA wurden ebenso streng geprüft.

Möglicherweise leitet die Entscheidung von Smava das Ende des Social Lendings in seiner bisherigen Form ein.

Quelle: bankingportal24

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge bewertet Claus Lehmann von P2P-Kredite den Schritt von Smava in Richtung „Full Service Kreditanbieter 2.0“:

In der Situation, in der Smava sich befindet, ist diese Neuausrichtung ein folgerichtiger Schritt, der sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit von Smava auswirken wird. Allerdings leitet Smava damit die endgültige Abkehr vom ursprünglichen Geschäftsmodell der P2P Kredite ein (Smava’s Slogan am Start war Kredite von Mensch zu Mensch ein). Statt einem Startup, dass den Finanzmarkt verändern wollte, agiert nun ein Unternehmen, dass sich nur noch in der Außendarstellung von anderen Kreditbrokern/Kreditvergleichseiten unterscheidet und dessen Geschäftsmodell der Online-Vertrieb von Finanzprodukten der Banken ist.

Quelle: P2P-Kredite.

Eine weitere Bewertung dieses Vorgangs nimmt der Kredit-Engel vor. Er stellt fest:

Das neue smava-Modell und insbesondere die Hinweise auf zukünftig mehr Bonitätsklassen und bessere Angebote zwingen zum Umdenken. Bisher sind die Online-Kreditmarktplätze als Chance für alle von den Kreditinstituten verschmähten Personen mit nicht ganz einwandfreier Bonität gefeiert worden, wobei smava eine relativ stringente, an der Schufa-Bonitätsklasse orientierte Vorauswahl getroffen hatte. Da ist ein wenig Verwunderung erlaubt, wenn festgestellt wird, dass sich durch die Einbindung der so oft kritisierten Banken zukünftig auch für diejenigen Kreditmöglichkeiten auftun, die bisher bei smava keine Chance hatten.

Auch die Aussage, dass die Konditionen sich künftig verbessern könnten, will nicht so ganz zu der Dauerkritik an den Banken passen, wonach sie für ihre Ratenkredite zu hohe Zinsen verlangen. Dass der letztgenannte Vorwurf bei vielen Anbietern jeder Berechtigung entbehrt, zeigt ein Blick in unseren Kreditvergleich. Wir müssen aber zugestehen, dass die bei smava geltenden Minimalzinssätze von 2,85 Prozent effektiv (12 bis 36 Monate), 3,95 Prozent effektiv (48 und 60 Monate) und 4,45 Prozent effektiv (72 und 84 Monate) ausgesprochen interessant sind.

Quelle: kredit-engel.de

Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens der Umstand, dass der schärfste Wettbewerber von Smava in Deutschland, Auxmoney, jetzt vor allem mit „Autokrediten“, die keineswegs günstiger sind als jene von konventionellen Anbietern, relativ hohe Wachstumsraten im Millionenbereich fortschreibt, berichtet finanz-blog.at. Kritische Untertöne dazu gibt es via golem.de . Kurzum, auch hier bewegen sich die Peer-to-Peer-Kredite in Richtung Mainstream, sprich man setzt überwiegend auf Masse.

Fazit: Es stellt sich die Frage, ob die Anbieter von Social Lending, Crowdfunding, -investing und Personal Finance Management künftig als zusätzliche Option (White Label, angedockte Tools, Lizenzen etc.) in der klassischen Finanzindustrie aufgehen, oder ob sie weiterhin eine Berechtigung als eigenständige Alternative haben werden. Den Trend kann man vorerst nur salomonisch bewerten: Schaun‘ mer mal, erst recht nach dem gehypten Börsengang von Facebook, wo noch nicht klar ist, welche Auswirkungen dieser jenseits von Euphorie für die Finanzindustrie haben wird.  

Zu den aktuellen Geschehnissen und Trends im Social Lending folgt am kommenden Dienstag ein Interview mit dem Gründer von Smava, Alexander Artopé.

Written by lochmaier

Mai 20, 2012 um 11:28 am

Veröffentlicht in Uncategorized

10 Antworten

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  1. […] Social Lending: Smava kippt Geschäftsmodell … Banken vor die Füße spannend – so können die Banken das Thema übernehmen ————————————————————————— Payments […]

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  3. […] ist. Der Reiz etwas neues auszuprobieren überwiegt bei vielen. Aber auch die Attraktivität von sozialen Kreditbörsen als eine andere Form der Vermögensanlage wird immer größer. Die Gründe hierfür, analysiert […]

  4. […] dem Beitrag vom vergangenen Montag Smava kippt Geschäftsmodell, in dem die neuen Entwicklungen im Social Lending hier thematisiert worden sind, folgt nun ein […]

  5. Lustiger Trackback aus dem Smava Blog (2 höher)
    Smava verlinkt auf diesen Artikel aus dem Kontext

    „Social Lending wird immer beliebter

    Oft haben Menschen Bedenken, wenn es darum geht, anderen Menschen ihr Geld zu verleihen. Aber diese Berührungsängste werden überwunden und somit wird immer mehr Geld verliehen, ohne das ein Kreditinstitut direkt daran beteiligt ist. Der Reiz etwas neues auszuprobieren überwiegt bei vielen. Aber auch die Attraktivität von sozialen Kreditbörsen als eine andere Form der Vermögensanlage wird immer größer. Die Gründe hierfür, analysiert Social Banking 2.0.“

    Wenn das nicht passend ist 🙂

    P2P-Banking.com

    Mai 22, 2012 at 6:44 pm

  6. den Link zum Smava-Blog hatte ich auch schon registriert, in der Tat, da könnte ein bisschen mehr konstruktiv-kritische Auseinandersetzung jenseits von „Track-back-Werbung“ schon nicht schaden.

    lochmaier

    Mai 23, 2012 at 8:54 am

  7. […] Fokus auf den tatsächlichen Privatkrediten für Privatleute und Selbständige / Freiberufler lag, hat sich die Lage verändert. Durch die Direktkredite der Banken wurden zwar auch neue Kreditnehmer angesprochen, das Motto […]

  8. […] von smava, der Hinzunahme von Direktkrediten durch Banken, nicht so glücklich schienen, sondern es durchaus auch Kritik im Internet hagelte, kommt nun gerade in den zinsschwachen Zeiten für Spareinlagen eine neue Anlagedauer ins Spiel, […]

  9. Smava ab sofort mit bis zu 75.000 Euro Kreditsumme…

    Auf der Suche nach einem Kredit über 50.000 Euro suchten potentielle Kreditnehmer bei smava bislang vergeblich. Dies hat sich gestern geändert, nun gibt es bei der Kreditplattform die Möglichkeit, deutlich höhere Kreditsummen aufzunehmen. Damit schließ…

    Finanznachrichten.info

    Dezember 20, 2012 at 9:48 am

  10. Danke für den Hinweis mit dem smava Gründer Interview. Sehr interessant!

    Marco

    August 9, 2013 at 4:29 pm


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