Vorhang auf: Wie transparent ist die Unternehmerloge?
Der Werbespot der Unternehmerloge zur besten Fernsehzeit in den Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten läuft schon geraume Zeit:
Einmal neugierig geworden, habe ich mir die Homepage genauer angesehen, um herauszufinden, was sich hinter dieser Art neuer Genossenschaft für nach einem Ausweg suchende Klein- und Mittelständler verbirgt. Ist das nur ein Auffangbecken für eine neue Gebührenfalle oder ein ernst zu nehmender Zusammenschluss?
Jedenfalls sind die rhetorischen Geschütze gegen das „Establishment“, die die Initiative auffährt, schon recht plakativ:
- Wie lange lassen wir uns noch ausnutzen?
- Wir selbständigen Unternehmer und unsere Mitarbeiter
sind der Motor und das Herz der Wirtschaft. - Trotzdem machen Banken und Großkonzerne sowie Behörden
mit uns und unseren Mitarbeitern was sie wollen! Quelle: Unternehmerloge.de
Zunächst einmal darf man misstrauisch werden, weil wieder einmal gleich Gebühren fällig werden. Und das nicht zu knapp. Je nach Mitarbeiterzahl 20, 40 oder 60 Euro pro Jahr, plus einmalig 100, 200 oder 300 Euro. Und was erhält der zahlende Kunde im Gegenzug, außer dem kuschligen Kamingefühl, seinen unternehmerischen Frust nicht ganz gebührenfrei kanalisieren zu dürfen.
Es ist durchaus auffallend, dass die Zahl jener Initiativen – so sinnvoll sie von der Idee her oft sein mögen – laufend wächst, die am Ende in erster Linie auf den Abverkauf von Softwaretools, Mitgliedschaften etc. ausgerichtet sind. Das wäre natürlich nicht im Sinne des Erfinders, sich hier nur vordergründig des wachsenden Frustpotentials in der Gesellschaft zu bedienen, um allein aus diesem Umstand Kapital zu schlagen.
Die Initiative Unternehmerloge wirbt laut Selbstauskunft mit folgenden Dienstleistungen:
- Die UNTERNEHMER-LOGE hilft bei der Beschaffung von Krediten.
- Die UNTERNEHMER-LOGE hilft dem Selbständigen Unternehmer bei der Beschaffung von Eigenkapital.
- Die UNTERNEHMER-LOGE hilft beim Aufbau einer angemessenen Altersversorgung (standesgemäß, inflationsgeschützt, währungsbeständig).
- Die UNTERNEHMER-LOGE stellt ihren Mitgliedern ein starkes Netzwerk zur Verfügung mit hoch qualifizierten Leistungen von praxiserfahrenen Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, etc.
- Die UNTERNEHMER-LOGE ermöglicht in Zukunft ihren Mitgliedern, Mitarbeiter über einen Mitarbeiterpool gegenseitig auszuleihen oder zu beschaffen.
- Die UNTERNEHMER-LOGE ermöglicht ihren Mitgliedern auch über einen schlagkräftigen Maschinen-, Geräte- und Fahrzeugpool sehr günstige Einkaufs-, Leasing- und Mietkonditionen zu erzielen. Quelle: Unternehmerloge.de
Social Banking 2.0 hat einmal genauer nachrecherchiert, wer sich hinter der Initiative verbirgt. So ganz erschließt sich der reale Charme des neuen Modells nicht auf den ersten Blick. Vor allem zur Frage, welche Organisations- und Rechtsform die Galaxi-Kapital einnimmt? Und: Ist hier auch die Fürst Fugger Privatbank in Augsburg als weiterer Partner involviert?
Jedenfalls ist im Impressum eine UNTERNEHMER-LOGE-2010 Management GmbH eingetragen. Schaut man sich die Einstiegsseite ganz unten an, so weichen die Angaben leicht davon ab: Dort ist plötzlich von einer UNTERNEHMER-LOGE-2010 GmbH & CoKG a.A die Rede. Als Geschäftsführer fungiert Dipl. oec. Christoph Unmann, laut Xing Vorstand der Galaxi AG, zudem noch Bankberater in Augsburg (und dort möglicherweise mit einer früheren Querverbindung zur Fürst Fugger Privatbank ausgestattet).
Im Kern könnte es sich um eine Art von ergänzendem Vertriebsmodell für Bankdienstleistungen unterschiedlicher Art zu handeln, die über die äußere Form einer „Unternehmensvereinigung“ aufgefangen bzw. kanalisiert werden sollen. Also nichts anderes als ein Finanzvertrieb, der sich zudem bereits durch die relativ hohe Mitgliedsgebühr rechnet?
So hat bislang – wenn ich es richtig überblicke – das Weblog diebewertung sich als einer der wenigen überhaupt etwas eingehender – jenseits von einer nichts sagenden Meldung – mit dem Vorgang befasst. Es wird zurecht die Frage aufgeworfen, warum sich die Unternehmerloge nicht als Verein konstituiert hat. So bleibt die Ausrichtung der Initiative zwischen Gewinn- und Sozialorientierung reichlich vage.
Und schließlich steht laut diebewertung.de bzw. der Augsburger Allgemeinen Zeitung mit Ignaz Walter ein“Urgestein der deutschen Unternehmerschaft“ hinter der Loge. Der investierte offenbar 2,5 Mio. Euro für die Werbekampagne aus Eigenmitteln.
Es sind aber auch noch andere Motive jenseits von finanziellen Verquickungen denkbar, angedeutet etwa auf dem persönlichen Weblog von Walter. Dort werden auch Hintergründe zu früheren Geschehnissen erläutert, zu denen sich Social Banking 2.0 jedoch jeder Kommentierung enthält.
Ich verweise hier nur auf einen Artikel bei Manager Magazin online aus dem Jahr 2008, der darüber berichtet, wie der Unternehmer wegen Untreue zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden ist. Die damaligen Geschehnisse möchte ich selbst nicht aus der großen zeitlichen Distanz heraus bewerten.
Das e-t-w-a-Blog spekuliert darüber, dass es sich hier um die persönliche Abrechnung eines an der Politik und den Banken gescheiterten Unternehmers handeln könnte. Ein vorsichtig zu bewertendes Indiz in diese Richtung ist der Umstand, dass Walter offenbar sein Kunstmuseum in Augsburg schließen will – angeblich aufgrund fehlender Unterstützung der Stadtoberen.
Aus welchen Motiven heraus der Anstoß zur Initiative auch immer erfolgt sein mag – die optische Präsenz wäre wohl kein Signal für etwas wirklich Substanziell Neues oder Besseres, denn die strukturelle Aufstellung der Unternehmerloge wirft deutlich mehr Fragen auf als sie beantwortet.
Fazit: Falls das zweischneidige Experiment misslingt, stellt sich die Frage, wo die offenbar zehn eingestellten Mitarbeiter anschließend verweilen dürfen. Der Betreiber hat übrigens auf meine ePost zu den zahlreichen Fragenkomplexen, zu denen ich die Unternehmerloge um Aufklärung gebeten habe, bislang nicht reagiert (falls von dort noch Infos eintreffen, reiche ich die gerne nach).
Update am 23.08.: Der Geschäftsführer der Unternehmensloge Christoph Unmann teilt telefonisch mit, dass es sich bei der Galaxi AG um ein unabhängig von der Unternehmensloge operierendes Konstrukt handle. Galaxi stünde lediglich mit Rat und Tat bei grundsätzlichen Fragen zur Seite. Lassen wir diese Aussage mal so stehen. Christoph Unmann verweist ansonsten auf die sehr positive Nachfrage. Die Initiative treffe offenbar den Nerv der Zeit. Kündigungsfristen gibt es übrigens bei der Unternehmensloge keine.
Eine „Loge“, die bei der Beschaffung von „Eigenkapital“ behilflich ist, kann ja wohl nur ein Vertriebsweg irgendeiner Bank sein…! Oder? Wie bekommt man (ich) eigentlich so ein Gen um so vorzugehen..?
MfG
Bernd Blase Berlin
http://www.sbw-berlin.de
Bernd Blase
August 22, 2011 at 5:47 pm