Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie

eToro: Wie seriös ist das „Facebook des Tradings“?

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Mehrere Dutzend junge Unternehmen präsentierten in London auf der Finance Innovate (FinovateEurope)  ihre Ideen, wie sie dem Bank- und Finanzwesen frisches Leben einhauchen möchten. Nicht zu verwechseln mit „alter Wein in neuen Schläuchen“. Denn letzte Woche reagierte mein Spamfilter etwas allergisch auf folgende virtuelle Datenkrake:

eToro erlaubt es Ihnen an einem der größten Märkte der Welt teilzunehmen!
Und des beste ist, dass sie keine Vorkenntnisse oder Erfahrungen brauchen, dass erklärt
ihnen alles eToro mit vielen Anschaulichen Videos. Zudem ist die Benutzeroberfläche selbsterklärend!
Der beste Einstieg also:
Keine Vorkenntnisse
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Damit sind wir genau beim Thema – dazu gehörte eben auch das per Spambot mir etwas aggressiv aufgedrängte eToro , eine Online-Handelsplattform für Börsenprodukte wie Devisen, Rohstoffe und Indizes – immerhin einer der vom Fachpublikum auf der Finovate insgesamt vier prämierten Gewinner.  Hier ein kleines Werbevideo in deutscher Sprache:

Zum inhaltlich neutralen Einstieg, worum es hier genau geht, empfiehlt sich eine Darstellung auf dem bank-blog.de. Darin ist folgendes zu lesen:

In Deutschland hat eToro inzwischen nach eigenen Angaben mehrere Tausend Kunden. Bislang wird das deutsche Geschäft allerdings von British Virgin Island und Zypern aus gelenkt und betreut, was dem Vertrauen der deutschen Konsumenten grundsätzlich wohl eher nicht zuträglich ist. Für die Zukunft will man dies ändern und den deutschen Markt zu einem europäischen Schwerpunkt entwickeln. Auf den Erfolg darf man gespannt sein. Zweifelsohne bietet eToro einen interessanten Ansatz für trading-orientierte Kunden in der Welt des Online Banking, der insbesondere den Wettbewerb für die hiesigen Direkt Broker nicht einfacher werden lässt. Noch liegt aber einiges an Arbeit vor eToro, um sich hierzulande erfolgreich zu etablieren.
 
Quelle: der-bank-blog.de

Das Geschäftsmodell basiert im Wesentlichen auf dem CopyTrader, direkt integriert in das so genannte OpenBook, dem Social Trading Network von eToro. Das „soziale Buch“ von eToro besitzt zunächst nicht unbedingt sieben rätselhafte Sigel.

Es soll den Finanzhändlern in Echtzeit relevante Daten über Positionen, Gewinne und Strategien der anderen Händler bereit stellen. Und es eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit, eigene Transaktionen, Erfolge (oder Fehlschläge) über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und LinkedIn über den virtuellen Flurfunk den anderen Nutzern sofort und ungeschönt mitzuteilen.

So ist die Trading-Lösung von eToro nicht nur in zwölf Sprachen verfügbar, sie wartet nach eigenen Angaben zudem mit einem aktiven Kundenstamm von 1,5 Millionen Nutzern auf. Und täglich kommen offenbar tausende neuer Kunden hinzu. Nun schickt sich das Unternehmen an, auch den deutschen Markt zu erobern. Die Pressemaschinerie ist bereits hochtourig angelaufen.

Es gibt aber auch kritische Stimmen, die den Wirbel um das „Social Project“ bzw. das Open Book von eToro nicht ganz nachvollziehen können.  Es grummelt nicht nur in Kreisen von Investoren, sondern auch in den Reihen der Online-Broker (2.0). Das Unternehmen eToro versucht übrigens den Begriff „Broker“ nach offizieller Lesart etwas zu vermeiden.  

All dies sind genug Gründe, einen Blick hinter die neue Kulisse der Brokerage 2.0 zu werfen. Die Plattform mit historischen Verbindungslinien aus Zypern ist eng mit bestimmten Brokern verbandelt (RetailFX für Europa, IC Markets für Australien und FX Solutions, möglicherweise mit Blick auf den US-Markt).

Der Kunde hat nun folgendes zu tun: Er muss ein Konto eröffnen, um handeln (traden) zu können.  Der „Broker“ verwaltet das Kundengeld, er stellt die Plattform, er macht die Kurse und er verdient am Traffic. Schauen wir mal ins Kleingedruckte bei eToro:

What does it mean to “follow” someone? When you spot an interesting trader you would like to keep track of, you can click on the “follow” button on their profile pages or on any of their trading activity items. Following helps you keep track of these traders better. Once you start following other traders, their activity will start appearing in “My Friends” feed, and they will be listed as one of your connections.

What is Copy and how do I use it?

One of OpenBook’s unique features is the ability to immediately copy a trade that you see in any of the trading activity feeds. When you see a trade that you want to quickly mimic by yourself in your own trading account, simply click on the Copy link in any trade activity item. You’ll then be able to review your selected trade and further define your requested trade settings.

Please note: You’ll need to login into eToro’s WebTrader to copy a trade. Currently, Copy is only available through our WebTrader platform.

Quelle: eToro

Haben Sie auch die gewissen Feinheiten im letzten Satz bemerkt? Da bleiben doch einige Fragen offen. Kann der Kunde nur in der Broker-Software von eToro arbeiten, eine rein manuelle Funktion? Man sieht etwas, klickt dann, und was passiert anschließend? Ist das überhaupt noch „Echtzeithandel? 

In einem Fachartikel in der Computerwoche lässt sich das Prinzip von eToro nach dem Motto „Facebook des Tradings“ genauer nachvollziehen. Brancheninsider sehen übrigens große Schnittstellen zum Geschäftsmodell der deutschen Plattform Ayondo, über die Social Banking 2.0 schon ausführlich berichtet hat. Auch mein Buch Die Bank sind wir enthält einen ausführlicheren Analyseteil zu Ayondo. 

Die Handelskonten vom Pendant eToro laufen in der EU offenbar über RetailFX. Retail FX Limited ist ein EU Forex-Handelsunternehmen, das die eToro-Plattform lizenziert hat. Es vertreibt und unterstützt die eToro-Plattform weltweit für Online-Händler.

Alle Handelskonten werden durch RetailFX Limited eröffnet, und alle Geldüberweisungen werden von RetailFX Limited bearbeitet. Die Regulierung erfolgt hier: RetailFX is regulated by CySEC – Cyprus Securities and Exchange Commission.

Die Firmenadresse von eToro lautet: eToro (TM) P.O.Box 3321, Drake Chambers Road Town, 3321 Tortola, British Virgin Island.

Zumindest ergibt sich hier, wie auch bereits im bank-blog oben angedeutet, ein sowohl rechtlicher wie struktureller Klärungsbedarf, was die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des zugrunde liegenden Geschäftsmodells angeht.

Es geht hier übrigens nicht darum, eine inhaltliche Gegenposition zu beziehen, aber Ross und Reiter sollten bei jedem neuen wie alten Geschäftsmodell klar sein, insbesondere dann, wenn man sich als kundenfreundliche „Facebook-Alternative“ besonders Communitynah stilisiert. 

Es gehört zu den Aufgaben von Social Banking 2.0, weder die alte Bankenlandschaft undifferenziert zu verdammen, aber auch deren gravierende Defizite nicht zu beschönigen, sondern offen die Hand in die Wunden zu legen. Ebenso sollen neue Alternativen aus dem Web 2.0 zwar kritisch-konstruktiv behandelt werden, aber nicht gleich vorschnell als neue Heilsbringer in den Himmel gelobt werden.

Ein Grund mehr, einmal beim deutschen Mitbewerber Ayondo nachzuhaken, worin die Unterschiede zwischen den beiden Plattformen eToro und Ayondo denn genau liegen. Hier geht es zum zweiten Teil, dem Interview mit den beiden Firmengründern:

Ayondo: Das neue kollaborative Börsenspiel 2.0 im Interview

Written by lochmaier

Februar 24, 2011 um 8:00 am

Veröffentlicht in Uncategorized

7 Antworten

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  1. […] in Uncategorized « eToro: Wie seriös ist das „Facebook des Tradings“? LikeSei der Erste, dem dieser post […]

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  3. […] Banking 2.0: Wodurch unterscheidem sich die Spekunauten gegenüber anderen Plattformen wie etoro […]

  4. Hallo Herr Lochmaier,
    es ist interessant zu lesen dass Sie bei eToro doch zahlreiche strukturelle Unwägbarkeiten im Geschäftsmodell aufgezeigen, dies aber in Ihren Berichten über Ayondo völlig vernachlässigen! Die gleichen Unwägbarkeiten lassen sich meiner Meinung nach ebenfalls bei Ayondo finden: Um Ayondo nutzen zu können müssen die Handelskonten bei einem der beiden Partner-Broker eröffnet werden. Schaut man sich den Ayondo-Partner AvaFX mal genauer, so findet man dort die gleiche Firmenstruktur wie bei eToro: Ltd. mit Sitz in Irland für eine EU-Regulierung und Hauptfirmensitz im selben Städchen wie eToro auf den BVI. Die Abwicklung der Handelskonten ist hier identisch zu der von Ihnen beschriebenen bei eToro.
    Die von Ihnen geforderte Transparenz kann ich hier beim besten Willen nicht erkennen.

    Lea-Maria

    Oktober 7, 2011 at 9:54 am

  5. Hallo Herr Lochmaier,

    gerne möchten wir die Möglichkeit nutzen, uns der Diskussion anzuschließen und insbesondere die regulatorische Situation unserer Partnerbroker zu kommentieren:

    ayondo bietet aktuell die Möglichkeit ein Konto bei zwei Partnerbrokern, AvaFX und ActivTrades, zu eröffnen. In Kürze kommt Alpari als dritter Partnerbroker hinzu. Die regulatorischen Fakten sehen wie folgt aus:

    ActivTrades ist ein von der britischen FSA regulierter Broker mit Sitz in London. London ist weltweit einer der führenden und seriösesten Finanzplätze.

    Alpari ist mit 170.000 aktiven Live-Konten einer der größten Broker und wird weltweit von acht Aufsichtsbehörden reguliert.

    Die Europäische Tochter von AvaFX, bei der ayondo-Kunden Konten eröffnen, sitzt in Dublin, Irland und wird wie jeder andere Europäische Broker nach MiFID reguliert (es gelten also überall in der EU, auch in Deutschland, dieselben Verhaltenspflichten).

    Darüber hinaus ist ayondo ein deutsches Unternehmen (Sitz in Frankfurt am Main) und wird von der BaFin beaufsichtigt.

    Wir hoffen damit weitergeholfen zu haben.

    Beste Grüße
    Das ayondo-Team

    ayondo-Team

    März 26, 2012 at 3:59 pm

  6. […] Soweit einige kritische Einlassungen. Auf Nachfrage von Social Banking 2.0 gab es in der Community zudem immer wieder die Anfrage, worin sich denn Ayondos Social Trading Modell grundsätzlich von der amerikanischen Variante eToro unterscheidet, die ich hier bereits mit allen Risiken und Nebenwirkungen vorgestellt habe: Wie seriös ist das “Facebook des Tradings?”  […]

  7. Über die Seriosität von eToro liest man die heftigsten Dinge. Am Ende hilft aber nur, eigene Erfahrungen zu machen. So habe ich damit angefangen und meine Erfahrungen in diesem Blogeintrag hinterlassen: http://philippgensel.de/etoro-ein-serioeser-bulle

    Philipp Gensel

    März 31, 2013 at 3:37 pm


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