Social Lending: Erfolgreiche Geschäftsmodelle aus der zweiten Reihe?
Menschen leihen sich gegenseitig Geld über darauf spezialisierte Internetplattformen (als Peer-to-Peer-Lending oder Social Lending bezeichnet). Der Betreiber fungiert quasi als „virtuelle Bankgarantie“ – Was passiert, wenn Nutzer ihre „soziale“ Kreditwürdigkeit gegenseitig bewerten?
Auf P2P-Kredite findet sich eine Beschreibung der neuen britischen Plattform Quakle. Und so lässt sich die neue Variante im Social Lending-Geschäftsmodell charakterisieren:
“The trustworthiness of the borrowers is assessed by the lenders only. Quakle believes that social bonds strengthen confidence and make borrowers more likely to repay. In addition we are convinced that getting dozens of people to trust you is, at least, as much difficult as building yourself a high credit score. It is then the responsibility of a lender to choose whether to lend money to borrowers who are active members of user groups and have a good social rating.”
Was folgt daraus, wo doch andere P2P-Lender eher dem entgegen gesetzten Trend folgen, und die Bonität möglichst genau anhand von automatischen Prozessroutinen eruieren. Nun ja, die Welt ist weder schwarz noch weiß, sondern liegt genau dazwischen. Natürlich wird es auch weiterhin ein klassisches Bonitätsrating geben, quasi der digitale Schufa-Score-Fingerprint, erweitert um eine „soziale Note“.
Das klingt ein bisschen nach Datenkrake und moderner lässig verpackter Nachbarsspionage im nicht immer so „sozialen“ Netz. Und auch deshalb liegt ein konzeptionelles Wagnis darin, ähnlich wie bei den Rankings der Finanzberater, die selten ganz unabhängig und unbeeinflusst erfolgen, ebenso wie Äpfel und Birnen häufig durcheinander geworfen sind.
Da darf man also gespannt sein, wie Quakle die konzeptionelle Herausforderung bewältigen wird.
Weitere „Copycats“ in Großbritannien wie YES-secure versuchen indes am Markt zu landen.
Fakt ist deshalb: Das Social Lending wird weiter global wachsen und sich ausbreiten. Es sind keine finanziellen Peanuts mehr, wie sich am Beispiel von Zopa in Großbritannien eindrucksvoll ersehen lässt. Denn immerhin 1,5 Prozent Marktanteil in der Kreditvergabe (über 100 Millionen Pfund) hat sich die Plattform am gesamten Kuchen bereits gesichert.
Wer also glaubt, wie die jüngste Studie von Steria Mummert Consulting und F.A.Z. dies suggeriert, dass der Trend bei einem marginalisierten Nischenmarkt Halt macht, sollte seinen Cappucino besser woanders genießen, weil man finanziell schon ausgesorgt hat, und gar nicht mehr bereit sein muss, neuen Trends nachzuspüren:
Neue Geschäftsmodelle brechen sich irgendwann ihren Lauf. Aber: Die Herausforderung von weiteren Spielern in der zweiten Reihe à la Quakle oder yes-secure besteht darin, dass es pro Land in der Regel nur ein führendes Unternehmen geben kann, zu dem die große Masse der Social lender sich dann hinwendet.
Gibt es also eine Nische in der Nische? In der „traditionellen“ neuen Ecke wohl kaum. Für den Zweitplatzierten bleiben dann in der Regel nur noch die Ehrenplätze bzw. die von der Hochzeitsgesellschaft übrig gelassenen Geldkrümel zum Auflesen.
In Deutschland auffällig ist die dominante Marktpräsenz von Smava gegenüber dem Nachfolger Auxmoney, dem es nicht gelingt, aus dessen Schatten zu treten. Aber auch der soziale Branchenprimus hat seine anvisierten Zielmarken, um das Geschäftsmodell in die gewünschte Größenordnung hoch zu schrauben, noch nicht erreicht (Die Zahlen: Variante eins in drei Jahren rund 40 Millionen Euro an vermittelten Krediten, Auxmonex rund 10 Millionen Euro).
Aus meiner Sicht müssten sich Neueinsteiger auf spezielle Marktsegmente bzw. Verwendungszwecke spezialisieren, um evtl. damit am Markt zu bestehen. Wie dem auch sei, der Knoten wird allmählich platzen.
Ein Artikel im Dailytelegraph beleuchtet die Herausforderungen für die neuen Social Lending Klons. Oder hat Ex-Fußballtitan Oliver Kahn am Ende gar unrecht, wenn er für die Fondsgesellschaft DWS wirbt, und sagt, das zweitbeste sei ihm nie gut genug?
Hallo,
das ist wieder einmal ein interessanter Beitrag. Aber gibt es schon Erfahrungen mit Kreditausfälle? Verliert der Kreditgeber im Zweifel sein eingesetztes Geld oder gibt es für ihn noch eine anderweitige Sicherheit? Wäre interessant auch einmal die Schattenseite der Kreditvergabe zu beleuchten.
Viele Grüße
M. Bischoff-Wittrock
Markus Bischoff-Wittrock
November 8, 2010 at 11:56 am
Hallo Herr Bischoff-Wittrock,
es gibt ja bereits seit ein paar Jahren konkrete Erfahrungen mit der Ausfallrate. Die fallen allerdings je Betreiber recht unterschiedlich aus. Prosper in den USA liegt zu hoch, Lending Club dürfte gerade noch tolerierbar sein, Zopa (siehe auch mein Buch, es gibt meist unabhängige Quellen) und Smava dürften es bislang im Griff haben, analog wie die üblichen Ausfallraten bei Banken. Ansonsten bietet hier das Weblog von Claus Lehmann (P2P-Kredite) auch gute Updates zu den Geschäftszahlen von Smava und Auxmoney.
Fakt ist natürlich auch, dass bei den Social lendern viele Kreditgesuche abgewiesen werden, weil sie keine ausreichende Bonität aufweisen. Von Sozialromantik ist also gerade bei einem über längere Zeit funktionierenden Geschäftsmodell keine Rede, analog zur klassischen Kreditvergabe. Machen die Betreiber aber alles solide und richtig, so dürften die Wachstumsraten weiter anhalten, interessant sind eben noch die von mir oben beschriebenen Spezialisierungspotenziale für die Zweiteinsteiger.
Freundliche Grüsse
Lothar Lochmaier
lochmaier
November 8, 2010 at 12:20 pm
[…] als Innovationstreiber Social Banking und -Lending nutzt die Regeln und Funktionalitäten des modernen Internets, bzw. der sozialen Medien und transformierte diese in die Strukturen eines zukunftsorientierten […]
Social Banking ist voll retro! «
Februar 5, 2013 at 7:28 am