Kreativwettbewerbe: Die unsichtbare Farbe und der Klang von Geld 2.0
Dass das Thema Geld spätestens seit der Finanzkrise von der (nur manchmal schönsten) Nebensache allmählich in die Mitte der Gesellschaft rückt, ist ein offenes Geheimnis. Immer mehr Menschen hinterfragen allmählich den bis dato weitgehend unsichtbaren Blutkreislauf, der unser Banken- und Wirtschaftssystem im Innersten antreibt.
Und so verwundert es kaum, dass es immer mehr Kreativwettbewerbe um das „Finanzsystem und Geld 2.0“ gibt. Erstes Beispiel: Das Hamburger Bitfilm-Festival, es steht dieses Jahr ganz im Zeichen des Geldes:
Das Online-Festival für digitalen Film verwandelt sich nämlich bis zum Herbst in ein weltweites Experiment für Crowd Production. Aus zahlreichen Festivaleinreichungen zu einem vorgegebenen Thema wird ein Patchwork-Film in voller Kinolänge enstehen, der mehr ist als die Summe seiner Teile. Die Auswahl der Beiträge erfolgt durch ein demokratisches Abstimmungsverfahren. Alle ausgewählten Beiträge werden prämiert.
Thema
Das Thema 2010 ist: Money & Me – was bedeutet Geld für mich? Der Kreativität der Filmemacher sind keine Grenzen gesetzt: sie können spannende Menschen interviewen, kurze Geschichten mit Schauspielern inszenieren oder per Animation erklären, wie der Finanzmarkt funktioniert.
Mehr Infos dazu gibt es auch auf der Homepage: www.bitfilm.com
Wer sich nun als Künstler beteiligen möchte, hat mehrere Möglichkeiten – ob Realfilm, Computeranimation, klassische Animation oder eine Mischung aus allem. Mögliche Kategorien sind Dokumentar-, Spiel- und Animationsfilm. Die empfohlene maximale Länge beträgt drei Minuten.
Und so sieht das Prozedere aus: Das Publikum bestimmt per Online-Voting die sieben Filme jeder Kategorie, aus denen der Langfilm Money & Me zusammengeschnitten wird. Das Bitfilm-Team ergänzt sie durch Filme eigener Wahl und verbindende Design-Elemente zu einem Film in abendfüllender Länge (ca. 100 Minuten).
Auswertung
Die ausgewählten Kurzfilme werden beim Bitfilm-Festival im November 2010 in Hamburg gezeigt. Der fertige Langfilm kommt Anfang 2011 in die Kinos, dann wird er auf DVD, als Video-on-Demand und im Fernsehen ausgewertet. Jeder ausgewählte Kurzfilm erhält eine Gewinnbeteiligung mit Minimumgarantie. Die beliebtesten Filme jeder Kategorie erhalten immerhin ein zusätzliches Preisgeld von 2500 Euro.
Interessant ist auch das Finanzierungsmodell: Neben herkömmlichen Quellen wie Filmförderung und Vorabverkäufen wird sich Money & Me vor allem durch „Crowd Funding“ finanzieren. Schon ab 300 Euro kann man einen Anteil am Film erwerben. Dafür erhält man eine Gewinnbeteiligung und ein deutlich höheres Stimmgewicht bei der Abstimmung.
Fazit zu dieser Aktion, an der auch namhafte Medienpartner wie die Financial Times Deutschland beteiligt sind: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es sinnvoll ist, Stimmanteile über den Kauf von Gewinnbeteiligungen aufzuwerten, oder ob das nicht eher dem Crowdsourcing-Prinzip entgegen läuft. Denn dadurch kann eine neue Hierarchie entstehen, bei der letztlich im Hintergrund agierende Investoren dafür sorgen, was am Ende prämiert wird.
Es wäre sicherlich interessant, wie die Leser von Social Banking 2.0 den Kreativwettbewerb „Money and Me“ einschätzen. Ich freue mich über Kommentare. Grundsätzlich ist es ja positiv, das Thema Geld aus allen künstlerischen Blickwinkeln zu beleuchten, um neue und sinnvolle Verwendungsmöglichkeiten jenseits der reinen Spekulation aufzuzeigen.
Ein speziell auf die Schule gemünzter Kreativwettbewerb ist das „Sparschwein 2.0“ – für Grundschüler aus Mainz und Umgebung – wer mitmachen will, das Ganze läuft noch bis zum 14. Mai:
http://www.stiftunglesen.de/mvb-bildungsoffensive/kreativwettbewerb/default.aspx
Es stimmt schon, alle Gegenstände lassen sich neu beleben. Bislang sah ein Sparschwein irgendwie immer gleich aus. Jetzt aber, so die Initiatoren der obigen Aktion, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Die Schülerinnen und Schüler bemalen und bekleben eigene Sparschweine oder sie basteln selbst eines aus den vielfältigsten Materialien, Recyclingstoffen, Pappmaché o. ä. Auch bei der Größe des Objekts „Sparschwein 2.0“ haben die Kinder freie Hand – je nachdem, wie viel sie selbst oder für die Klassenkasse sparen wollen.
Spannend finde ich vor allem Wettbewerbe, die jenseits von reinem Marketing und kleinen Geld- oder Sachpreisen von oder für eine Bank oder Sparkasse auch künstlerisch etwas in anspruchsvoller Manier zu bieten haben. Und damit sind wir schon bei der nächsten kreativen Idee, wie sich Geld durchaus auch „sexy“ gestalten und emotional aufladen lässt.
Boris Janek hat in seinem Weblog Finance 2.0 damit begonnen, den guten oder schlechten „Poltergeist“ in jeder einzelnen Bank mit einer Art individuellen Erkennungsmelodie zu versehen. Auch das ist eine interessante Idee, die die Phantasie beflügelt.
So also klingen Banken:
http://electrouncle.wordpress.com/2010/03/20/so-klingen-banken-teil-ii/
http://electrouncle.wordpress.com/2010/03/19/wie-klingen-eigentlich-banken-teil-i/
Haben Sie sich schon gefragt, welche unsichtbare Farbe und welchen Klang „Ihre Hausbank“ hat?
Hier kommen einige Vorschläge von mir, wie ich mir jenseits eines einzelnen namentlich genannten Finanzinstitutes die Zukunft unseres Finanzsystems vorstelle. Irgendwo zwischen traditioneller Genossenschaftsbank, moderner Direktbank, und kreativem Unternehmertum angesiedelt. Wie lässt sich das versinnbildlichen?
Um die „Genossenschaftsbank 2.0“ zu veranschaulichen, werbe ich in diesem Falle mal ein bisschen für meine professionell musizierende Verwandtschaft von der Berliner Band www.jeansteam.de
Zwei Videoclips empfehle ich den Lesern von Social Banking 2.0 mit den deutschen Originaltexten zum Anhören:
1. „Das Zelt“ – es spiegelt unsere Sehnsüchte, in die Welt hinaus zu ziehen wieder, aber auch die damit verbundene Verletztlichkeit:
2. „Oh Bauer“ – Wer es gerne noch etwas provokativer und industriell verfremdet mag, für den zeigt dieses Song vom Jeansteam, wie wir uns längst von der Umwelt und wirklichen Arbeit entfremdet haben, also wo auch eine Genossenschaftsbank oder Direktbank 2.0 ansetzen müsste, um wieder in der Mitte von Wirtschaft und Gesellschaft verortet zu sein:
Also: Oh Bauer, nimm mich mit in die „Realwirtschaft“ und zu den arbeitenden Menschen – Stehen wir auf und bestellen wir die Felder unseres Lebens. Es kann nicht nur Häuptlinge und Berater geben, die sagen, wo es lang geht, und dann steht jeder Indianer allein im Regen.
Wer weitere spannende Kreativwettbewerbe um das neue Finanzökosystem und das Geld 2.0 weiß, so sind konkrete Hinweise gerne willkommen.
Kommentar verfassen