Welcome to the Machine: DB Research nimmt P2P-Lending ins Kreuzfeuer
Mittlerweile kennt fast jeder durch die vielen Presseberichte Zopa, Prosper und die deutsche Variante Smava. Es ist nicht gerade einfach, aus der etwas verklausulierten Studie des Forschungsarms der Deutschen Bank, DB Research, die zentrale Kernbotschaft aus einer gestern veröffentlichten Kurzstudie zum P2P-Lending herauszufilitern.
Hier geht es zur vierseitigen Studie:
http://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_EN-PROD/PROD0000000000249961.pdf
Allein der Obertitel der „Expertise“ deutet schon eine tendenziöse Richtung an:
Deutsche Bank Research – Innovations in P2Plending may put computers over people
„Welcome to the Machine“
Bereits im Jahr 2007 hatte sich DB Research in einer ähnlichen Studie erstmals mit der neuen Klasse von sozial organisierten Mitbewerbern auseinander gesetzt. Damaliger Tenor: So richtig ernst nehmen muss man die Mensch-zu-Mensch-Kreditvergabe sicherlich nicht. Im englischen Fachjargon lautete der Titel damals allerdings etwas moderater: Online P2P-lending nibbles at banks loan business.
Offenbar hat sich durch die Finanzkrise und den drohenden Glaubwürdigkeitsverlust von Banken der Ton erheblich verschärft: Motto: Dem Social Banking Paroli bieten, natürlich bevor es Schule macht und der Anleger allzu flügge wird. Das zeigt der obige Titel mit dem Angstbild der Maschinen ganz deutlich – hat man sich da etwa bei George Orwells Roman 1984 bedient, oder war es nur der konzeptionelle Blindflug durch die ganze Galaxis?
Falsch ist das Gleichnis des „Maschinensturms“ durch kybernetische Wesen a la Terminator Arnold Schwarzenegger allemal, als sich beim P2P-Lending ja definitiv alles um die Kreditvergabe in selbst organsierten und von einem Betreiber lediglich moderierten menschlichen Netzwerken dreht – und nicht um automatisierte Prozesse auf technischer Basis. Also gerade das Gegenteil von „Welcome to the Machine“ > Willkommen beim selbst verwalteten Community Lending und Banking.
Zweifellos muss man auch jedes neue Geschäftsmodell unter den P2P-Kreditbörsen genau unter die Lupe nehmen. Aber bitte seriös. Die Botschaft hinter dieser „Studie“ mit der seltsamen Überschrift – Welcome to the Machine – ist somit eigentlich recht klar: Vorsicht, liebe Kreditgeber und liebe Kreditnehmer, lasst die Finger von den riskanten Dingern, ihr bekommt euer Geld nicht zurück. Das ist alles viel zu riskant.
Kommt zu uns. Und dann stehen Geldinstitute wie die Deutsche Bank im großen Spalier bereit, die Kunden mit offenen Armen in ihren Filialen zu empfangen. Die Prognose für die Zukunft ist recht simpel gestrickt: Man wird sehen, wer am Markt besser agiert und die „wahren“ Bedürfnisse des Kunden im 21. Jahrhundert kostengünstig aber auch mit kreativen Wachstumsimpulsen „zielgruppengerecht“ mit Hilfe von Social Media bedienen kann.
Wenn ich mir die sachlichen Aussagen auf Seite 1 des Papers anschaue, dann sind dort folgende Punkte
a) Das US Kreditvolumen im P2P Lending ist nur ein Bruchteil der Konsumentenkredite => völlig richtig und wenig überraschend bei einer Kreditform, die in den USA 2006 eingeführt wurde
b) Es gibt (in D) eine hohe Anlegernachfrage. Hohe Nachfrage ist aus meiner Sicht ein Argument für etwas und nicht gegen etwas
c) Anleger tendieren dazu die Risiken zu unterschätzen
Dem stimme ich in Bezug auf Smava ebenfalls voll zu. Ist aber nicht prinzipiell ein Argument gegen p2p Kredite
d) die Gruppen bringen nichts. Auch richtig, aber schon seit 2007 ein alter Hut
e) Shift vom individuellen manuellen Bidding zu Portfolio Ansätzen => das zeigt gerade das die produktgestaltung bei P2P Krediten noch relativ am Anfang steht, die Anbieter aber aktiv daran arbeiten um besser auf die (unterschiedlichen) Wünsche der Anleger einzugehen.
f) Zusammenhang zwischen Beschreibungslänge und Ausfallrisiko
das ist aus meiner Sicht die wesentliche neue Erkenntnis die das Paper bringt
http://www.p2p-kredite.com/deuten-langere-beschreibungen-auf-ein-erhohtes-kreditausfallrisiko-hin_2009.html
Mein Fazit wäre das das Paper wichtige Aspekte stichwortartig gut zusammenfasst und so die Zielgruppe Banker kurz über einige Trends kurz und knackig informiert.
Vom „ins Kreuzfeuer nehmen“ kann ich hier nichts erkennen.
Interessanterweise ist die Deutsche Bank m.E. bisher die einzige deutsche Bank die sich öffentlich mit dem Thema auseinandersetzt und das auch schon länger.
Die anderen Banken ignorieren (zumindest nach außen) das Thema einfach in der Hoffnung es wird schon irgendwann von selbst wieder verschwinden. Das Argument der absoluten Größe und der Nichtrelevanz stimmt zwar Stand heute. Bei Wachstumsraten von z.T. 10-20% pro MONAT kann man aber interessante Berechnungen anstellen, wann es denn relevant wird (siehe vor allem ZOPA UK).
Viele Grüße
Claus Lehmann
http://www.p2p-kredite.com
Claus Lehmann
November 12, 2009 at 5:51 pm
Ist ja sehr interessant, dass die Deutsche Bank das peer2peer-Banking mit Aufmerksamkeit adelt.
delsner
November 12, 2009 at 9:27 pm
[…] https://lochmaier.wordpress.com/2009/11/12/welcome-to-the-machine-db-research-nimmt-p2p-lending-ins-k… […]
„Freundliches Banken-Manifest“: Übernahme der allzu gefräßigen großen Finanzindustrie durch die niedere menschliche Schwarmintelligenz « Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie
November 13, 2009 at 7:50 am
[…] https://lochmaier.wordpress.com/2009/11/12/welcome-to-the-machine-db-research-nimmt-p2p-lending-ins-k… […]
P2P-Kredite: Diskussion zur Studie von DB Research gewinnt Fahrt « Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie
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November 17, 2009 at 4:36 pm
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November 25, 2009 at 10:52 am